62. Wiener Gemeinderat (3) | PID Presse

Wien (OTS/RK) GR DI Omar Al-Rawi (SPÖ) bekräftigte: Die Stadt Wien werde „alles tun, um den Welterbe-Status nicht zu verlieren“. Al-Rawi sprach vom Spannungsverhältnis zwischen dem Bekenntnis zu völkerrechtlichen Verträgen – siehe UNESCO und ICOMOS – und der Kompetenz des Wiener Gemeinderats. Das Stadtparlament sei demokratisch legitimiert, die Entscheidung über die Entwicklung der Stadt zu treffen. „Beim Hauptbahnhof, bei Wien Mitte, beim Sofitel, beim AKH und dem neuen Gebäude der MA 40 in Meidling – immer sind wir nach Paris gepilgert, um das mit der UNESCO zu besprechen“, meinte Al-Rawi, dabei hätten ICOMOS und UNESCO „keine demokratische Legitimation der Wiener Wählerinnen und Wähler“. Er erinnerte an eine Sitzung des Welterbe-Komitees, an der „3.000 Leute aus 21 Ländern im zack-zack-zack-Tempo“ über den Status von Welterbestätten entschieden. „Der Inselstaat St. Kitts und Nevis, mit 56.000 Einwohnern, entscheidet, ob Wien Welterbe ist und bleibt“, kritisierte Al-Rawi die Vorgangsweise der UNESCO. Natürlich seien Komitee-Entscheidungen auch eine Frage des Lobbyings: Bei heiklen Fragen würden Staaten stets ihre höchsten RepräsentantInnen – „vom Premierminister bis zum Staatssekretär“ – entsenden. Im Falle des Heumarkts habe die Bundesregierung aber keinerlei Unterstützung geleistet; weder der ehemalige Minister Blümel von der ÖVP noch Sebastian Kurz in seiner Zeit als Außenminister hätten sich „auf diplomatische Mission“ zur UNESCO begeben. Es seien stets die Vertreter Wiens – vorrangig er, Al-Rawi, selbst und Gemeinderat Woller – gewesen, die in „vielen Gesprächen mit NGOs und Delegationen die Kleinarbeit geleistet“ hätten und „sich um die Sache gekümmert haben“. Dann bezog sich Al-Rawi auf das Otto-Wagner-Areal (OWA). Mehrere Gründe würden gegen eine Aufnahme in die Liste der UNESCO-Welterbestätten sprechen. Erstens vergebe die UNESCO nicht mehr als zwei Stätten pro Stadt – mit dem OWA hätte Wien den dritten Listeneintrag. Auch hielt die UNESCO europäische Städte im internationalen Vergleich für „überrepräsentiert“ im Stätten-Index. Als wichtigstes Argument sah Al-Rawi aber den bestehenden Flächenschutzplan der bereits für das gesamte Areal gelte; auch stehe das OWA unter Denkmalschutz und sei von den Vereinten Nationen als Teil des Wienerwald-Biosphärenparks anerkannt. Für das Areal würden demnach „sehr strenge Richtlinien und die höchsten Maßnahmen“ gelten. Ja, meinte Al-Rawi, die Stadt sehe das OWA als Welterbe – aber das brauche keine zusätzliche Anerkennung durch die UNESCO.

GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) sah die Rede von SPÖ-Mandatar Woller zwar „als Auftritt, aber noch lange nicht als Lösung“. Der vorgeschlagene Kompromiss sei vielmehr ein „weiteres Mosaiksteinchen im Herumgewurschtel um den Heumarkt“. Insgesamt sieben Argumente würden gegen den vorgelegten, neuen Projekt-Entwurf sprechen, zählte Ulm auf: der Architekturwettbewerb ohne Höhenbeschränkung; die Flächenwidmung ohne Rücksichtnahme auf den UNESCO-Welterbe-Status; der juristische Streit um die Notwendigkeit eines UVP-Verfahrens; das Brechen der selbstauferlegten „Nachdenkpause“ durch die Stadt; das Verkaufen des Grundstücks „ohne Not“ an einen privaten Investor; die Unklarheit rund um den Rechtsanspruch auf eine mögliche Baubewilligung und deren Reglement in der Wiener Bauordnung. Als siebentes Argument nannte Ulm die „Bauverhandlung, die vorgestern stattgefunden hat“: Dort sei dem Investor gesagt worden, der „Turm ist bewilligungsfähig“. Welche Karten habe die Stadt, nach so einer Zusage, im Verhandlungspoker noch in der Hand, fragte sich Ulm. „Die ganze Sache erinnert mich an eine griechische Tragödie“, meinte Ulm, „alles läuft auf schiefer Ebene in Richtung eines schlechten Endes“.

GR Georg Fürnkranz (FPÖ) kritisierte die „vage Beschreibung“ des vorgelegten Kompromisses. Sämtliche Informationen müssten dem Gemeinderat vorgelegt werden, „denn wir als Gemeinderat und niemand sonst entscheidet über Flächenwidmungen“ in Wien. Fürnkranz stieß sich auch an dem Begriff der „geringfügig“ höheren Gebäudescheibe – „geringfügig“ sei im Baurecht eine „sehr problematische Bezeichnung“, da gebe es viel Spielraum, und „da haben wir die UNESCO bald wieder am Hals“. Die Stadt zeichne zudem ein falsches Bild von der UNESCO: „Wir schlagen uns da nicht mit einer bösen Macht herum, gegen die wir Wien verteidigen müssen“, sagte Fürnkranz. Die UNESCO „meint es gut“, und Ziel „jedes Kompromisses“ müsse sein, „stadtbildzerstörende Bauwerke in unserer Stadt“ zu verhindern. Richtung SPÖ-Vorredner Al-Rawi fragte Fürnkranz, warum dieser die Kompetenz von UN-Komitess in Zweifel ziehe. Gemeinderat Woller wiederum verhalte sich „wie ein Feuerwehrmann, der das Feuer selbst legt und sich dann freut, wenn er es gelöscht hat“. Die Grünen nahm Fürnkranz für ihre Aussagen Richtung Ex-ÖVP-Minister Gernot Blümel in die Kritik: „Ich will hier nicht die ÖVP exkulpieren. Aber zu sagen, die Bundesregierung ist schuld, weil sie uns keinen Auftrag erteilt hat, uns ans Gesetz zu halten, ist sehr eigenwillig.“

GR DI Dr. Stefan Gara (NEOS) meinte, SPÖ-Mandatar Al-Rawi habe die Projektgeschichte viel zu „niedlich“ dargestellt. Kritische Stimmen habe es schon lange gegeben: Etwa das Studiendekanat der TU Wien, das gemeint hätte, am Heumarkt entstehe „auf erstklassigem Grund ein drittklassiges Projekt“, welches die UNESCO „nie zulassen“ werde. In einem Antrag forderte er ein Verfahren, um das gesetzmäßige Zustandekommen der Flächenwidmung zu prüfen.

GRin DI Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) sah ein falsches Verständnis der viel zitierten „Transparenz“ seitens der SPÖ: Opposition und Öffentlichkeit müssten und hätten viel mehr in das Projekt eingebunden werden sollen. Ein „technischer Punkt“ sei in der heutigen Debatte zu kurz gekommen: Der derzeitige Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sehe eine Mindesthöhe von 50 Metern vor – „das ist nicht UNESCO-kompatibel“, sagte Olischar. „Ist Ihnen bewusst“, fragte sie Richtung SPÖ und Grünen, „dass Sie den Bebauungsplan also nochmals ändern müssen, obwohl Sie gesagt haben, dass das nicht mehr geht?“ Die Rechtssicherheit für Projektentwickler bleibe so jedenfalls auf der Strecke.

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ) zitierte Schlagzeilen zu einem prominenten Wiener Bauprojekt: „Moloch, Skandal, Untergang für die Landstraße“ – gemeint sei damit Wien Mitte, welches im Jahr 2002 für Aufsehen gesorgt habe – dabei habe der Bau „der Stadt und dem Bezirk gut getan“, sagte Schober. Ähnlich betrachtete er die Causa Heumarkt: „Natürlich“ kenne er die Stadtentwicklungs- und Hochhauspläne Wiens aus den 1950er- und 60er-Jahren, und „ich bin froh, dass die nicht umgesetzt wurden“. Aber es gebe nun einmal moderne Bauten in der Stadt – siehe Urania mit dem Uniqa-Tower vis-á-vis – die für dynamische Stadtentwicklung stünden. „Unsere Stadt wird nicht ewig so aussehen, wie sie jetzt ausschaut“, Wien brauche diesen Fortschritt. Das neue Projekt am Heumarkt sichere Eislaufverein und Konzerthaus, und stelle darüber hinaus eine bessere „Durchwegung“ sicher.

GR Georg Fürnkranz (FPÖ) bezog sich ebenfalls auf die im bestehenden Flächenwidmungsplan vorgesehene Mindestbauhöhe von 50 Metern. Auf dieser bestehenden Rechtslage sei es nicht möglich, den von der SPÖ heute vorgestellten Kompromiss umzusetzen. In einem Antrag forderte er eine Änderung des Bebauungsplans am Heumarkt.

Abstimmungen: Die Opposition hatte im Laufe der Sitzung insgesamt sieben Anträge eingebracht, die allesamt nicht die notwendige Mehrheit fanden.

Der 62. Wiener Gemeinderat endete um 11.39 Uhr (Schluss) esl

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