Antisemitismusstudie 2020: Enger Zusammenhang zwischen Verschwörungsmythen und Antisemitismus

Junge Menschen und Qualitätsmedien für Nationalratspräsident Sobotka wichtige Partner im Kampf gegen Antisemitismus

Wien (PK) Eine hohe Neigung zu Verschwörungsmythen geht oft Hand in Hand mit antisemitischen Einstellungen. Auch zwischen einem hohen Vertrauen in Soziale Medien und Antisemitismus gibt es einen Zusammenhang. Das zeigt die heute von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gemeinsam mit Eva Zeglovits (IFES) und Thomas Stern (Braintrust) präsentierte Antisemitismusstudie 2020, die IFES im Auftrag des Parlaments erstellt hat. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka setzt damit die Forschungsarbeit der Antisemitismus-Studie 2018 fort.

„Unser Ziel ist es, Antisemitismus in Österreich nachhaltig wissenschaftlich zu beobachten und auch in einen Kontext zu aktuellen Entwicklungen zu stellen“, so Sobotka. Mediale Einflüsse auf antisemitische Einstellungen sowie antisemitische Verschwörungsmythen rund um die Corona-Pandemie wurden daher als zusätzliche Themen der Studie 2020 in das Forschungsvorhaben aufgenommen.

Hoher Antisemitismus bei Anhängern von Verschwörungsmythen

Die Studie zeigt, dass eine hohe Neigung zu Verschwörungsmythen Hand in Hand mit stark ausgeprägten antisemitischen Einstellungen geht. Der Aussage „Eine mächtige und einflussreiche Elite (z.B. Soros, Rothschild, Zuckerberg…) nutzt die Corona-Pandemie, um ihren Reichtum und den politischen Einfluss weiter auszubauen“ stimmen beispielsweise 59% der Befragten mit hohem Hang zu Verschwörungsmythen zu. Projektkoordinator Thomas Stern verweist darauf, dass der Antisemitismus auf jahrhundertealten Traditionen von Verschwörungsmythen basiert: „Heute jährt sich etwa die planmäßige Vernichtung der jüdischen Gemeinde in Wien, die als ‚Wiener Gesera‘ bezeichnet wird, zum 600. Mal. Krisenzeiten sind nicht nur in der Geschichte, sondern auch heute Hochkonjunktur für Verschwörungsmythen, die auch aktuell in einem eindeutigen Zusammenhang zu Antisemitismus stehen“, erläutert Stern.

Zusammenhang zwischen Vertrauen in Medien und Antisemitismus

Der im Rahmen der Antisemitismusstudie 2020 erstmals untersuchte Zusammenhang zwischen dem Vertrauen in (Soziale) Medien und Antisemitismus zeigt ein klares Bild: In Österreich vertraut zwar nur eine Minderheit Nachrichten aus Sozialen Medien. Wer dies tut, weist allerdings überdurchschnittlich starke antisemitische Einstellungen auf. Wer hingegen traditionellen Medien vertraut, bewertet antisemitische Aussagen häufiger als unzutreffend, zeigt die Studie. „Unsere Zahlen belegen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Vertrauen in Soziale Medien, Verschwörungsmythen und Antisemitismus. Den Gegenpol bilden traditionelle Medien, die weiter ein hohes Maß an Vertrauen genießen und deren Leserinnen und Leser deutlich weniger antisemitischen Einstellungen zustimmen“, so Studienleiterin Eva Zeglovits.

Bildungsarbeit stärkt Erinnerungskultur

Ein wichtiges Ergebnis der Antisemitismusstudie ist das stark ausgeprägte Bekenntnis der Bevölkerung zur Erinnerungskultur. Die Mehrheit (57%) erklärt, dass das Ausmaß an Erinnerungskultur gerade richtig ist. 20% sprechen sich für weniger, 16% für mehr Gedenken aus. Die jüngsten Befragten (16 bis 25 Jahre) fordern hingegen deutlich öfter mehr Erinnerungsarbeit (30%). „Dies unterstreicht die große Rolle des Bildungswesens und zivilgesellschaftlicher Initiativen für Erinnerungskultur und Kampf gegen den Antisemitismus. Bildung wirkt gegen antisemitische Ressentiments und fördert den Einsatz für ihre Überwindung“, so Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.

Antisemitismus im Vergleich

Auf Basis einer Spezialauswertung der Antisemitismuserhebung 2018 wurden zwei Dimensionen des Antisemitismus differenziert: der affektive, emotional getriebene sowie der pseudorationale, mit vermeintlichen „Belegen“ argumentierende Antisemitismus. Nicht-antisemitische Haltungen wurden in der Dimension „Non-Antisemitismus“ zusammengefasst. Laut der Studie werden Aussagen, die dem affektiven Antisemitismus zuzuordnen sind, aktuell von 8% der Befragten vertreten (2018: 12%). Deutlich höher ist mit durchschnittlich 23% der Anteil an Personen, die die Aussagen des pseudorationalen Antisemitismus als sehr oder eher zutreffend empfinden (2018: 34%). Der überwiegende Teil (56%) ist aber dem Non-Antisemitismus zuzuordnen (2018: 49%).

Laut IFES-Studienleiterin Eva Zeglovits sind die Ergebnisse der Befragungen 2018 und 2020 nur bedingt vergleichbar, da die Befragungen für die Studie unmittelbar nach dem islamistischen Terror-Anschlag am 2. November 2020 erfolgten. „Die zeitliche Lage der Feldforschung unmittelbar nach diesem traumatisierenden Ereignis dürfte die Tendenz sozial erwünschten Antwortverhaltens verstärkt haben“, gibt Zeglovits zu bedenken. Ob sich antisemitische Einstellungen tatsächlich auch nachhaltig in relevantem Ausmaß reduziert haben, werde erst die Antisemitismusstudie 2022 nachweisen können.

Konsequente Politik als Einflussfaktor

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka stellt dazu fest: „Auch wenn es sich bei den Rückgängen um Effekte sozial erwünschten Antwortverhaltens handeln sollte, ist dies für uns relevant und wichtig. Denn dadurch wird eine wachsende Sensibilisierung für die Problematik des Antisemitismus deutlich, die wiederum Grundlage für eine tatsächliche Einstellungsänderung ist.“ Sobotka verweist auch darauf, dass die konsequente Position der Politik gegen Antisemitismus, die prononcierte Israelpolitik der Bundesregierung und die Zusammenarbeit mit Israel bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie deutlich positive Effekte haben. Dazu zählen auch Initiativen des österreichischen Parlaments wie der Simon-Wiesenthal-Preis, Seminare der Demokratiewerkstatt und die Leistungen des Nationalfonds. „Junge Menschen, Qualitätsmedien und verantwortungsvolle Politik sind jedenfalls wichtige Hoffnungsträger und Partner im Kampf gegen Antisemitismus“, bilanziert der Nationalratspräsident.

Zur Antisemitismusstudie 2020

Die Studie wurde von IFES in Zusammenarbeit mit DEMOX durchgeführt. Die Befragungen fanden im November 2020 statt. Die österreichweit repräsentative Erhebung (n=2.000) basiert auf bundesweit jeweils 800 telefonischen CATI-Interviews und 1.200 CAWI- bzw. Online-Interviews. Zusätzlich erfolgte eine Aufstockung von n=300 CATI-Interviews mit Personen mit Migrationshintergrund Türkei sowie von n=300 CATI-Interviews mit Personen mit Migrationshintergrund in einem arabischsprachigen Land. Die Ergebnisse dieser Aufstockungsgruppen werden nach einem Dialogprozess mit VertreterInnen dieser Gruppen gesondert präsentiert. (Schluss) kar/red

HINWEIS: Alle Ergebnisse, ein ausführlicher Analysebericht und internationale Vergleiche sind der Öffentlichkeit unter www.antisemitismus2020.at zugänglich.

Fotos von dieser Pressekonferenz finden Sie auf der Website des Parlaments.


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