Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 18. Mai 2017; Leitartikel von Karin Leitner: „Bye-bye, Programm und Partei“

Innsbruck (OTS) - Der einstige Kanzler Fred Sinowatz befand: „Ohne Partei bin ich nichts.“ Dieses Dogma wird zusehends
in das Gegenteil verkehrt. Sebastian Kurz treibt die Personalisierung der Politik auf die (ÖVP-)Spitze.

Es ist bemerkenswert. Nur, was die Ausländer- und Integrationspolitik anlangt, weiß man bis dato, wo
Sebastian Kurz steht. Anderweitig ist der neue starke Mann der ÖVP noch unbeschrieben. Das scheint egal zu sein, wie der Hype um ihn und seine guten Sympathie- und Glaubwürdigkeitswerte zeigen.
In Kurzens Fall manifestiert sich besonders: Parteien, Programme und Positionen zählen immer weniger, auf die Person kommt es an. Und so rückt der Wahllistenführer die Schwarzen in jeder Hinsicht in den Hintergrund; alles ist auf den jungen Außenminister zugeschnitten.
Wenngleich nicht so ausgeprägt:
Für Christian Kern gilt das seit
Amtsantritt vor einem Jahr ebenfalls.
Das Dogma des einstigen SPÖ-Regierungschefs Fred Sinowatz „Ohne Partei bin ich nichts“ ist längst in das Gegenteil verkehrt. Der jetzige Glaubenssatz
lautet: „Ohne Kern sind wir nichts.“ Der Kanzler hat sein Regierungsteam nicht
nur mit klassischen Parteigängern be-
setzt: Bildungsministerin Sonja Hammerschmid musste sich – wie Kern – nicht hochdienen. Die Ex-Rektorenchefin
kommt nicht aus dem SPÖ-Apparat;
detto Ministerin Pamela Rendi-Wagner.
Die Tropenmedizinerin leitete vor ihrer
Kür eine Sektion im Gesundheitsressort.
Kern wird sich wohl auch für seine künftige potenzielle Koalitionsmannschaft nach derlei Persönlichkeiten umsehen. Umso mehr, als Kurz bei seiner auf Funktionäre weitgehend verzichten wird. Externe Experten möchte er in seiner Regierungstruppe haben. Paradebeispiel dafür, dass mit Traditionellen nicht mehr zu reüssieren ist, war die Hofburg-Wahl. Die Kandidaten der Regierungsparteien, beide seit Jahrzehnten im Polit-Geschäft, fielen durch. Alexander Van der Bellen war zwar auch kein „Frischg’fangter“; er tat aber alles, um den Grün-Stallgeruch loszuwerden. Das Unabhängigen-Parfüm wirkte.
Tatsächlich parteilich unbefleckt war Irmgard Griss. Die Ex-Höchstrichterin, die nur juristische Feinspitze kannten, erreichte auf Anhieb 18,9 Prozent; mit knapp drei mehr wäre sie gar zur Stichwahl gestanden. Und so versucht Kurz, sie auf seine Wahlplattform zu bringen. Auch NEOS-Chef Matthias Strolz umwirbt Griss; hoffend, mit ihr zu punkten.
Bei aller Personalisierung und Inszenierung sollte es in der Politik immer noch auch auf Inhalte ankommen. Was anfänglich glänzt, kann nämlich rasch matt werden.

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