Bundesrat gegen Ausweitung der Regelungen für den Online-Handel auf den klassischen Warenhandel

EU-Ausschuss erwägt Subsidiaritätsrüge

Wien (PK) - Äußerst kritisch bewerteten die Bundesrätinnen und Bundesräte im heutigen EU-Ausschuss der Länderkammer den Vorschlag der EU, den Anwendungsbereich des ursprünglichen Entwurfs zur Harmonisierung der Bestimmungen zum Online-Handel auf den klassischen Warenhandel auszudehnen. Die Kommission reagiere damit auf interinstitutionelle Gespräche und berücksichtige die Erkenntnisse der Eignungsprüfung und der Folgenabschätzung, die vom Europäischen Parlament durchgeführt worden sei, argumentiert man seitens der EU. Mit den Worten "Unfug" (Stefan Schennach - SPÖ/W) und "unverhältnismäßig" (Edgar Mayer - ÖVP/V) kommentierten die Bundesräte den Vorstoß. Man kam daher auch überein, die Materie nochmals auf die Tagesordnung des nächsten EU-Ausschusses zu setzen und eine Subsidiaritätsrüge auszuarbeiten.

Mit der genannten "Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels" beabsichtigt die EU im Wesentlichen, ein neues Gewährleistungsregime für den Warenkauf einzuführen. Das würde den Großkonzernen zugutekommen, die Klein- und Mittelbetriebe würde das überfordern, so die allgemeine Befürchtung. Zudem mache der Online-Handel derzeit nur 8,6% des gesamten Handels aus. Die EU versuche, ein europäisches Zivilgesetzbuch zu implementieren, hieß es aus dem Justizministerium. Der weitreichende Ausbau des Konsumentenschutzes werde mittelfristig Auswirkungen auf die Preise haben, befürchtet man. In der EU verfüge man derzeit über ein europäisches Regime, das eine zweijährige Gewährleistungsfrist vorsieht, und die habe sich als sehr tauglich erwiesen.

Nach Meinung der Kommission wiederum sollen dadurch KonsumentInnen europaweit in den Genuss eines hohen Verbraucherschutzniveaus kommen. Gleichzeitig soll es Unternehmen leichter gemacht werden, Waren grenzüberschreitend zu verkaufen. Damit würde ein vollharmonisiertes Instrument geschaffen, was dazu führt, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung in innerstaatliches Recht auch nicht zugunsten der KonsumentInnen von den Regelungen der Richtlinie abweichen können. Vorgesehen ist eine Beweislastumkehr von zwei Jahren (bisher sechs Monate), die Möglichkeit der Wandlung auch bei geringfügigen Mängeln und ein Recht der KonsumentInnen auf Zurückbehaltung des Kaufpreises bei Vorliegen von Mängeln.

Wie der Vertreter des Justizministeriums erläuterte, wollte die EU ursprünglich mit zwei Richtlinien aus dem Jahr 2015 zur digitalen Agenda zivilrechtliche Fragen zur Bereitstellung digitaler Inhalte einerseits und zum Online-Handel sowie zum Fernabsatz andererseits ein gemeinsames europäisches Kaufrecht schaffen, was jedoch am Widerstand einzelner Mitgliedstaaten gescheitert ist.

Die Infragestellung von zwei unterschiedlichen Formen des Gewährleistungsrechts - einerseits für den Online-Handel und andererseits für den klassischen Warenhandel - sei zwar grundsätzlich berechtigt, der richtige Weg wäre aber gewesen, den ursprünglichen Entwurf gänzlich zurückzuziehen und einen neuen Vorschlag vorzulegen, erklärte der Experte. Die Kommission habe aber den vollharmonisierten Vorschlag genommen und den Anwendungsbereich auf jedes Geschäft ausgedehnt. Dem stehe das Justizministerium äußerst kritisch gegenüber, da die Folgenabschätzung für diese weitreichende Ausweitung fehlt sowie die Erfordernisse nicht berücksichtigt werden, die der Handel mit sich bringt. So sei vor allem auch die Verlängerung der Beweislastumkehr von sechs Monate auf zwei Jahre zu hinterfragen. Die Gewährleistungsfrist von zwei Jahren bleibe ohnehin unangetastet, hielt er fest. In die gleiche Kerbe schlugen die VertreterInnen des Wirtschaftsministeriums und der Wirtschaftskammer.

Der Bundesrat hat den ursprünglichen Richtlinienentwurf in Bezug auf den Online-Handel bereits im März 2016 diskutiert (siehe Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr.217/2016 und 304/2016) und dazu auch eine Mitteilung nach Brüssel geschickt. "Das Gewährleistungsrecht ist im UnternehmerInnen-VerbraucherInnen-Bereich durch die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie ohnehin bereits mindestharmonisiert, sodass der von dieser Richtlinie inhaltlich abweichende Vorschlag für ein spezifisches Gewährleistungsregulativ zu einer unnötigen und sehr bedenklichen Rechtsfragmentierung führen würde", argumentierten bereits damals die LändervertreterInnen. Außerdem bestanden und bestehen große Vorbehalte gegenüber dem Vollharmonisierungsansatz. Man gab damals auch zu bedenken, dass die Verhandlungen zur Verbraucherrechte-Richtlinie deutlich gemacht haben, dass die Vorschriften über die Gewährleistung aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten und Institutionen nicht sinnvoll vollharmonisiert werden konnten. In diesem Sinne haben die Bundesrätinnen und Bundesräte davor gewarnt, dass die Kommission beabsichtigt, den Richtlinienentwurf auch auf den klassischen stationären Einzelhandel auszudehnen.

Die Wortmeldungen im Ausschuss heute bekräftigten diese Kritik. Hinter dieser Vorgangsweise müsse etwas dahinterstecken, fasste Bernhard Rösch (FPÖ/W) seine Skepsis zusammen. Es könne nicht alles unter den Online-Handel subsumiert werden, meinte Edgar Mayer (ÖVP/V), sein Fraktionskollege Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) befürchtete Nachteile für die KonsumentInnen. Auch Stefan Schennach (SPÖ/W) stellte fest, die Gewährleistung des Online-Handels könne man nicht 1:1 über den klassischen Warenhandel stülpen. Das Prinzip der Beweislastumkehr ist aber für ihn nicht verhandelbar, über die Dauer könne man reden. Wolfgang Beer (SPÖ/W) ortete ebenfalls noch viel Diskussionsbedarf, er pochte aber auf einen gut funktionierenden Konsumentenschutz. Der Konsument müsse sich darauf verlassen können, ordentliche Produkte zu bekommen, sagte er. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) jan

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