EU entscheidet demnächst über Antibiotikaverbot bei Nutz- und Heimtieren

Tierärzt*innen betonen: „Auch Tiere haben ein Recht auf adäquate Behandlung!“

Wien (OTS) „Sollte sich das Europäische Parlament für ein Antibiotikaverbot bei Heim- und Nutztieren aussprechen, so hätte dies schwerwiegende Folgen für Mensch und Tier“, betont Tierärztekammerpräsident Mag. Kurt Frühwirth, anlässlich der bevorstehenden parlamentarischen Abstimmung, die Mitte September 2021 in Straßburg stattfinden wird.

„Zur Diskussion steht ein weitreichendes Verbot von bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffklassen, die in der Tiermedizin verwendet werden. Dies hätte nicht nur enorme Folgen auf die tiermedizinische Betreuung in der Landwirtschaft und damit die fleischproduzierende Industrie, sondern auch weitreichende Konsequenzen für Konsument*innen sowie auch die Gesundheit von Haustieren“, klärt Frühwirth auf.

Hintergrund der bevorstehenden Entscheidung ist die 2019 verabschiedete (neue) EU – Tierarzneimittelverordnung 2019/6. In einem Nachfolgerechtsakt müssen nun EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament bis zum Inkrafttreten des Gesetzes im Januar 2022 festlegen, welche Antibiotika künftig für den Einsatz beim Menschen vorbehalten und damit für die Tiermedizin verboten werden sollen.

Leider hat der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des EU-Parlaments (ENVI), den auf wissenschaftlicher Expertise basierenden Kommissionsvorschlag abgelehnt, obwohl er mit der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) sowie EFSA, ECDC, OIE und WHO abgestimmt war. Nun muss das Europäische Parlament Mitte September über den Vorschlag abstimmen. Der Antrag sieht vor, den Vorschlag der EU-Kommission dahingehend zu überarbeiten, dass die von der WHO ausschließlich nach humanmedizinischen Gesichtspunkten als kritisch eingestuften Antibiotika nur mehr beim Menschen angewendet werden dürfen. Eine ganze Reihe auch für die Veterinärmedizin und damit für Tiere lebenswichtige Antibiotika, stünden dann nicht mehr zur Verfügung.

Tiere haben ein Recht auf wirksame Behandlung
So könnten bestimmte Infektionserkrankungen nicht ausreichend und effizient behandelt werden, dies hätte auch tierschutzrelevante Folgen. Zudem würde das Verbot dem österreichischen Tierschutzgesetz widersprechen, denn mit § 15 ist die Versorgung von Tieren bei Krankheit oder Verletzung geregelt bzw. vorgeschrieben. Tiere haben damit auch ein Recht auf eine ausreichend wirksame antibiotische Behandlung.

Und selbst der Mensch würde durch dieses Verbot gefährdet werden: Bleiben Zoonosen, also Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können, beim Tier unbehandelt, steigt die Gefahr, dass Menschen ebenfalls daran erkranken. Aus diesem Grund sei bei dieser Diskussion der „One Health“-Ansatz umzusetzen, letzterer sieht die Human- sowie Veterinärmedizin in direktem Zusammenhang.

Veterinär*innen schränken Antibiotikaverbrauch seit Jahren ein
„Wir Tierärzt*innen sind uns der Resistenzproblematik bewusst und haben seit Jahren verschiedene Strategien entwickelt, um den Antibiotikaverbrauch zu reduzieren. Wir haben unter anderem Leitlinien und Verordnungen für Tierärzt*innen festgelegt, davon umfasst sind etwa, Regelungen für den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika, Dokumentationspflichten, Antibiotikaverkaufsmengenerfassung, Kontrollpläne zu Rückständen in Lebensmitteln und Monitoring-Programme,“ sagt Frühwirth und hebt hervor: „In Österreich meldet jede Tierärztin, jeder Tierarzt die jährlich verkaufte Gesamtmenge an Antibiotika zentral bei der AGES ein. Die genaue Abgabeüberprüfung belegt, dass die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere seit Jahren um einen zweistelligen Prozentsatz zurückgegangen ist. Zudem liegt der Antibiotikaverbrauch in der Veterinärmedizin unter jenem in der Humanmedizin.“

Umso unverständlicher sei es, wenn nun ein restriktives Verbot für die Tiermedizin eingeführt werden würde. Auch europaweit sei der Einsatz von Antibiotika bei lebensmittelliefernden Tieren geringer ist als im Humanbereich – dies dokumentiere auch der JIACRA-Report, der am 30. Juni 2021 von ECDC, EFSA und EMA veröffentlicht wurde.

Abschließend betont Frühwirth: „Wenn das Verbot auf EU-Ebene eine Mehrheit findet, dann können wir Tierärzt*innen viele Krankheiten nicht mehr oder nicht mehr adäquat behandeln. Dies hätte weitreichende Folgen für Haustierbesitzer*innen, Pferdehalter*innen sowie auch Landwirt*innen und letzten Endes auch für Konsument*innen. Uns bleibt nur zu hoffen, dass dieser Antrag vom EU-Parlament abgelehnt wird und dem Vorschlag der Kommission Folge geleistet wird.“

Rückfragen & Kontakt:

Mag. Silvia Stefan-Gromen, Österreichische Tierärztekammer,
Abteilungsleiterin Medien & Kommunikation, Tel. 01/ 512 17 66 DW 41
Email: silvia.gromen@tieraerztekammer.at

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