EU braucht mehr gemeinsame Lösungen

COSAC-Konferenz und Ratsvorsitz Österreichs: Diskussion dreht sich um Thema Migration

Wien (PK) Österreich unterstütze konsequent die Bemühungen des EU-Brexit-Chefverhandlers Michel Barnier, betonte Staatssekretärin im Innenministerium Karoline Edtstadler heute bei der Session 1 der COSAC-Konferenz, der Konferenz der Europaausschüsse der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments unter österreichischem Vorsitz im Austria Center Vienna. Als Ziele umriss sie die Vermeidung eines ungeordneten, „harten Brexits“ und die Wahrung der Einheit der verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten. Der Brexit dominiere derzeit zwar die Aufgabenliste der österreichischen EU-Präsidentschaft, allerdings werden die anderen Themen des Vorsitzes unter dem Motto „Ein Europa, das schützt“ nicht vernachlässigt: der Kampf gegen illegale Migration, die Fortschreibung des digitalen Binnenmarkts, die Stärkung der Nachbarn am West-Balkan, der mehrjährige Finanzrahmen nach 2020 und das Thema Subsidiarität.

Kampf gegen illegale Migration

Im Kampf gegen die illegale Migration verwies Edtstadler auf den informellen Gipfel in Salzburg und den Europäischen Rat im Oktober nach der Trendwende des Europäischen Rates im Juni 2018. Jetzt stünden ein effektiver Schutz der Außengrenzen, die interne und die externe Dimension im Mittelpunkt der Bestrebungen für eine funktionierende Migrationspolitik. In der internen Dimension gehe es um neue Ansätze für die Dublin-Verordnung. „Der österreichische Vorsitz arbeitet seit Juli intensiv an solchen Ansätzen“, versicherte die Staatssekretärin. Auf bilaterale Treffen im Sommer folge nun eine „Tour des Capitales“, Expertentreffen auf hoher Ebene. Einigkeit bestehe im Rat, „dass es einen effektiven Schutz der gemeinsamen „EU-Außengrenze geben muss“, betonte Edtstadler. In Bezug auf den Vorschlag der Europäischen Kommission, die europäische Grenz- und Küstenwache zu stärken, hofft die Staatssekretärin zumindest auf eine Teileinigung bis Jahresende.

In Bezug auf externe Aspekte berichtete Edtstadler über Kontakte mit Ägypten und anderen nordafrikanischen Staaten. Damit solle eine „breiter angelegte Partnerschaft“ angestrebt werden. Die Staatssekretärin wies auf das geplante hochrangige „Forum Afrika-Europa“ am 18. Dezember 2018 in Wien hin. Auch in puncto Digitalisierung werde in dieser Dimension in nächster Zeit einiges weitergehen, etwa im Bereich der Cybersicherheit, der Interoperabilität zwischen EU-Datenbanken oder im Bereich justizielle Zusammenarbeit das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS).

Digitaler Binnenmarkt

Was den digitalen Binnenmarkt betrifft, würden derzeit Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit angestrebt. „In den letzten Wochen sind hier einige zentrale Vorschläge erfolgreich formell abgeschlossen worden“, sagte Edtstadler. Sie verwies auf die Regelung zum freien Verkehr von nicht personenbezogenen Daten und die Richtlinie zur Bereitstellung audivisueller Mediendienste. Eine Annäherung der Positionen in der Frage einer digitalen Steuer habe es beim informellen Treffen der Finanzminister im September in Wien gegeben. Bis Jahresende sollten „greifbare Ergebnisse“ vorliegen. Einen „Durchbruch“ vermeldete Edtstadler bei mehreren Mehrwertsteuerdossiers.

Gemeinsame Position für Weltklimagipfel

Im Umwelt-Rat einigte man sich auf eine gemeinsame Position zu CO2-Emissionen neuer Pkws und leichter Nutzfahrzeuge. Eine ebenso gemeinsame EU-Position wurde für den kommenden Weltklimagipfel erzielt, der Anfang Dezember in Kattowitz in Polen stattfinden wird. Einen Erfolg berichtete Edtstadler auch im Bereich des Arbeitnehmerschutzes, nämlich die Ausverhandlung zur Karzinogenen II Richtlinie, womit das Verbot von krebserregenden Stoffen am Arbeitsplatz ausgedehnt wird.

Stabilisation am West-Balkan durch Integration

Die Staatssekretärin betonte die Wichtigkeit der politischen Stabilität und eine positive wirtschaftliche Entwicklung der Staaten des Westbalkans bzw. Südosteuropas. Österreich betreibe hier die Verhandlungen intensiv. „Wir hoffen, dass unter österreichischem Vorsitz weitere Verhandlungskapitel mit Serbien und Montenegro eröffnet bzw. geschlossen werden können“, berichtete Edtstadler. Sie betonte auch die Fortschritte in der „Namensfrage“ zwischen Skopje und Athen. Bundekanzler Sebastian Kurz, Edtstadler selbst und EU-Minister Gernot Blümel seien vor allem in letzter Zeit in intensive Gesprächen mit Serbien und dem Kosovo eingetreten.

Mehrjähriger Finanzrahmen

Was den mehrjährigen Finanzrahmen für die Zeit nach 2020 anbelangt, finden seit Juli wöchentlich Sitzungen auf Ebene der Ratsarbeitsgruppen statt. Auch sonst sei das Thema auf der Agenda sämtlicher Gremien. Edtstadler betonte, es sei wichtig, konkrete Ziele für die nächsten sieben Jahre zu definieren und keine Zeit dabei zu verlieren. Realistisch sei es allerdings nicht, dass es dabei noch während des Ratsvorsitzes Österreichs zu einem Abschluss kommen werde. „Uns geht es darum, für das nächste Vorsitzland Rumänien den Boden so gut wie möglich aufzubereiten“, erläuterte die Staatssekretärin.

Subsidiarität als Bauprinzip der EU

Auch das Thema Subsidiarität bezeichnete Karoline Edtstadler als eines der Hauptanliegen. „Wir wollen eine EU, die stark ist bei den großen Herausforderungen, die sich aber in Fragen zurücknimmt, in denen die Mitgliedstaaten oder Regionen selber besser entscheiden können.“ Bei der Konferenz „Subsidiarität als Bauprinzip der Europäischen Union“ vergangene Woche in Bregenz sei diskutiert worden, wie die Rolle der nationalen Parlamente in der Praxis effizienter ausgestaltet werden könnte, wie die regionale und lokale Ebene in die Entwicklungsprozesse besser eingebunden werden können, und wie mehr Transparenz der Legislative erreicht werden kann.

Pros und Contras zur Ablehnung Österreichs des UN-Migrationspakts

Ein Vertreter Rumäniens kündigte an, sein Land werde die Themengebiete aus dem österreichischen Vorsitz weiter vorantreiben. Die Mehrzahl der Wortmeldungen der Delegierten konzentrierte sich jedoch um das Thema Migration. Dabei gab es auch Pros und Contras zur Haltung Österreichs dem UN-Migrationspakt gegenüber. Auf die kritischen Anmerkungen antwortete Staatssekretärin Karoline Edtstadler, die Ablehnung des Paktes sei eine souveräne Entscheidung Österreichs gewesen und habe nichts mit dem Ratsvorsitz zu tun.

Italien und Griechenland unterstützen

In der Diskussion um die Migration allgemein herrschte ebenfalls eine rege Diskussion. Einigkeit herrschte nur darin, dass kein Staat allein die Migrationslage bewältigen kann – auch darin, dass selbst die EU Partner in den Herkunftsländern brauche. Italien und Griechenland betonten, die EU dürfe sie nicht alleine lassen bei der Bearbeitung der Flüchtlinge. Ein Abgeordneter aus Italien führte ins Treffen, dass die Länder entlang der Balkanroute erfolgreich unterstützt würden – „bei der Mittelmeerroute sind wir über Worte noch nicht hinausgekommen“. Er forderte mehr Ressourcen, eine verstärkte Grenz- und Küstenwache, Hotspots für die Erstaufnahme sowie Unterstützung für Rückkehrer. In Richtung der Visegrad-Staaten erinnerte er daran, dass mit der EU-Mitgliedschaft nicht nur Rechte verbunden seien, sondern auch „Pflichten und Verantwortung“. Staatssekretärin Karoline Edtstadler betonte in ihrem abschließenden Statement, Österreich arbeite auf eine Konsens-Lösung hin. Sie setzte große Hoffnung in die angekündigte „Tour des Capitales“.

Mehrere Länder forderten eine Dublin-Reform ein sowie eine Verteilung der Flüchtlinge. Slowenien verlangte die Rückkehr zu den Schengen-Regeln und stellte insbesondere die Grenzkontrollen zwischen Österreich und Slowenien in Frage. Ein schwedischer Mandatar betonte, dass Deutschland, Österreich und Schweden die gesamte Last der Flüchtlinge nicht überlassen werden dürfe. Die EU-Mitgliedstaaten müssten gemeinsam „Schulter an Schulter“ die Situation bewältigen. Nach dem österreichischen EU-Abgeordneten Othmar Karas befindet sich die EU in einem Dilemma: „Wir täten uns leichter, wenn unsere Grundprinzipien außer Streit stünden, etwa die Einhaltung der Charta der Grundrechte, die ökosoziale Marktwirtschaft oder das Diskriminierungsverbot. Aber wir verletzen diese Prinzipien nur allzu oft.“

Fortschritte in West-Balkan-Ländern

Zu der von der österreichischen Ratspräsidentschaft auf die Prioritätenliste gesetzten Integration der West-Balkan-Länder gab es Wortmeldungen großteils von den betroffenen Ländern selbst. Albanien, Serbien, Montenegro und Mazedonien betonten, in ihren Ländern schreite der Werteprozess zügig voran. Sie lobten die Initiativen Österreichs in diesem Bereich. Ein serbischer Mandatar beispielsweise hob hervor, dass sowohl Bundespräsident Alexander Van der Bellen, als auch Bundeskanzler Sebastian Kurz sowie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sein Land besucht haben.

Eine albanische Abgeordnete wies auf die „radikalste Justizreform der Region“ in ihrem Land hin. Ein anderer Vertreter Albaniens betonte, man habe viel getan im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und vor allem ihre Verflechtung mit der Politik. Auch in Montenegro würde die Umsetzung der demokratischen Werte, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte Fortschritte machen. Die Integration der West-Balkan-Länder sei wichtig für die Stabilität der Region und auch für das globale Bild der EU. Ein polnischer Abgeordneter warnte vor Versäumnissen in Südosteuropa. „Das könnte eine Destabilisierung zur Folge haben oder könnte für die Kohäsion der EU gefährlich werden.“

Subsidiarität ein wichtiger Schlüssel

Seitens einiger Abgeordneter wurde auch die Schärfung des Subsidiaritätsprinzips thematisiert. Ein Vertreter Großbritanniens führte die mangelnde Klarheit dieser Grundvoraussetzung der EU als Grund für das negative Votum Englands 2016 an. Ein spanischer Mandatar warnte: „Es gibt keinen größeren Feind für die Wirtschaft als die Rückkehr zum Nationalismus.“ Ein italienischer Delegierter erklärte, die Ergebnisse in Bezug auf die Subsidiarität seien derzeit noch unzureichend. „Wir brauchen eine praktikable Lösung bei der Verteilung der Verantwortlichkeiten.“

Digitalisierung zukunftsweisend

Auch die Digitalisierung wurde als wichtiges Thema erkannt. Ein Mandatar aus Slowenien betonte die Bedeutung der Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Forschung – etwa der Erforschung des menschlichen Genoms. Man müsse an der Interoperabilität der Systeme arbeiten und auch am Datenschutz. Ein französischer Abgeordneter führte ins Treffen, Europa fehle es an Hochleistungsrechnern wie es sie beispielsweise in den USA gebe. Für eine britische Vertreterin ist die Digitalisierung wettbewerbskritisch. Sie verwies auf Konkurrenz insbesondere aus Asien, was die Gebiete Datenmanagement und künstliche Intelligenz betreffe.

Polarisiert hat bei der Konferenz auch die Möglichkeit der Schaffung einer Digitalsteuer. Eine schwedische Abgeordnete sprach sich gegen eine solche aus. Sie berge mehr Risiken mit sich als sie brächte und sie könnte Innovation in kleineren Mitgliedsländern bremsen. Staatssekretärin Edtstadler betonte, es müsse eine gerechte Besteuerung von digitalen und traditionellen Unternehmen geben. (Fortsetzung COSAC) gb

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV.

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