Bundesrat: ÖVP und FPÖ warnen vor zu viel Bürokratie bei EU-Regelung atypischer Arbeitsverhältnisse

ÖVP und FPÖ beschließen Antrag auf Mitteilung, SPÖ-Antrag abgelehnt

Wien (PK) - Der Vorschlag der EU-Kommission zur Regelung atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse (Änderung der Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen) stößt weiterhin auf geteilte Meinung im Bundesrat. Der EU-Ausschuss der Länderkammer schickte heute mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ dazu eine Mitteilung nach Brüssel, in der die beiden Fraktionen ihre Bedenken zusammenfassen. Die SPÖ unterstützt hingegen die EU-Initiative. Ihr diesbezüglicher Antrag auf Mitteilung fand jedoch nicht die erforderlich Mehrheit.

Österreich gegen Arbeit auf Abruf

Die Vorlage war bereits am 13. März Thema im Ausschuss (siehe Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr. 260/2018), wobei auch damals die Meinungen zwischen SPÖ einerseits und den Regierungspartnern ÖVP und FPÖ andererseits auseinandergingen. Konsens herrschte aber darüber, dass atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse keine wünschenswerte Entwicklung darstellen und Arbeitnehmerschutz wichtig sei, wie dies Edgar Mayer (ÖVP/V), Stefan Schennach (SPÖ/W) und Monika Mühlwerth (FPÖ/W) explizit unterstrichen. Vor allem sollte es keine Beschäftigungsverhältnisse auf Abruf beziehungsweise Null-Stunden-Verträge geben, so die einhellige Meinung.

Auch das Wirtschaftsministerium sieht derartige Verträge äußerst kritisch und befürchtet, dass derartige Null-Stunden-Verträge durch den Kommissionsvorschlag eine gewisse Legitimation erfahren. Aus österreichischer Sicht sind auf jeden Fall Arbeitszeiten zu vereinbaren, wie die zuständige Beamtin des Ressorts unterstrich. Sie zeigte sich jedoch in dieser Hinsicht nicht allzu optimistisch und meinte, es sei jedenfalls anzustreben, dass die Mitgliedsstaaten nicht gezwungen werden, Null-Stunden-Verträge vorzusehen.

Die Materie kam auch deshalb noch einmal auf die Tagesordnung des Ausschusses, weil man Gespräche mit den Sozialpartnern auf EU-Ebene abwarten wollte. So habe es Annäherungen bei der Mehrfachbeschäftigung gegeben, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium, im Hinblick auf eine Begrenzung sollen etwa auch gesundheitliche Gründe geltend gemacht werden können. Bei allen anderen Punkten hätten die Sozialpartner jedoch keine Einigung erzielen können. Problematisch aus heimischer Sicht bleiben die Verfahrensvorschriften und die Kündigungsbestimmungen inklusive der Beweislastumkehr. Zur umstrittenen Definition des ArbeitnehmerInnenbegriffs liegen noch sehr viele unterschiedliche Vorschläge vor, sodass aus jetziger Sicht auch diesbezüglich noch keine Einigung in Sicht ist.

ÖVP und FPÖ plädieren für weniger Bürokratie und mehr Flexibilität

Die ArbeitnehmerInnen haben ein Recht auf bessere Information, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Transparenz, machte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (ÖVP/V) klar, der Entwurf berge aber zu viele bürokratische Hürden in sich. Man müsse aufpassen, dass sich angesichts zu vieler Vorschriften UnternehmerInnen veranlasst sehen, niemanden mehr einzustellen, warnte Monika Mühlwerth (FPÖ/W), denn damit wäre der Sache nicht gedient.

Die ÖVP-FPÖ-Mehrheit im Ausschuss stößt sich insbesondere daran, dass die Richtlinie auch für Selbständig Erwerbstätige geltend sein soll, was stark in die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen eingreifen würde. Außerdem stellen die LändervertreterInnen die Sinnhaftigkeit zahlreicher neuer Informationspflichten und Mindestbedingungen in Frage. So soll der Arbeitgeber am ersten Tag des Beschäftigungsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine schriftliche Information über dessen Arbeitsbedingungen zukommen lassen. Die Streichung der derzeit übliche Frist von zwei Monaten würde dem nationalen Gesetzgeber jeglichen Handlungsspielraums nehmen, so die Kritik. Ebenso will die EU vorschreiben, dass auch Änderungen im Arbeitsverhältnis spätestens an dem Tag des Wirksamwerdens der Änderung übergeben werden müssen, was aus Sicht des Bundesrates einschränkend wäre und eine Mehrbelastung durch höhere Bürokratie zur Folge hätte. Abgelehnt wird zudem die zwingende Beweislastumkehr zu Ungunsten des Arbeitgebers, da dies in keiner Weise auf nationale Bedingungen Rücksicht nehme. Die ÖVP-FPÖ-Ausschussmitglieder sprechen sich in diesem Zusammenhang für eine flexiblere Lösung aus. In vielen Bereichen sei aufgrund der guten sozialpartnerschaftlichen Regelungen eine elastischere Handhabung dieser zwingenden Beweislastumkehr wichtig, meinen sie.

Ähnlich sieht dies auch die Wirtschaftskammer, deren Vertreterin unterstrich, dass Vollzeitdienstverhältnisse noch immer 40% ausmachen und bei der Teilzeit ein hohes Schutzniveau herrsche. Man stehe einer Modernisierung der Richtlinie nicht im Wege, sagte sie, diese dürfe aber nicht mehr Bürokratie mit sich bringen.

SPÖ unterstützt Initiative der EU-Kommission

Im Gegensatz dazu begrüßt die SPÖ den EU-Vorschlag ausdrücklich, zumal der Anteil an atypischen Beschäftigungsverhältnissen im Jahr 2016 bereits ein Viertel aller Arbeitsverträge betraf und mehr als die Hälfte der in den letzten zehn Jahren neu geschaffenen Arbeitsplätze atypisch waren. Stefan Schennach (SPÖ/W) wies auch darauf hin, dass vor allem der Anteil der jüngeren ArbeitnehmerInnen im Alter von 20 bis 30 Jahren mit befristeten oder sonstigen Verträgen oder auch keinem Vertrag doppelt so hoch ist wie bei den älteren ArbeitnehmerInnen.

Konkret unterstützen die SPÖ-BundesrätInnen im Sinne der europäischen Säule sozialer Rechte den verbesserten Zugang der ArbeitnehmerInnen zu Informationen über ihre Arbeitsbedingungen, ferner das Ziel, die Arbeitsbedingungen allgemein zu verbessern und die entsprechenden Normen auch effektiver durchsetzen zu können. Sie sprechen sich auch für eine größere Transparenz unter Vermeidung eines unnötigen Aufwands für die Unternehmen aus. Die im Vorschlag enthaltenen Mindestanforderungen bewerten die SPÖ-BundesrätInnen wie auch die Arbeiterkammer als einen Schritt in die richtige Richtung, halten diese aber für viel zu wenig ambitioniert. Sie drängen daher darauf, prekäre Beschäftigungen gänzlich zu untersagen beziehungsweise zurückzudrängen und fordern ein neues soziales Aktionsprogramm inklusive verbindlicher sozialer Mindeststandards auf hohem Schutzniveau. Die SozialdemokratInnen unterstützen ausdrücklich die Verpflichtung, ArbeitnehmerInnen über Modalitäten und die Vergütung von Überstunden bereits im Vorfeld zu unterrichten, Arbeit auf Abruf lehnen sie kategorisch ab.

Die Vorschläge der EU-Kommission

Das übergeordnete Ziel der vorgeschlagenen Richtlinie ist laut Kommission, sichere und verlässliche Beschäftigung zu fördern und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarkts zu erhalten sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Um dieses zu erreichen, soll der Zugang der ArbeitnehmerInnen zu Informationen, etwa hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen, erleichtert und die Arbeitsbedingungen vor allem in neuen und atypischen Beschäftigungsverhältnissen verbessert werden. Angestrebt wird auch die tatsächliche Durchsetzung der Bestimmungen für die Arbeitsbedingungen. Das Papier sieht etwa die Angleichung des Begriffs ArbeitnehmerIn an die Rechtsprechung des EuGH sowie die Aufnahme neuer Beschäftigungsformen in den Geltungsbereich der Richtlinie vor. Es soll auch ein schriftliches, erweitertes und aktualisiertes Informationspaket für die ArbeitnmeherInnen geben -etwa bezüglich der Probezeit, der Kündigung oder der Fortbildung -und zwar gleich ab dem ersten Tag und nicht, wie bisher innerhalb von zwei Monaten ab Beschäftigungsbeginn. Strittig in den Verhandlungen ist auch die Verpflichtung der ArbeitgeberInnen, auf Ersuchen der ArbeitnehmerInnen über das Vorhandensein sicherer und verlässlicher Arbeitsverhältnisse schriftlich zu informieren.

ArbeitnehmerInnen sollen sich in Hinkunft auch auf neue Mindestrechte stützen können, darunter unter anderem auf das Recht auf bessere Planbarkeit der Arbeitszeit, das Recht auf Ruhepausen und bezahlten Urlaub sowie das Recht auf verpflichtende Fortbildung ohne Lohnabzug. Die Höchstdauer der Probezeit soll sechs Monate betragen. Auch soll der Arbeitgeber in Hinkunft eine Mehrfachbeschäftigung nicht mehr verbieten dürfen.

Ein weiterer Aspekt des Vorschlags betrifft die Stärkung des Rechtsschutzes. ArbeitnehmerInnen sollen von den ArbeitgeberInnen verlangen können, schriftliche stichhaltige Gründe für eine Kündigung oder eine vergleichbare Maßnahme anzuführen. Geht es nach der Kommission, wird die Beweislastumkehr gelten. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan

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