Aktuelle Aussprache im Umweltausschuss: Bundesministerin Leonore Gewessler will Klimaschutzziele nicht in Frage stellen

Fortschritte bei Strategien zur Biodiversität und bei Sanierungsoffensive

Wien (PK) Mit einer großen Bandbreite an Themen befasste sich der Umweltausschuss heute im Rahmen einer Aktuellen Aussprache mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Die Fragen reichten von Klimaschutz und ökologischer Steuerreform bis hin zur Biodiversität und europabezogenen Themen.

Neues Klimaschutzgesetz ist für Ende 2020 in Aussicht

Zu den CO2-Reduktionszielen im Rahmen eines neuen Klimaschutzgesetzes verlangte Abgeordnete Julia Herr (SPÖ) Auskunft. Sie vermisste die Festschreibung eines Reduktionszieles in Gesetzesform mit 1. Jänner 2021, diese hätte „seit März erfolgen müssen“. Herr fragte die Ministerin auch zur Positionierung Österreichs in Hinblick auf die nächste Klimakonferenz und sprach die unterschiedlichen CO2-Reduktionsziele auf nationaler und europäischer Ebene an.

Bundesministerin Leonore Gewessler zeigte sich zuversichtlich „bei allen Diskussionen auf EU-Ebene, wie zum Green Deal oder zu Themen der Rechtsstaatlichkeit“. Es gebe beim Klimaschutz „keine Diskussion, die Ziele in Frage zu stellen“, vielmehr gehe es um die „Rundumbedingungen, damit es gelingen kann“. Zum Reduktionsziel von 55% gebe es im Europäischen Rat eine gute Diskussion, unter anderem zum Kohleausstieg Polens. Das Ziel von 55% sei durchgerechnet und wirtschaftlich sinnvoll, so Gewessler, die auch die Position des EU-Parlaments (Reduktion um 60%) anerkannte. Außerdem müsse jedes Land für sich etwas unternehmen.

Was ein neues Klimaschutzgesetz betreffe, so solle ein Entwurf bis Ende 2020 vorliegen. Gewessler räumte ein, dass man „auf Aufholjagd“ sei, zugleich habe man den Fokus auf das Umweltbudget, das Erneuerbaren-Ausbaugesetz und das Energieeffizienzgesetz gelegt. Nun gelte es, rasch in die Wirksamkeit zu kommen, zeigte sich Gewessler entschlossen.

Den Klimaschutz bei staatsnahen Unternehmen griff Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS) auf. An die Ministerin richtete er die Frage nach Entscheidungen der Arbeitsgruppe zu Unternehmen wie OMV oder ASFINAG, die keine Unternehmensstrategie zur Klimaneutralität aufweisen würden.

Ministerin Gewessler berichtete, dass es in Bezug auf Unternehmen mit staatlicher Sperrminorität einen regelmäßigen Austausch im BMK gebe. Als Beispiele für erste Schritte nannte die Ministerin die Dienstwagen-Policy, die Mobilität von MitarbeiterInnen oder die Schaffung von Parkplätzen zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr durch die ASFINAG.

Gewessler entgegnet Kritik: Ökologische Steuerreform ist eine „erste Etappe“

Die von der Regierung angekündigten Schritte zu einer ökosozialen Steuerreform gingen Abgeordnetem Dietmar Keck (SPÖ) nicht weit genug. Zwar begrüßte er eine Befreiung des Bahnstroms von der Elektrizitätsabgabe, forderte diese aber auch auf Straßen- und U-Bahnen sowie Busse. Mehr Details zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe für die nächsten Schritte bei der ökosozialen Steuerreform wünschte sich auch Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS).

Abgeordnete Herr (SPÖ) wiederum ortete Unklarheit bei den konkret zu erwartenden CO2-Einsparungen. Sie stellte beispielsweise die Mehrwertsteuersenkung für kleinere Reparaturdienstleistungen in Frage. Gerade Haushaltsgeräte seien aufgrund des EU-Rechts ausgenommen, was auch Abgeordneter Rauch (FPÖ) kritisierte. Herr verwies auf den Wiener Reparaturbon als Alternative, um Reparaturen zu fördern, wogegen Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP) den Tausch älterer Geräte durchaus befürwortete.

Schnabel thematisierte des Weiteren, dass es derzeit 3% Neuzulassungen im Bereich E-Mobilität gebe, jedoch nach wie vor viele mit fossiler Energie. Er erkundigte sich bei der Bundesministerin nach einem Programm zur Erhöhung des Ethanol-Anteils bei Treibstoffen.

Kritik kam von Abgeordnetem Rauch (FPÖ) zur geplanten Erhöhung der NoVA für Fahrzeuge der Kategorie SUV. Dadurch treffe man nicht die Industrie und Erzeuger, da diese auf Hybridmodelle mit ähnlichem Verbrauch ausweichen würden. Benachteiligt wären die Käufer kleinerer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, war sich Rauch sicher.

Die aktuelle Steuerreform sei nur eine Etappe, stelle aber ein konkretes erstes Ergebnis der Arbeitsgruppe dar. Weitere Etappen würden folgen, kündigte Gewessler an.

Den eingeschränkten Handlungsspielraum bei Gerätereparaturen räumte Bundesministerin Leonore Gewessler ein. Man habe gemacht, was ohne Änderung der EU-Richtlinie möglich sei. Die Kreislaufwirtschaftsstrategie und das „Right to repair“ seien unterstützenswert, bekräftigte die Ministerin. Auf EU-Ebene werde aktuell eine Festschreibung der Reparaturfähigkeit diskutiert.

Die NoVA-Reform sei eine Reaktion auf den Klimaschutzbericht. „Der Verkehr ist das Sorgenkind der Bilanz“, unterstrich Gewessler. Die Emissionen der Neuwagenflotte hätten sich in den letzten 10 Jahren verdreifacht, ein Drittel der Neuzulassungen käme aus dem Sektor SUV, Offroad und Geländewagen. Durch die Maßnahmen werde sich die Fahrzeugflotte ändern, war Gewessler überzeugt. Schon im September 2020 sei der Anteil der Neuzulassungen von Elektroautos bei 10% gelegen. Bei der Erhöhung des E10-Anteils in Treibstoffen gehe es noch um Fragen der Haftung und der Verträglichkeit.

Verhärtete Fronten in der Europäische Atompolitik

Demnächst werde ein Volksbegehren zum Thema EURATOM im Hohen Haus behandelt, so ÖVP-Abgeordneter Nikolaus Berlakovich. Ihn interessierten die konkreten Schritte in der Zwischenzeit sowie der Stand der Diskussionen zur Atompolitik auf europäischer Ebene.

Die europäische Atompolitik bezeichnete die Ministerin als „Konfliktfeld, in dem die Fronen härter aufeinanderprallen“. Österreich bleibe in dieser Frage standfest und habe auch seine Verbündeten auf EU-Ebene. Gerade beim aktuellen Atom-Dossier würden sich Türen für die Atomenergie zeigen. Nun müsse man „die großen Bretter angehen“, dies sei die Reform des Euratom-Vertrags, so Gewessler, die diesbezüglich Hoffnungen in die kommende Ratspräsidentschaft Portugals setzte.

Europapolitisch knüpfte auch Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS) an. Er wollte von Ministerin Gewessler wissen, wie die 3 Mrd. € an coronabedingten Hilfsgeldern der EU in Österreich zur Verteilung kommen und ob dies nach ökologischen Prinzipien passiere und nicht Geld „an fossile Dinosaurier wie die Wirtschaftskammer“ vergeben werde.. Dass es dem Vernehmen nach keine weiteren Unterstützungen für die AUA geben werde, bezeichnete Bernhard als „erfreulich“.

Bundesministerin Gewessler bezeichnete die Position der EU-Kommission beim „Recovery Fund“ als konsequent. Der Weg aus der Krise müsse auch über Klimaschutz und Umweltschutz führen, um widerstandsfähiger für künftige Krisen zu machen. Mindestens 37% der Hilfsgelder müssten dem Klimaschutz zugutekommen. Die Arbeit an einem österreichischen Programm stünden aber erst am Anfang, so Gewessler.

Definition für einkommensschwache Haushalte bei Sanierungsförderung ist noch offen

Ungeklärt ist für Abgeordneten Andreas Kollross (SPÖ) eine genaue Definition für sozial schwache Haushalte im Zusammenhang mit der Sanierungsförderung. Er erkundigte sich nach dem Stand der Gespräche mit den Bundesländern. Kollross fragte die Ministerin nach einer möglichen 100%-Abdeckung „für Familien, die es sich gar nicht leisten können“.

Für Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP) stand der Raumwärmebereich wesentlich im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung, weshalb die thermische Sanierung eine große Rolle spiele. Diesner-Wais interessierte sich für eine aktuelle Bilanz sowie den Stand bei der gemeinsamen Wärmestrategie zusammen mit den Ländern.

Bundesministerin Gewessler verwies auf einen Antrag von NEOS zur Definition der Sanierungsrate. Zusammen mit den Landes-EnergiereferentInnen habe man ein Mandat für die Dekarbonisierung des Wärmebereichs beschlossen, politische Rückendeckung gebe es von der Landeshauptleute-Konferenz. Ein erster Termin mit der Steuerungsgruppe sei konstruktiv verlaufen, die Definition von energiearmen und einkommensschwachen Haushalten sei noch offen. Es werde auch Fälle geben, bei denen die öffentliche Hand 100% der Sanierungskosten übernehmen müsse, um die Klimaziele zu erreichen, bestätigte Gewessler.

Biodiversitätsstrategie wird im Herbst 2021 vorgelegt

Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) äußerte seine Zustimmung zur ausgerufenen Biodiversitätsstrategie. Er erkundigte sich nach der Einbindung von Ministerien, Stakeholdern und parlamentarischen Fraktionen, sowie nach dem konkreten Plan der Ministerin, um zu einer Strategie zu kommen.

An den Einstimmigen Beschluss für einen „Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben“ vom 29. Mai dieses Jahres erinnerte Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ), der wissen wollte, was seither unternommen worden sei. Rauch forderte dahingehend eine Präzisierung der Biodiversitätsstrategie sowie einen Start von Informationskampagnen für Nistplätze und Freiflächen. Konkrete Maßnahmen, die das Wildern von geschützten Tieren „in kürzester Zeit verhindern“, mahnte der SPÖ-Abgeordnete Keck ein.

Bei der Biodiversität habe man einen anderen Prozess gewählt als früher, erklärte Ministerin Gewessler. Es sei zuerst mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen ein Papier erstellt worden, das in öffentlicher Konsultation gewesen sei. Auf dieser Basis werde mit der nationalen Biodiversitätskommission an einer Strategie gearbeitet. In dieser seien unter anderem Bund, Länder, Sozialpartner, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Gemeinde- und Städtebund vertreten. Das Thema Bienensterben sei ein Teil dieser Strategie, erläuterte Gewessler. Nun gebe es mit dem Budget 2021 Mittel für Monitoring und Bewusstseinsbildung. Zusammenarbeit gebe es dabei mit dem Landwirtschaftsministerium und auf EU-Ebene. Bis Herbst 2021 werde man jedenfalls die Biodiversitätsstrategie vorlegen, kündigte Gewessler an. Das Problem der Wildtierkriminalität erfordere wiederum einen Aktionsplan gemeinsam mit Jagd und Polizei. Eine erste Gesprächsrunde stehe unmittelbar bevor.

Weitere Themen: Lichtverschmutzung, klimaneutrale Verwaltung, Lebensmittelverschwendung, Flaschenpfand

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ) befragte Bundesministerin Gewessler zu allfällig geplanten Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung, die seiner Auffassung nach exorbitant zunehme. Zu diesem Thema verwies BM Leonore Gewessler auf das bereits genannte Expertenpapier zur Biodiversität. Es seien allerdings verschiedene Materien, etwa die Gewerbeordnung, betroffen, von denen keine in ihrer unmittelbaren Zuständigkeit liege.

Den Umstieg auf 100% zertifizierten Ökostrom in öffentlichen Gebäuden mahnte Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ) ein. Auch nach dem Stand bei Green Events und der E-Mobilität beim Fuhrpark in der Verwaltung erkundigte sich Ecker. Ministerin Gewessler verwies auf die aktuelle Ausschreibung zur erneuerbaren Energie in der Bundesverwaltung. Die Verzögerung hänge mit den Ausschreibungsperioden der BBG zusammen. Beim Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Beschaffung gehe man aktuell alle Standards für Mobilitätsmanagement und Green Events durch, woraus sich Handlungsanleitungen für die öffentliche Verwaltung ergeben würden.

Auf einen im Konsumentenschutzausschuss abgelehnten Entschließungsantrag zum Thema Lebensmittelverschwendung kam Abgeordneter Markus Vogl (SPÖ), unterstützt von Walter Rauch (FPÖ) zu sprechen. Vogl verlangte von der Bundesministerin aktuelle Zahlen und Informationen, welche Ziele es für diesen Bereich brauche.

Einiges zum Thema enthalte das Regierungsprogramm, hielt Ministerin Gewessler fest. Im Rahmen eines aufrechten Stakeholder-Dialogs seien auch die österreichischen Tafeln und Sozialmärkte eingeladen, auch im Einzelhandel habe sich viel getan. Die Menge der weitergegebenen Lebensmittel habe sich von 2013 bis 2017 verdoppelt, sagte die Ministerin.

Eine abschließende Erinnerung, nämlich zum Pfandsystem bei Einwegflaschen, brachte Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS) ein. Er ortete zuletzt eine eher „gegenteilige Dynamik in den Wortmeldungen der ÖVP“.

Ministerin Leonore Gewessler verwies auf den Verpackungsdialog, in dem die Reduktion der Plastikverpackungen um 20% enthalten sei. Zum Pfandsystem hätten bereits fünf Arbeitskreise mit Stakeholdern stattgefunden. Nun würden bis Ende des Jahres die Fachabteilungen des Ministeriums an einem Modell arbeiten. (Schluss Umweltausschuss) cke


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