Nationalrat zieht Bilanz aus dem Eurofighter-U-Ausschuss

Gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen ÖVP, FPÖ und SPÖ; Neuauflage nach der Wahl offen

Wien (PK) - Nach der gestrigen letzten Sitzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses lag dem Nationalrat heute sein Abschlussbericht vor. Das zusammen mit den sechs Fraktionsberichten mehr als 500 Seiten starke Kompendium wurde im Plenum mehrheitlich ohne die Stimmen der Grünen zur Kenntnis genommen. Untersucht wurden wegen des vorzeitigen U-Ausschuss-Endes bedingt durch die Neuwahlen zwei der vier geplanten Abschnitte - der 2007 vom damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos abgeschlossene Vergleich mit der Eurofighter GmbH sowie mögliche unzulässige Zahlungsflüsse rund um die Beschaffung der Kampfflugzeuge. Auch am Ende des nunmehr zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschusses ist die politische Verantwortung für das Parlament aber nicht eindeutig geklärt. ÖVP und FPÖ sowie NEOS sehen die Misere im sogenannten Darabos-Vergleich, neben Peter Pilz orten SPÖ sowie die Grünen den Anfang allen Übels allerdings beim Eurofighter-Vertragsabschluss unter der damaligen schwarz-blauen Regierung.

Offen bleibt, ob es nach der Nationalratswahl am 15. Oktober zu einer Neueinsetzung des Untersuchungsausschusses kommt. Einig waren sich die Parlamentsfraktionen darin, dass sich die neue Verfahrensordnung für die überparteiliche parlamentarische Zusammenarbeit bewährt.

In seinem Abschlussbericht kritisiert Verfahrensrichter Ronald Rohrer rund um die Gegengeschäfte "undurchschaubare Geldflüsse" seitens des Eurofighter-Herstellers EADS. Demnach sei eine unrechtmäßige Verwendung von Geldern in Strafverfahren zu klären. Zudem wird moniert, dass trotz des hohen 200%igen Gegengeschäftsvolumens keine effektive Kontrollmöglichkeit vorgesehen wurde.

Aufgrund der bisherigen Ergebnisse des Untersuchungsausschusses wird im Abschlussbericht empfohlen, bei Gegengeschäften in Zukunft von Seiten der Vertragsparteien eine Kontrolleinrichtung zu installieren, der Auskunft über sämtliche Vorgänge in Zusammenhang mit der Abwicklung der Gegengeschäfte und Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen ungeachtet allfälliger Geheimhaltungspflichten gewährt werden sollte. Zudem sei die Möglichkeit, eigene Pflichten aus dem Gegengeschäftsvertrag zu übertragen, zu begrenzen. Außerdem rät der Abschlussbericht, dass bei der Festlegung des Gegengeschäftsvolumens auf die Marktlage in Österreich und das international übliche Maß von 100 % des Wertes der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden Geschäfte Bedacht genommen wird. Bei großvolumigen Kaufverträgen sollte die Regierung außerdem Zuständigkeiten, etwa wenn es um Verhandlungen und den Abschluss geht, im Vorfeld klar definieren.

Grüne: Eurofighter-Beschaffung größte Schiebung in der Republiksgeschichte

In der Debatte kam Grün-Abgeordneter Werner Kogler zum Schluss, dass es sich bei der Eurofighter-Anschaffung "mit Sicherheit um die größte Schiebung in der Republiksgeschichte" handelt. Schief gelaufen sei bereits die Beschaffung, schon von Beginn an seien die grundfalschen Typenverträge abgeschlossen worden. "Die Luftferraris hätten wir nie gebraucht", sagte Kogler, der den Fehler bei der damaligen schwarz-blauen Regierung unter Wolfgang Schüssel sieht. "Das ist eine klassische schwarz-blaue Erfolgsstory", bilanzierte er. Bei den Gegengeschäften hat es sich ihm zufolge um "Schein- und Schmähgeschäfte" samt "Schmiergeldkarussell" gehandelt. Dementsprechend kritisch stehen die Grünen Gegengeschäften gegenüber. Sie fordern deren Verbot, dabei handle es sich nämlich um "das Einfallstor für Korruption schlechthin", argumentierte Sigrid Maurer (G).

Die Empfehlungen der Grünen fallen folglich weitreichender als im Abschlussbericht des Verfahrensrichters aus. Sie sehen vor allem Handlungsbedarf in der Korruptionsbekämpfung. In Sachen Transparenz gebe es in Österreich Gesetze, die viel zu löchrig seien, außerdem müsse das Amtsgeheimnis gekippt werden, so Maurer. Als weiteren Punkt fordert die Oppositionsfraktion, Rechnungshofausschüsse öffentlich zu machen.

SPÖ: Ziel der schwarz-blauen Regierung waren NATO-taugliche Kampfjets

Auch für die SPÖ liegt das Übel im ursprüngliche Kaufvertrag. Ein Punkt, der vom Untersuchungsausschuss aufgrund der zeitlichen Frist nicht mehr untersucht werden konnte, wie Abgeordneter Otto Pendl bedauerte. Das Ziel der schwarz-blauen Regierung waren NATO-taugliche Kampfjets, wie Pendl und Hannes Weninger meinten. "Das teuerste, was zu dieser Zeit am Markt war", kritisierte Weninger. Die Gegengeschäfte hätten dann zu Korruption in unterschiedlichsten Varianten geführt, was zur Folge gehabt hätte, "dass sich dieser Sumpf über die Republik ausgebreitet". Als Konsequenz spricht sich die SPÖ gegen Gegengeschäfte und Lobbying bei Beschaffungsvorgängen aus.

Auch für Jürgen Schabhüttl (S) war es falsch, die Eurofighter anzuschaffen. Das sei der Startschuss für Lobbyismus, Korruption und Scheingeschäfte gewesen. In dieselbe Kerbe schlug auch Maximilian Unterrainer (S). "Den Pfusch hat Schwarz-Blau verursacht, sagte er. Die Anschaffung sei von Anfang an durch fragwürdige Machenschaften rund um die Gegengeschäfte geprägt gewesen. Er hofft, dass der Eurofighter-Untersuchungsausschuss nach der Nationalratswahl wieder eingesetzt wird. Sehr viele offene Themen, etwa unzulässige Zahlungsflüsse und Vertragsabschlüsse, ortete ebenfalls sein Fraktionskollege Rudolf Plessl (S). Die politische Verantwortung sieht auch Angela Lueger beim Grundvertrag. Die "dubiosen Geschäfte" wurden aus ihrer Sicht von Schwarz-Blau eingebrockt. Das Zustandekommen der Verträge zu diskutieren, sei im Untersuchungsausschuss allerdings weder im Interesse der ÖVP noch der FPÖ gelegen.

Das neue Regelwerk birgt für Pendl eine neue Qualität für Untersuchungsausschüsse. Die Fraktionen seien gemeinsam an die Arbeit gegangen, außerdem habe der Ausschuss ohne Schwärzungen stattgefunden. "Ein Witz" ist für ihn allerdings, dass aufgrund der Zeitknappheit einige Auskunftspersonen - vor allem Airbus-Beteiligte - nicht vor dem Ausschuss erschienen sind. Geht es um eine Neuauflage, sei er kein Prophet, sagte Pendl.

ÖVP: Darabos-Vergleich hat zu militärischem und budgetpolitischem Schaden geführt

Nach Meinung der ÖVP haben Geheimverhandlungen rund um den Darabos-Vergleich zu einem budgetpolitischen und militärischen Schaden für Österreich geführt. Darabos habe sein eigenes Ressort und das Finanzministerium ausgeschaltet und sich Eurofighter gebeugt, kritisierte Gabriele Tamandl. Es sei unfassbar, mit welcher wirtschaftlichen Naivität die Eurofighter-Verhandlungen geführt wurden, legte Michaela Steinacker nach. Für sie und Manfred Hofinger steht fest, dass Darabos unvorbereitet und politisch fahrlässig gehandelt hat.

Das Prinzip der Gegengeschäfte wurde von der ÖVP verteidigt. Es handle sich dabei um grundsätzlich nichts Schlechtes, zumal der österreichische Wirtschaftsstandort davon profitiere, sagte Tamandl. Außerdem seien Gegengeschäfte bei militärischen Anschaffungen nichts Außergewöhnliches. Für klare Regelungen, die den Vertragspartner nicht überfordern, sprach sich Rouven Ertlschweiger (V) aus. Zudem sollte es einem Minister künftig nicht mehr möglich sein, ohne Einbeziehung der Finanzprokuratur eigene Verträge abzuschließen.

Nach Ansicht Tamandls wurde die "Smoking gun" im Untersuchungsausschuss nicht gefunden. Wenn keine neuen Tatsachen auftauchen, sollte sich das Parlament demnach gut überlegen, einen neuen Eurofighter-U-Ausschuss einzusetzen.

FPÖ: Darabos-Vergleich hat Österreich Millionenschaden eingebrockt

Geht es nach den Freiheitlichen, hat der Vergleich von Darabos Österreich einen Millionenschaden eingebrockt. "Darabos hat wirklich nicht gewusst, was er tut", sagte Walter Rosenkranz, es sei sagenhaft, wie sich der Ex-Minister über den Tisch ziehen habe lassen. Ohne das Finanzressort einzuschalten, habe Darabos in diesem Vergleich "sündteuren Schrott" gekauft. Darauf sei eine "wirtschaftliche und militärische Misere" die Folge gewesen, so auch die Ausführungen von Reinhard Eugen Bösch (F). Für die Freiheitlichen drängte Hermann Brückl folglich auf eine verpflichtende Einbeziehung der Finanzprokuratur bei künftigen Beschaffungsvorgängen.

"Es stinkt danach, dass es Korruption gegeben hat", war zwar die Conclusio von Rosenkranz, Gegengeschäfte hält seine Partei für den Wirtschaftsstandort Österreich dennoch für notwendig. Geht es nach ihm, soll der Eurofighter-Untersuchungsausschuss nach dem 15. Oktober eine Neuauflage bekommen.

NEOS: Darabos-Vergleich volles Versagen auf politischer Ebene

NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard (N) sieht beim Eurofighter-Vergleich durch den damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos ähnlich wie die Freiheitlichen ein "volles Versagen" auf politischer Ebene. Es gebe weder Dokumente über die Vergleichsverhandlungen, noch sei klar, wie Darabos agiert habe. Evident sei allerdings, dass er gegen das Bundeshaushaltsgesetz verstoßen habe.

Hinsichtlich illegaler Zahlungsflüsse im Rahmen der Gegengeschäfte rechnet der Abgeordnete mit einer Anklage wegen Untreue. Hier habe es keine Leistungsnachweise gegeben, jedoch aber ein riesiges Netzwerk an Briefkastenfirmen. Moniert hat Bernhard in der Debatte außerdem, dass der Untersuchungsausschuss in Sachen Gegengeschäfte aufgrund der Zeitknappheit nur "an der Oberfläche" kratzen konnte. "Wir wissen, dass wir in einem Sumpf gesteckt haben zwischen 2002 und 2007", so Bernhard.

Als Konsequenz fordern die NEOS eine Stärkung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Weisungsfreiheit der Bundesstaatsanwaltschaft, strengere Strafen für Bestechung und Bestechlichkeit sowie eine Cooling-Off-Phase für Regierungsmitglieder auf Bundesebene. Außerdem sollte nach Ansicht der Oppositionspartei der jüngste Beschluss von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil über die Zukunft der Eurofighter und die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge neu gefasst werden. Entsprechende Anträge wurden im Plenum allerdings abgelehnt.

Pilz: Die Eurofighter-Parteien sind ÖVP und FPÖ

Für Abgeordneten Peter Pilz (o.F.) ist der Darabos-Vergleich hingegen nicht die "Hauptgeschichte" in der Eurofighter-Misere. Dieser zeige zwar, dass die SPÖ in solchen Situationen zum Umfallen neige, die zentralen "Eurofighter-Parteien" seien jedoch ÖVP und FPÖ. "Denen haben wir von der BUWOG bis zur Hypo alles zu verdanken. Wo es in Österreich Sumpf gibt, sind ÖVP und FPÖ daran beteiligt", so Pilz. Als wichtig beurteilt er die gemeinsame Aufklärungsarbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses auch, um Österreichs Position gegenüber Eurofighter zu stärken.

Von einem "fürchterlichen Vertrag" unter der damaligen schwarz-blauen Regierung, der die Grundlagen "für diesen Skandal" gelegt habe, sprach ebenfalls Leopold Steinbichler (o.F.). Das verlorene Geld sei nun zurückzuholen, der Untersuchungsausschuss muss nach Ansicht Steinbichlers fortgesetzt werden.

Auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (o.F.) sprach sich dezidiert für eine Fortsetzung des Untersuchungsausschusses aus. Eine zentrale Frage, nämlich der Eurofighter-Grundvertrag unter Schwarz-Blau, könnte so untersucht werden. Bei Gegengeschäften brauche es jedenfalls ein Lobbyistenverbot und effektive Kontrollmechanismen.

Eingesetzt wurde der Untersuchungsausschuss im März dieses Jahres auf Verlangen von FPÖ und Grünen. Er ist nach dem Hypo-Untersuchungsausschuss der zweite, der nach der neuen Verfahrensordnung abgehalten wurde. Insgesamt hielten die Abgeordneten 18 Sitzungen ab und befragten 25 Auskunftspersonen. Zudem standen ihnen rund 1,5 Millionen Seiten an Akten von 21 Stellen zur Verfügung. Wegen der vorgezogenen Nationalratswahlen musste der Ausschuss seine Arbeit vorzeitig beenden. (Fortsetzung Nationalrat) keg

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