Artikel zu häuslicher Gewalt gegen Karin Kneissl verletzt Ehrenkodex

Wien (OTS) Nach Meinung des Senats 2 verstößt der Artikel „Ex-Außenministerin Kneissl zeigt ihren Ehemann an“, erschienen am 06.04.2020 auf „krone.at“, gegen die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Im Artikel wird berichtet, dass die Corona-Krise die Gewaltzahlen ansteigen lasse und auch Ex-Außenministerin Karin Kneissl davon betroffen sei. Nach einem Polizeieinsatz sei ein Betretungsverbot gegen ihren Ehemann verhängt worden. Als Hintergrund wird im Artikel angeführt, dass Kneissl von ihrem Ehemann zwei Ohrfeigen bekommen haben und bereits 2019 zu Boden gestoßen worden sein soll. Ihrem Ehemann zufolge habe er sie jedoch nicht geschlagen, sondern bloß beruhigt. Dem Artikel sind Fotos beider Personen beigefügt, u.a. ein Foto von ihrer Hochzeit im Sommer 2018.

Ein Leser kritisierte, dass durch den Artikel der Persönlichkeitsschutz des Opfers verletzt worden sei. Die Medieninhaberin nahm nicht am Verfahren vor dem Presserat teil.

Der Senat weist zunächst darauf hin, dass es sich bei Karin Kneissl um eine Person handelt, die in der Öffentlichkeit steht. Als Nahostexpertin, Publizistin und ehemalige Außenministerin ist sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Ihr kommt daher grundsätzlich weniger Persönlichkeitsschutz als eine Privatperson zu. Dies bedeutet aber nicht, dass das Privatleben Kneissls in all seinen Facetten thematisiert werden darf. Auch Personen, die wie Kneissl in der Öffentlichkeit stehen, ist ein Privatbereich zuzugestehen, in dem sie sich unbeobachtet fühlen können und den die Medien respektieren müssen.

Nach Ansicht des Senats ist die Schilderung der gegen Kneissl gerichteten und von ihr bei der Polizei angezeigten Gewalttaten aus medienethischer Sicht bedenklich. Die Vorfälle betreffen nämlich die besonders geschützte häusliche Sphäre und es geht um den heiklen Vorwurf, dass der Ehepartner die körperliche Integrität der Betroffenen verletzt habe. Schwierigkeiten und Gewalt in der Ehe sind eindeutig dem privaten Bereich (Ehe- und Familienleben) zuzurechnen. Zurückhaltung erscheint vor allem dann geboten, wenn – wie im vorliegenden Artikel – über einen einzelnen Fall berichtet werden soll. Das Medium hätte hier die Identität der Betroffenen nicht preisgeben dürfen: Die Anonymitätsinteressen von Opfern von Gewalt genießen spezifischen Schutz (siehe Punkt 5.4 des Ehrenkodex). Darüber hinaus kritisiert der Senat auch die Detailliertheit, in der die innerfamiliären Gewalttätigkeiten im Artikel geschildert werden. Vor diesem Hintergrund vertritt der Senat die Auffassung, dass der Artikel in erster Linie der Befriedigung von Sensationsinteressen gewisser Leserinnen und Leser dient.

Nach Meinung des Senats spielt es keine Rolle, dass die Betroffene ihre Hochzeit groß feierte und auch Medienberichterstattung darüber zuließ. Dieser Umstand erlaubt es den Medien nicht, über Misshandlungsvorwürfe innerhalb der Partnerschaft zu berichten. Der Senat erkennt in der Berichterstattung sowohl eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes als auch der Intimsphäre (Punkte 5 und 6 des Ehrenkodex). Die Medieninhaberin von „krone.at“ wird aufgefordert, über den Ethikverstoß freiwillig zu berichten.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig. Im vorliegenden Fall führte der Senat 2 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von „krone.at“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht. Die Medieninhaberin von „krone.at“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt.

Rückfragen & Kontakt:

Andreas Koller, Sprecher des Senats 2, Tel.: 01-53153-830

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