Corona-Krise am Wiener Arbeitsmarkt: Jetzt braucht es gezielte Lösungsansätze und die Expertise von sozialintegrativen Unternehmen

Wie Re-Integration in den Arbeitsmarkt funktionieren kann, zeigen 21 Erfolgsgeschichten, die im neuen Buch „ChancengeberInnen“ von arbeit plus Wien vorgestellt werden.

Wien (OTS) Über 170.000 Arbeitslose gibt es derzeit in Wien (inklusive 22.000 Personen in Schulung), davon sind gut 74.000 bereits mehr als ein Jahr auf Jobsuche. Besonders die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Frauen ist deutlich gestiegen: 33.363 suchen seit mehr als einem Jahr einen neuen Job – das sind um gut ein Fünftel mehr als noch im August 2019. Die Zahlen zeigen, dass die Corona-Krise Frauen besonders hart trifft: Sie sind häufig in systemrelevanten Berufen tätig und leisteten während des Lockdowns Außerordentliches. Viele stemmten den Großteil des Homeschoolings neben der Berufstätigkeit – und zahlreiche Frauen verloren dennoch ihren Job. Und: viele junge Frauen bekamen durch die Krise bisher nicht die Möglichkeit, im Beruf Fuß zu fassen oder eine Lehrstelle zu finden.

Damit sich Arbeitslosigkeit nicht verfestigt, ist es jetzt essenziell, Arbeitsuchende rasch mit gezielten Maßnahmen zu unterstützen. Swantje Meyer-Lange, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus Wien: „Durch das fast vollständige Erliegen des Städte- und Kongresstourismus sind gerade in Wien viele Jobs verloren gegangen. Um die Betroffenen wieder in Arbeit zu bringen, braucht es den Ausbau von Angeboten im Bereich geförderte Beschäftigung, Arbeiten & Lernen, Beratung und Betreuung sowie Qualifizierung. Speziell für Frauen sind Qualifizierungsoffensiven in zukunftsträchtigen Branchen wie Technik und Digitalisierung sowie Klima und Ökologisierung notwendig. Dieser Ansatz kann den bestehenden Ungleichheiten am Arbeitsmarkt entgegenwirken – Stichwort Gender Pay Gap und Gender Pension Gap.“

Hanke: „Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig in der Gleichstellungspolitik keinen Millimeter nachzulassen“

Als unabdingbar bezeichnet Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke es, die von der Corona-Krise besonders betroffenen Frauen zu stärken und ihre Arbeitsmarktchancen zu verbessern. „Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig in der Gleichstellungspolitik keinen Millimeter nachzulassen. Denn in Zeiten der Krise besteht immer auch die Gefahr, dass gerade Frauen aus dem Erwerbsleben gedrängt werden, ihre beruflichen Chancen insgesamt schwinden“, erklärt Hanke. „So wollen wir mit dem 17 Millionen Euro schweren Wiener Corona-Ausbildungspaket gerade auch Mädchen und jungen Frauen durch bestmögliche Ausbildung neue Berufschancen auch jenseits der Rollenklischees geben.“

Um dem aktuellen Wirtschaftseinbruch zu begegnen, wird aktive Arbeitsmarktpolitik in Wien zweifellos zu einem der entscheidenden politischen Themenbereiche und Handlungsfelder der kommenden Jahre. Eine beherzte, umfassende Beschäftigungspolitik kann zur Bewältigung bzw. Abwendung der sozialen und wirtschaftlichen Krise beitragen. Hanke betont: „Die Wienerinnen und Wiener können sich darauf verlassen, dass wir ihnen gerade auch in dieser schwierigen Zeit den Rücken stärken.“ Hanke verweist dabei auf die Corona-Hilfspakete mit einmal 150 Mio. Euro und weiteren 50 Mio. Euro, die Wien in Summe bereitgestellt hat, damit die Wirtschaft und ihre Beschäftigten gut durch die Krise kommen.

Als wichtige Initiative, die gerade auch Frauen vor Altersarmut schützt, bezeichnet Hanke die Joboffensive 50plus von Bürgermeister Michael Ludwig, die jetzt um 1.000 neue Stellen aufgestockt wird. „Mit speziellen Programmen des waff stärken wir darüber hinaus Frauen im Beruf mit Beratung und Geld für Weiterbildung. Das gilt auch für einen guten Wiedereinstieg nach der Babypause. Alleine heuer nehmen wir 8 Millionen Euro in die Hand um rund 3.000 Frauen für bessere Jobchancen zu unterstützen“, unterstreicht er. Beim waff Programm Jobs PLUS Ausbildung für Arbeitslose mit Schwerpunkt im Bereich Sozial- und Pflegeberufe aber etwa auch IT-Berufe sollen Frauen noch gezielter angesprochen werden. „Für alle, die sich derzeit Sorgen um ihren Job machen, ist der waff jedenfalls die richtige Adresse“, weiß der Wiener Wirtschaftsstadtrat.

Draxl: „Für Frauen ist es wichtig, rasch wieder in Arbeit oder Ausbildung zu kommen“

Das AMS ist in der Pandemie-Krise mehrfach gefordert: Innerhalb kurzer Zeit waren mehrere zehntausend Kurzarbeits-Anträge abzuwickeln, um möglichst viele Jobs zu erhalten. Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit im Lockdown sozusagen über Nacht um ein Drittel hinaufgeschnellt, und natürlich waren unterschiedliche Zielgruppen in unterschiedlicher Weise betroffen.

„Wir haben im Lockdown sehr rasch gesehen: Jene Berufe, die weiter funktionieren mussten und weiter funktioniert haben, weil sie in der Krise dringend gebraucht wurden, waren traditionell weibliche Berufe, etwa im Gesundheitsbereich oder im Einzelhandel“, sagt AMS-Wien-Chefin Petra Draxl. In der Statistik hat diese Zäsur die Frauenarbeitslosigkeit daher nicht stärker in die Höhe getrieben als die Gesamtarbeitslosigkeit. Draxl: „Bei näherer Betrachtung stellen wir aber fest: Lockdown und Quarantäne belasten sowohl arbeitslose als auch berufstätige Frauen überproportional, weil Kinderbetreuung und Homeschooling in den allermeisten Fällen an ihnen hängen.“

Aus dieser Ausgangsposition ist es für Frauen dann sehr oft schwieriger, wieder in eine Beschäftigung zu kommen, nachdem sie einen Job verloren haben. „Uns ist jetzt wichtig, Frauen zu unterstützen, rasch wieder hinaus zu kommen, in eine Arbeit oder eine Ausbildung. Je länger sie zu Hause sind, desto schwieriger wird es, wieder ins Berufsleben zurückzufinden.“

Swantje Meyer-Lange kann sich dieser Aussage nur anschließen: „Eine Frau, die gleich Beginn zu der Corona-Krise arbeitslos wurde, ist jetzt schon ein halbes Jahr arbeitslos. Hier stellen sich rasch Symptome von Langzeitarbeitslosigkeit ein und die Reintegration wird schwieriger. Wir müssen jetzt handeln: Die Uhr tickt.“

Sozialintegrative Unternehmen und Wirtschaftsbetriebe als ChancengeberInnen

Schon lange sind sozialintegrative Betriebe sehr erfolgreich bei der Vermittlung von Arbeitsuchenden an Wirtschaftsbetriebe. Damit schaffen sie Chancen für Menschen, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind und manchmal „einfach übersehen“ werden. Wie zum Beispiel Adriana Deliallisi, eine der „Erfolgsgeschichten“ aus dem neuen Buch „ChancengeberInnen – Von Menschen, die eine neue Jobchance bekommen, und denen, die sie dabei unterstützen.“ Sie hatte potenziellen ArbeitgeberInnen wirklich viel zu bieten: eine tolle Ausbildung, mehrere Sprachen, langjährige Arbeitserfahrung im Ausland. Dennoch ließen sich viele Firmen die Chance entgehen, von ihren Erfahrungen zu profitieren.

Unterstützung fand sie in einem Sozialen Unternehmen, das Langzeitbeschäftigungslose befristet beschäftigt, schult, individuell berät und vermittelt. Eine absolute Win-Win-Situation: Die Arbeitsuchenden erhalten eine Jobchance und die ArbeitgeberInnen profitieren von der passgenauen Vorauswahl. Die zukünftigen MitarbeiterInnen werden zielgerichtet auf die spezifischen Herausforderungen ihrer künftigen Arbeitsplätze vorbereitet. Weitere Vorteile sind die Beratung zu Fördermöglichkeiten durch das AMS und auf Wunsch Begleitung der neuen MitarbeiterInnen in den ersten Arbeitswochen. Bernadette Stowasser, Gebietsleiterin bei denn’s Biomarkt, arbeitet mit dem Wiener Hilfswerk zusammen und schätzt besonders die Vorauswahl der MitarbeiterInnen und die Möglichkeit des Praktikums: „Da können beide Seiten feststellen, ob sie zueinander passen.“ Sie beschäftigt auch gerne MitarbeiterInnen über 50, weil sie Lebenserfahrung und „mehr Ernsthaftigkeit im Job“ mitbringen. Wolfgang Tobler, Leiter Guest-Service Kunsthistorisches Museum, verlässt sich bei der Personalauswahl auf die Expertise von Job-TransFair. „Zusätzlich werden wir beim Einstieg unterstützt, etwa mit Auffrischungskursen oder Grundausbildungen, und es ist ein langer Erprobungszeitraum möglich.“

Insgesamt berichten im neuerschienenen Buch 21 ehemals Arbeitsuchende von den vielfältigen Hindernissen auf dem Weg (zurück) in den Job, von Sorgen und Nöten – und von den Chancen, die sie bekamen. Die Geschichten machen deutlich, dass viele Arbeitslose und ihre zukünftigen ArbeitgeberInnen Unterstützung und den richtigen Anstoß von außen brauchen, um einander zu finden – eine Leistung der Sozialen Unternehmen, die unverzichtbar für Wien ist.

„Gerade in der derzeitigen Arbeitsmarktsituation sind die Wiener sozialintegrativen Betriebe und ihr Dachverband arbeit plus Wien wichtige Faktoren bei der Bewältigung der Corona-bedingten Krise. Sie stellen ihre Erfahrung und ihre Expertise gerne zur Schaffung und Umsetzung von neuen Angeboten für arbeitsuchende Menschen zur Verfügung“, erklärt Swantje Meyer-Lange abschließend.

arbeit plus. Dachverband – Soziale Unternehmen Wien
Der Dachverband vertritt seit 2001 Wiener Organisationen, die langzeitbeschäftigungslose Menschen beraten, qualifizieren und beschäftigen. Über 30.000 nutzen diese Angebote jährlich. Die Interessenvertretung repräsentiert knapp 60 Betriebe und Beratungseinrichtungen, hinter denen 32 Trägerorganisationen stehen.

Rückfragen & Kontakt:

Mag.a Eva Schober, Öffentlichkeitsarbeit & PR
Taborstraße 24/18, 1020 Wien; www.arbeitplus-wien.at
Tel. 01-720 38 80-15; 0664 811 92 02
Mail: e.schober@arbeitplus-wien.at

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