27. Wiener Landtag (3) | PID Presse

Hauptdebatte: Bericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2017 an den Wiener Landtag

Wien (OTS/RK) LAbg Christoph Wiederkehr, BA (NEOS) nannte eingangs Zahlen: Insgesamt 1.319 Beschwerden aus Wien seien im vergangenen Jahr bei der Volksanwaltschaft eingelangt, doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Im besten Fall sei dies ein Zeichen, dass die Bürgerinnen und Bürger mündiger geworden seien. Tatsächlich sei aber wohl eher die Verwaltung an der Reihe, sich selbstkritisch auf Fehler zu hinterfragen – etwa, warum allein im Gesundheitswesen ein „signifikanter Anstieg“ von 59 festgestellten Missständen im Jahr 2016 auf 85 Missstände 2017 zu verzeichnen sei. Auch zeige der Bericht deutlich auf, dass der Gemeinderat bei der Flächenwidmung für das Heumarkt-Projekt wissentlich gegen die internationale Verpflichtung gegenüber der UNESCO gehandelt habe. Dass die Verpflichtung zum Erhalt des UNESCO-Weltkulturerbes auch in der Bauordnung festgehalten gehöre, brachte Wiederkehr mittels Antrags ein. Zudem rege die Volksanwaltschaft an, auch die sogenannte Vertragsraumordnung stärker in der Bauordnung zu verankern – dem stimme Wiederkehr zu, er brachte auch hierzu einen Antrag ein.

LAbg Sabine Schwarz (ÖVP) zitierte eine Beschwerde aus dem Bericht der Anwaltschaft, wonach die Wiener Friedhöfe ihre Grab-Benutzungsgebühren sukzessive um 110 Prozent erhöht hätten, wobei der Verbraucherpreis-Index im selben Zeitraum nur um 20 Prozent gestiegen sei. Als die Volksanwaltschaft die „Friedhöfe Wien GmbH“ um Stellungnahme und Akteneinsicht ersuchte, seien diese Anfragen abgelehnt worden – mit der Begründung, als Gesellschaft mit beschränkter Haftung seien sie ausgegliedertes Unternehmen und der Volksanwaltschaft keine Rechenschaft schuldig. Schwarz nahm dies zum Anlass, mittels Antrags ein Ausweiten der Prüfkompetenzen der Volksanwaltschaft zu verlangen. Den zweiten Schwerpunkt ihrer Rede widmete sie der Jugendwohlfahrt: der Bericht zeige ein massives Unterangebot in der Kinder- und Jugendpsychiatrie auf. Auf mehr als 2.000 Kinder, die therapeutische Unterstützung benötigten, kämen Wien-weit einhundert Betreuungsplätze. Auch würden in keinem anderen Bundesland mehr Kinder außerhalb ihrer Familie fremduntergebracht als in Wien. Schwarz forderte die Stadt dazu auf, die Gründe dafür in einer Studie zu erheben. Sie brachte dazu einen Antrag ein.

LAbg Birgit Hebein (Grüne) richtete ihren aufrichtigen Dank an die Volksanwaltschaft, die 2017, im vierzigsten Jahr ihres Bestehens, Anlaufstelle für mehr als 20.000 Menschen österreichweit gewesen sei. Die Volksanwaltschaft habe sich auch für die Rechte von Heimopfern eingesetzt und eine laufende Pensionszahlung für sie errungen. Die Stadt wiederum habe mehr als 53 Millionen Euro an Entschädigung an die Wiener Heimopfer ausbezahlt. Es gebe Kritik daran, dass die Opferbetreuung nicht mehr über den Verein „Weißer Ring“ laufe, sondern über den Wiener Psychosozialen Dienst (PSD); Hebein zeigte sich aber zuversichtlich, dass auch der PSD eine „bestmögliche freie Wahl der behandelnden ÄrztInnen“ bieten werde. Lob fände die Volksanwaltschaft für die Wiener Mindestsicherung, und dafür, dass die Stadt diese weder gedeckelt noch gekürzt hat. Allein in Wien seien es knapp 37.000 Kinder unter 15 Jahren, die auf die Mindestsicherung angewiesen seien. „Es geht hier um Existenzen. Wenn der Bund die Mindestsicherung wirklich kürzt, wäre das grob fahrlässig und würdelos.“

LAbg Georg Fürnkranz (FPÖ) bezog sich in seiner Rede auf den Heumarkt. Die Volksanwaltschaft lege in ihrem Befund vier grobe Missstände dar: Erstens hätte es allen Befürwortern klar sein müssen, dass mit der Flächenwidmung der UNESCO Welterbe-Status nicht zu halten sein werde. Zweitens verstoße das geplante Hochhaus nicht nur gegen internationale, „sondern auch gegen eigene Spielregeln“, weil die 66 Meter Höhe nicht den Hochhaus-Richtlinien der Stadt entsprächen. Drittens hätten die Gegenleistungen im städtebaulichen Vertrag keinerlei inhaltlichen Zusammenhang zum Hochbau von Luxuswohnungen – Fürnkranz nannte die geplante unterirdische Turnhalle als Beispiel. Viertens habe es sich hierbei um eine „maßgeschneiderte Wunsch-Widmung“ gehandelt. Überhaupt sei der Paragraph 1a der Bauordnung, welcher städtebauliche Verträge regelt, nicht gesetzeskonform vollziehbar. Ex lege sei es verboten, Flächenwidmungen vom Inhalt des städtebaulichen Vertrages abhängig zu machen. Tatsächlich sei das in Wien aber die gelebte Praxis. Mittels Antrags forderte Fürnkranz eine Bauordnungsnovelle, in welcher der Welterbe-Status verankert gehöre und welche die städtebaulichen Verträge neu regle.

LAbg Kommerzialrat Kurt Wagner (SPÖ) sagte: Die Volksanwaltschaft lege in ihrem Bericht „den Finger in schmerzliche Wunden“. Es sei aber immens wichtig, auf Missstände hinzuweisen. Wo gearbeitet würde, passierten auch Fehler – wichtig sei es, diese rasch zu korrigieren. Die Stadt habe die Aufgabe, immer besser zu werden, und das gelinge ihr in guter Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft. Wagner ging auf den Vorwurf von NEOS-Wiederkehr ein, wonach die Beschwerden im Gesundheitswesen stark zugenommen hätten. 85 festgestellte Missstände im Jahr 2017, in dem mehr als 3,6 Millionen Menschen in städtischen Spitälern behandelt wurden, entsprächen nicht einmal einem „Viertel-Promille“ aller Behandlungen. Das solle keine Entschuldigung sein, man müsse aber die Relationen sehen. Die Gangbetten-Situation hätte die Stadt durch ein „engmaschiges Monitoring, spitalsübergreifende Unterstützung und interdisziplinäre Bettenbelegung“ entschärft. Den ÄrztInnen-Mangel in der Jugendpsychiatrie spüre nicht nur Wien, in ganz Europa würden in dieser Disziplin Fachkräfte benötigt. Es sei Aufgabe der Stadt, gemeinsam mit Ärztekammer und Meduni für eine Verbesserung der Situation zu sorgen.

LAbg Dipl-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) erinnerte an die emotionale Debatte zum Thema Nichtraucherschutz in der Aktuellen Stunde. Auch der Bericht der Volksanwaltschaft widme sich dem mangelhaften Schutz von Nichtrauchern. Auch die Gastro-UnternehmerInnen müsse man verstehen, wenn sie aufgrund unklarer Rechtslage verunsichert seien. In einem Antrag forderte Gara, die „Initiative freiwillig rauchfrei in der Gastronomie“ nach Vorbild des Landes Salzburg auch in Wien umzusetzen. Beim Kampf gegen Übergewicht und Diabetes bei Kindern gebe es zwar viele Einzel-Initiativen, aber er teile die Meinung der Volksanwaltschaft, dass ein Gesamtkonzept zur Gesundheitsprävention bei Kindern dringend fehle. Gara regte einen Paradigmenwechsel an, um die Schule als wesentlichen Baustein des Gesundheitssystems und der Prävention zu verstehen. Nachdem SPÖ und Grüne für den weiteren Verlauf der Sitzung einen Antrag zum Thema Erhalt der Gebietskrankenkassen angekündigt hätten, erklärte Gara schon jetzt, warum seine Fraktion nicht mitstimmen werde: Die Kassenreform der Regierung sei zwar nur „Marketingschmäh“, ein Zurück zum Status Quo Ante aber auch der falsche Weg. Es brauche stattdessen die Finanzierung aus einer Hand und ein Harmonisieren der verschiedenen Kassenleistungen im Sinne der PatientInnen.

(Forts.) esl/ato

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