Nationalrat: Volksanwaltschaft wehrt sich erneut gegen Einflussnahme

FPÖ blitzt mit Entschließung für mehr Personal ab; große Wertschätzung seitens der Abgeordneten

Wien (PK) - Am Ende der zwei intensiven Plenartage mit zahlreichen Gesetzesbeschlüssen beschäftigte sich der Nationalrat mit dem aktuellen Volksanwaltschaftsbericht. Laut Bericht haben 83% der Menschenrechtskontrollen, die 2016 von der Volksanwaltschaft als Nationaler Präventionsmechanismus (NPM) österreichweit in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Psychiatrien, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder Polizeianhaltezentren durchgeführt wurden, Defizite aufgedeckt. Neben den damit publik gewordenen gravierenden Pflegemissständen moniert die Volksanwaltschaft darin auch medizinische Versorgungsdefizite in vielen der überprüften Einrichtungen. Bei der Verwaltung zeigte sich ein Beschwerdeplus.

Nachdem die Pflegemissstände im jüngsten Bericht der Ombudsstelle veröffentlicht wurden, war die Volksanwaltschaft vermehrtem Druck ausgesetzt, wie die Volksanwälte Günther Kräuter und Peter Fichtenbauer erneut im Parlament berichteten. Etwa sei von den Verbindungsstellen der Bundesländer der Vorwurf gekommen, dass nicht Strukturen oder Personalengpässe Probleme darstellen würden, sondern die Berichte der Volksanwaltschaft. Der Wunsch mancher Institutionen, den Berichten eine Art Eigendarstellung hinzuzufügen, sei "glatt gesetzeswidrig", sagte Kräuter, zudem hätten sie das Recht, Stellungnahmen abzugeben. "Wir streben nicht nach Freundschaften, sondern nach Korrektheit", bekräftigte Fichtenbauer. Dass der Volksanwaltschaftsbericht vom Nationalrat in den Abendstunden behandelt wird, wurde neben der Opposition auch von Kräuter und Fichtenbauer bemängelt. Es sei im Interesse der BürgerInnen, den Bericht nicht nach 23 Uhr zu diskutieren, so Kräuter.

Beide Volksanwälte erneuerten zudem ihr Anliegen bezüglich einer Personalaufstockung. Drei bereits versprochene Planstellen wurden demnach bis dato nicht zugeteilt. Eine entsprechende Entschließung seitens der freiheitlichen Vorsitzenden des Volksanwaltschaftsausschusses, Carmen Schimanek, erhielt im Nationalrat aber keine Mehrheit.

Fraktionsübergreifende Wertschätzung für die Volksanwaltschaft

In der Debatte gab es fraktionsübergreifende Wertschätzung für die Volksanwaltschaft. In den 40 Jahren ihres Bestehens habe sich die Ombudsstelle das Vertrauen und den Respekt der Bevölkerung erworben, sagte u.a. Johann Hell (S). Für seinen Fraktionskollegen Franz Kirchgatterer sind es u.a. die unangekündigten Kontrollen, die besonderes Vertrauen bei den BürgerInnen schaffen.

"Ich sehe die Volksanwaltschaft als Partner", erklärte ÖVP-Abgeordnete Angela Fichtinger, die Arbeit der Ombudsstelle sei nicht als Beschuldigung zu werten, sondern als eine Herausforderung für die Politik. Ihr Fraktionskollege Franz Leonhard Eßl sprach von einer kompetenten Anlaufstelle für Bürgeranliegen.

Lob für die Arbeit der Volksanwaltschaft kam ebenfalls von Nikolaus Scherak (N), gerade im Fall des Brunnenmarkt-Mordes sei durch das amtswegige Prüfverfahren der Ombudsstelle klar geworden, dass es sich um ein "Multiorganversagen" aller betroffenen Behörden gehandelt habe.

"Dank kann man nie genug bekommen", meinte Volksanwältin Gertrude Brinek, die an den 40. Geburtstag der Ombudsstelle am 1. Juli erinnerte. Seit Einrichtung der Volksanwaltschaft als "kleiner Familienbetrieb" habe die Ombudsstelle etwa 500.000 Beschwerden bearbeitet. "In dieser Zeit haben wir die Sorgen der BürgerInnen kennengelernt", so Brinek.

Pflegemissstände: Kritik an Strukturen und Rahmenbedingungen

Hinsichtlich der aufgezeigten Missstände im Pflegebereich betonte Johann Hell (S), dass die Probleme nicht beim Personal liegen, dieses würde tolle und aufopfernde Arbeit leisten, sondern an den Strukturen und Rahmenbedingungen in den Pflegeheimen. Nach der heutigen Abschaffung des Pflegeregress müsse die Volksanwaltschaft vermehrt Augenmerk auf Pflegeheime legen, appellierte Carmen Schimanek (F).

"Die Pflegekräfte arbeiten höchst engagiert und bis an die Grenzen der Belastbarkeit", sagte ebenfalls Gertrude Aubauer (V). Der Bericht der Volksanwaltschaft zeige außerdem, wie wichtig das jüngst verabschiedete Erwachsenenschutzgesetz bzw. die Reform der Sachwalterschaft gewesen sei.

"Markante Missstände" in Österreichs Justizanstalten wurden von Norbert Sieber (V) angesprochen. Es brauche eine Mischung aus mehr und fachlich gut ausgebildetem Personal. Diesen Mangel habe das Justizministerium erkannt, zusätzliches Justizpersonal werde bereits rekrutiert. Dem entgegnete Christian Lausch (F), der Bericht der Volksanwaltschaft zeige, dass die Defizite hauptsächlich auf einen Personalmangel zurückzuführen seien, an mangelnder Aus- und Weiterbildung liegt es ihm zufolge nicht.

Grün-Abgeordneter Wolfgang Zinggl bedauerte, dass die Volksanwaltschaft im Nationalrat nur einmal im Jahr und das spätabends diskutiert wird. Er schlägt vor, in jeder Plenarsitzung ein Kapitel der Ombudstelle abzuhandeln. Lobend erwähnte er zudem die Öffentlichkeitsarbeit der Volksanwaltschaft, insbesondere im Bereich des Denkmalschutzes und bei städtebaulichen Flächenwidmungen sei dadurch vieles an die Oberfläche gedrungen.

Grün-Mandatarin Barbara Neuroth thematisierte Ergebnisse aus der Behördenkontrolle, wonach in Österreich lebende Eltern oder AlleinerzieherInnen bei Auslandsbezug viele Monate oder sogar mehrere Jahre keine Familienleistungen erhalten. Sie plädierte insbesondere am Beispiel einer jungen Mutter, die Empfehlungen der Volksanwaltschaft ernst zu nehmen.

In der Kontrolle der Verwaltung sind im vorigen Jahr insbesondere asylrechtliche Beschwerden angestiegen. Darunter sind auch Fälle unbegleiteter Minderjähriger und Jugendlicher, was insbesondere Katharina Kucharowits (S) beunruhigt. Es gelte hier aber besondere Umsicht und besonderer Schutz. Die lange Wartezeit berge Perspektivenlosigkeit, Angst und führe oft auch zum Verschwinden von Kindern. "Es braucht dringend schnellere Asylverfahren vor allem für Kinder und Jugendliche", plädierte sie.

Keine Mehrheit für Fristsetzungsantrag von NEOS und Grünen

Zum Schluss der Sitzung lehnte der Nationalrat noch einen Fristsetzungsantrag von NEOS und Grünen ab. Die Oppositionsfraktionen hatten beantragt, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2249/A eine Frist bis zum 19. September 2017 zu setzen. Dieser sieht vor, die Einbringung von Bürgerinitiativen zu erleichtern und den Petitionsausschuss des Nationalrats aufzuwerten.

Eine weitere (191.) Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehene Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) keg

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