Digitaler Binnenmarkt: Aussprache mit EU-Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip im Parlament

Vorhaben der EU-Kommission und Digitalisierungsfortschritt in Österreich als zentrale Themen

Wien (PK) - Mandatare des Nationalrats und des Bundesrats trafen heute im Parlament mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission für den digitalen Binnenmarkt, Andrus Ansip, zu einer Aussprache zusammen. Den Schwerpunkt des Gesprächs bildete das Portfolio des für den digitalen Binnenmarkt zuständigen Vizepräsidenten. Vor allem ging es um einen Austausch zur Strategie der EU, zum Stand der Digitalisierung und zum weiteren Fahrplan auch hinsichtlich der österreichischen Entwicklungen in diesem Bereich.

Den Vorsitz führte der stellvertretende Ausschussvorsitzende des EU-Ausschusses des Bundesrats, Stefan Schennach (SPÖ). Neben den Bundesräten Mario Lindner (SPÖ) und Reinhard Pisec (FPÖ) nahm Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger (ÖVP) an der Aussprache teil.

Strategie der EU-Kommission für den digitalen Binnenmarkt

Die Europäische Kommission hat sich seit Mai 2015 mit der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt umfangreiche Legislativvorschläge und politische Initiativen vorgenommen. Anfang Mai 2017 wurde nun eine Halbzeitbewertung der bisherigen Fortschritte veröffentlicht, in der die Kommission zugleich zur zügigen Annahme der wichtigsten Vorschläge aufruft und anstehende Herausforderungen benennt. In drei Hauptbereichen seien die nächsten Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich, und zwar zur Ausschöpfung des vollen Potenzials der europäischen Datenwirtschaft, im Bereich der Cybersicherheit und zur Förderung der Online-Plattformen als verantwortungsvolle Akteure in einem fairen Ökosystem des Internets. Außerdem befasst sich die Kommission etwa mit der Notwendigkeit weiterer Investitionen in digitale Infrastrukturen und Technologien. Beispielsweise Hochleistungsrechnersysteme würden die Möglichkeiten einzelner Mitgliedsstaaten bei weitem überstiegen, so die Kommission.

Ansip: Digitaler Binnenmarkt für Europas Zukunft

All diese Maßnahmen seien für Europas Zukunft von zentraler Bedeutung, unterstrich der für den digitalen Binnenmarkt zuständige EU-Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip. Ein reibungslos funktionierender digitaler Binnenmarkt würde dazu beitragen, dass in ganz Europa neue Arbeitsplätze entstehen und die Wirtschaft und Innovation in Gang kommen. Ansip verwies auf eine Reihe auf EU-Ebene bereits umgesetzter Erfolge, wie etwa die Abschaffung der Roaminggebühren ab 15. Juni 2017. Zum Thema Datenschutz gebe es unterschiedliche gesetzliche Rahmen in den Mitgliedsstaaten, so der EU-Kommissions-Vizepräsident für Digitalisierung. Die Wirtschaft der Zukunft sei aber auch eine der Datenwirtschaft. Einerseits gelte es, Daten zu schützen, andererseits sei beispielsweise für E-Health-Anwendungen der freie Datenfluss wichtig. Er hofft auf Unterstützung der Mitgliedsstaaten, in Richtung freier Datenfluss weiterzugehen.

Bundesrat Schennach unterstrich zwar die Bedeutung und Chancen betreffend den Digitalen Binnenmarkt, äußerte aber auch Bedenken hinsichtlich zukünftiger Jobsituationen und sozialer Absicherung, wenn es infolge der Digitalisierung immer weniger Arbeitsplätze und SteuerzahlerInnen gibt. Er glaube jedenfalls fest an den Fortschritt, unterstrich Andrus Ansip dazu, und dieser erzeuge immer mehr Jobs, als er zerstöre. Neue Entwicklungen, ebenso wie digitale Kompetenzen, müssten entsprechend unterstützt werden. Die Geschwindigkeit sei hoch, der Wettbewerb sei global, aber Österreich sei in einer guten Position, zeigte sich Ansip überzeugt.

Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger bekannte sich seinerseits zu Europa, dem Binnenmarkt und dem freien Handel, sieht aber die Entwicklung der marktbeherrschenden Stellung der großen Plattformen kritisch. Während die Wertschöpfung in den Nationalstaaten erfolge, laufen die Gewinne und Steuern dieser Unternehmen in Niedrigsteuerländer. Bundesrat Reinhard Pisec sieht hier vor allem amerikanische Player und Finanzierungen im Vordergrund. Die Steuern sollten dort eingehoben werden, wo Gewinne gemacht werden, sagte dazu Ansip, dies sei aber vielmehr eine Frage der steuerlichen Regelungen. Es gehe ihm insgesamt um gleiche Bedingungen in der gesamten EU. Etwa bei Plattformen gestalten sich diese insofern schwierig, weil man hier bei unterschiedlichen Typen von Plattformen vor unterschiedlichen Herausforderungen stehe und nicht alle mit einer einzigen Regel lösen könne.

Das betreffe auch das Thema Hate-Speech. Man müsse hier die unterschiedlichen Plattformen analysieren und step-by-step Lösungen finden, so der EU-Kommissions-Vizepräsident für Digitalisierung. Innovation dürfe nicht verhindert werden, man müsse sich aber auch ansehen, wo es zu unfairen Wettbewerbsbedingungen komme. In Europa wären zudem für Start-ups die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese wachsen können. Darum gehe es auch in der Strategie für den digitalen Binnenmarkt. Und die USA hätten eben schon wesentlich früher wesentlich mehr investiert, sagte er in Richtung Pisec, in Europa stehen diese Maßnahmen und Investitionen jetzt an.

Stand der Digitalisierung in Österreich

Zum Stand der Digitalisierung in Europa 2017 insgesamt liegt der Europe's Digital Progress Report (EDPR) mit allen Länderprofilen der Mitgliedsstaaten vor. Dabei wurden quantitative Daten des Digital Economy and Society Index (DESI) mit qualitativen Informationen zur Politik des jeweiligen Landes verknüpft. Österreich nimmt dabei unter den 28 EU-Mitgliedstaaten wie im Vorjahr den 10. Platz ein. Die Digitalisierungsfortschritte entsprechen etwa dem EU-Schnitt. Bei den digitalen öffentlichen Diensten (E-Government) und beim Humankapital (digitale Kompetenzen) schneidet Österreich im Bericht besonders gut ab, dies strich auch Andrus Ansip heute positiv hervor. Über dem EU-Durchschnitt liegt auch die Integration der Digitaltechnik durch österreichische Unternehmen, auch wenn hier weniger Fortschritte erzielt wurden. Die Konnektivität (Netzinfrastruktur) erreicht trotz günstiger Breitbandpreise genau den Durchschnittswert. Unterdurchschnittlich ist einzige die Nutzung von Internetdiensten, obwohl Online-Einkäufe und Online-Banking verhältnismäßig weit verbreitet sind. Vor allem Videoanrufe, aber auch Soziale Netzwerke werden hier weniger genutzt. An nationalen österreichischen Strategien werden im Bericht etwa die "Digital Roadmap Austria" mit einer umfassenden Übersicht über Herausforderungen und geplanten Maßnahmen, sowie das Regierungsprogramm 2017/18, das die Digitalisierung als eine der wichtigsten Prioritäten beinhaltet, hervorgehoben.

Grundsätzlich seien Digitale NutzerInnen, die nicht mehr zu früheren Medien zurückgehen wollen, nicht nur junge Menschen, sagte Andrus Ansip. Man müsse insgesamt mehr digitale Möglichkeiten für die Vielzahl der Menschen schaffen, die mittlerweile das Internet voll in ihr Leben integriert haben, meinte er zu konkreten Möglichkeiten der Weiterentwicklung von E-Government, etwa im Hinblick auf E-Voting.

Er sprach Österreich expliziten Dank für die bisherige Unterstützung in digitalen Fragen aus. Bundesrat Stefan Schennach hatte zuvor auf die Digitale Agenda der österreichischen Regierung und die bisherigen Maßnahmen, etwa um den digitalen "Gap" zwischen städtischem und ländlichem Raum zu schließen, hingewiesen. Schennach und Pisec hoben speziell auch die hohe Bedeutung der flächendeckenden Breitbandversorgung hervor. Hier sei die bisherige Breitbandförderung trotz der Fortschritte aber noch nicht ausreichend, so Pisec.

Abschließend regte Stefan Schennach gegenüber dem aus Estland stammenden Ansip eine Fortsetzung der Diskussion auf breiterer Ebene an. Er schlug vor, für den kommenden EU-Ratsvorsitz Estlands mit einem Digitalisierungs-Schwerpunkt eine interparlamentarische Konferenz zum Thema anzudenken. (Schluss) mbu

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