Arzt Dr. L.: Mildes Urteil auf Kosten von Kinderrechten?

Schriftliche Urteilsausfertigung des SLG Graz eingelangt. Freispruch für viele Delikte, weil Richter keinen Vorsatz sah

Graz, Hartberg (OTS) Das mündliche Urteil im spektakulären Prozess rund um jenen steirischen Arzt, der beschuldigt wurde, seine Kinder gequält zu haben, erging im Juli 2019 und endet mit einer Mini-Strafe sowie Freisprüchen für mehrere Tathandlungen. Für das Quälen seiner vier Kinder über den Zeitraum von 22 Jahren wurde der prominente Täter Dr. L. (er ist Bruder eines bekannten ÖVP-Politikers und war lange ÖSV-Teamarzt) also zu 1920 EUR Strafe und vier Monaten bedingter Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft Graz hat Berufung angemeldet, weshalb der Richter sein Urteil schriftlich ausführen (begründen) musste. Dies hätte gemäß StPO bereits 4 Wochen nach dem Urteil erfolgen müssen. Erst auf Antrag beim OLG Graz im November 2019 wurde Richter Oliver Graf dazu angehalten. Erst dann hat er auch die tlw. seit 9 Monaten ausständigen Verhandlungsprotokolle übermittelt.

Täterfreundliche Begründung?

Die Begründung selbst könnte unausgewogener nicht ausfallen. Der Richter wollte damit offenbar einen Spagat schaffen: einerseits den Opfern öffentlichkeitswirksam Glauben schenken, da die Beweislast erdrückend war. Andererseits das mildest-mögliche Urteil für den prominenten Täter fällen. Dies mit unfassbaren Begründungen:

1. Die Selbstverletzungen des Arztes (er rammte sich z. B. einen Schraubenzieher in die Bauchdecke und hielt seine Kinder an, diesen herauszuziehen) sah Richter Oliver Graf als erwiesen an, trotzdem wollte er keinen Quälvorsatz darin erkennen, zumal die Kinder nur die Selbstverletzung und nicht z.B. das Hineinrammen selbst gesehen hätten. Ergo Freispruch.

2. Den Vorwurf der medizinisch nicht indizierte Verabreichung von Beruhigungsmitteln und Morphium (vom Angeklagten zugegeben!), die letztlich zu einer jahrelangen schweren Abhängigkeit zweier Töchter führte, befand der Richter für unglaubwürdig. Denn damit wäre der Beschuldigte Gefahr gelaufen, seine Arztlizenz zu verlieren, die ihm so wichtig ist, wie Richter Graf argumentierte. Für diesen – vom Strafausmaß massiven – Anklagepunkt erfolgte auch ein Freispruch.

3. Der Richter glaubte den Kindern zwar, dass der Vater ihnen auf manipulative Weise Schuldgefühle wegen der von der Mutter betriebenen Scheidung machen wollte. Doch auch hier sah er keine Absicht beim Beschuldigten. Er habe nur selber Angst vor der Scheidung gehabt und diese Angst weitergegeben und überdies hätte der beschuldigte Arzt keine Anzeichen von Betroffenheit gezeigt. „Das ist schon sehr seltsam. Ein Freispruch, weil der Täter keine Reue zeigt. Unsere Gefängnisse wären menschenleer, wenn Täter vom Gericht immer so entschuldigt würden“, so die Kinder des Arztes.

4. Auch dass Dr. L. seinen Kindern befahl, schimmlige Marmelade zu essen, war für den Richter kein Problem, zumal der Arzt ja eh den Schimmel von der Marmelade entfernte.

5. Für den Richter bestand kein Zweifel, dass der Angeklagte während des gesamten Deliktzeitraumes seine Kinder demütigte, lieblos behandelte und ihnen Ohrfeigen und Schläge auf den Hinterkopf versetzte. Doch auch hier wollte der Richter keinen Vorsatz erkennen, weil Dr. L. eben immer wieder auf unzulässige Erziehungsmittel zurückgegriffen habe und der Beschuldigte ja hier selbst einen Quälvorsatz ausgeschlossen habe. “Die Ansicht des Richters ist befremdlich und könnte ein Freibrief für alle Eltern sein, die ihren Kindern psychische Gewalt zufügen. Auch dass der Richter vermeint, dass der Angeklagte es selbst nicht für möglich gehalten hätte, dass er durch seine Äußerungen seinen Kindern Leid zufügte (es reicht bedingter Vorsatz), ist einigermaßen lebensfremd” sagt dazu die Opferanwältin Dr. Andrea Peter.

Keine schweren Traumafolgen weil Opfer ja Studium geschafft habe

6. Der Richter folgte dem Gutachten von Gerichtspsychiater Wagner, der bestritt, dass die über viele Jahre wiederholten Suizidandrohungen des Arztes bei seinen Kindern zu schweren Dauerfolgen geführt haben. Ein entsprechendes weiteres Gerichtsgutachten (aus einem Zivilverfahren), welches die Dauerfolgen aufzeigte, ignorierte der Richter. Sein Argument: Hätten die Kinder tatsächlich schwere Traumafolgen, dann könnten sie gar nicht „nach außen funktionieren“. Insbesondere führte der Richter an, dass eine der Töchter mittlerweile sogar ein abgeschlossenes Medizinstudium habe und als Ärztin arbeitet, daher könne keine Rede von einer schweren Beeinträchtigung in ihrer Lebensführung sein. Dass die junge Frau sich bis heute Therapien unterziehen muss, ignorierte der Richter.

7. Selbst das Biervideo (Dr. L animiert seine Kinder -Alter der Kinder: 2, 6, 13) zum Biertrinken, so dass sie schließlich vor Trunkenheit vom Sessel fielen) verharmloste der Richter. Hier sagte er, dass der Vater ihnen den “Biergenuss” (!) erlaubt habe. Keine Rede davon, dass der Vater sie dazu angehalten hat und dies jedenfalls ein zweifelhafter Genuss war. Video: https://vimeo.com/341216453

Seltsames Gutachten von Adelheid Kastner

Richter Graf stütze sich auf Gutachterin Adelheid Kastner, die den Angeklagten zwar als manipulativ und inhuman beschreibt, aber trotz des schier unglaublichen Fehlverhaltens gegenüber den Opfern und PatientInnen eine Persönlichkeitsstörung ausschloss. “Wir hatten schon lange kein Vertrauen mehr in die steirische Justiz und wollten, dass dieses Strafverfahren in ein anderes Bundesland verlegt wird, was leider abgelehnt wurde.”, so Dr. L.s Kinder. “ Wir selbst sind ohnehin für unser Leben gezeichnet. Doch dieses Urteil empört zurecht viele Menschen, die bisher geglaubt haben, dass es eine unabhängige Justiz gibt und dass Kinder in diesem Land nicht einfach straffrei gequält werden dürfen”.

Details: https://www.ots.at/pressemappe/30219/geschwister-lopatka

Trailer zur geplanten Doku: https://vimeo.com/347281735

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