EU-Erweiterung am Westbalkan als Herausforderung für die Parlamente

Paneldiskussion im Rahmen der parlamentarischen Dimension des EU-Ratsvorsitzes

Wien (PK) Wenn es um die Heranführung der Staaten des Westbalkans an die Europäische Union geht, dann sind auch die nationalen Parlamente und das EU-Parlament gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Deutlich wurde dies heute bei einer Paneldiskussion im Parlament, bei der sich der Generaldirektor für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen der EU-Kommission Christian Danielsson, die Abgeordnete der Französischen Nationalversammlung Liliana Tanguy, Europaabgeordneter Michael Gahler sowie Oliver Jens Schmitt, Professor für Südosteuropäische Geschichte an der Universität Wien, mit der Rolle der Parlamente im Erweiterungsprozess auseinandersetzten. Einig war man sich dabei über den nach wie vor bestehenden Handlungsbedarf vor Ort, aber auch über die Verpflichtung der Parlamente der EU-Mitgliedstaaten, die Kandidatenländer bei ihrem Beitritt unterstützend zu begleiten.

Danielsson sieht historisches Zeitfenster

Christian Danielsson sprach von einem historischen Zeitfenster, das nun genützt werden sollte, zumal es jetzt in den Westbalkan-Ländern einen neuen Schwung für Reformen gebe und die Tür nach Europa offenstehe. Klar sei aber, dass noch viel getan werden müsse, dies insbesondere in Sachen Rechtsstaat, Wirtschaftsreformen, Good governance und bei der Versöhnung zwischen den einzelnen Ländern. Hier sieht Danielsson auch eine zentrale Rolle der nationalen Parlamente, gab aber gleichzeitig zu bedenken, der Parlamentarismus am Westbalkan habe noch erheblichen Verbesserungsbedarf. So brauche es mehr Reife bei den politischen Parteien sowie auch die Einsicht, dass Reformen von Regierungsparteien und Opposition gemeinsam angegangen werden müssen. Die Parlamente in den EU-Mitgliedsstaaten sieht er aufgefordert, ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Initiative beizusteuern.

Tanguy: Parlamente müssen Beitrittskandidaten auf dem Weg nach Brüssel begleiten

Liliana Tanguy, die selbst in Mazedonien geboren wurde, unterstrich die Rolle der nationalen Parlamente und meinte, es gehe darum, als Abgeordnete die Länder bei der Heranführung an die EU zu begleiten. Sie setzt insbesondere auf parlamentarische Demokratie und informelle Kontakte und Austausch. Dem Westbalkan fehle die Tradition des demokratischen Diskurses, deshalb müssten sich die Mentalitäten vor Ort im Sinne eines gemeinsamen Miteinanders weiterentwickeln. Impulse könnten dabei auch von Auswanderern, die in EU-Staaten leben und in ihren Herkunftsländern wahlberechtigt sind, kommen. Was Frankreich betrifft, sei die Regierung nicht gegen eine Erweiterung, bekräftigte Tanguy. Voraussetzung müsse aber die Erzielung von Fortschritten und die Erfüllung der Beitrittskriterien wie Rechtsstaatlichkeit oder Pressefreiheit sein.

Gahler: Beitritt nicht durch Zeitablauf, sondern nach Erfüllung der Kriterien

Dass die EU für die Parlamente eine große Herausforderung darstellt, steht auch für Michael Gahler außer Streit. Das Europäische Parlament sollte seiner Meinung nach die Richtung am Westbalkan ein Stück weit mitgestalten. In der Region brauche es jedenfalls einen Paradigmenwechsel, da die meisten Parteien keine Programmparteien seien, sondern sich bloß um einen Parteichef formieren. Dies erschwere die Kontrolle der Regierung durch die Parlamente. Die Beitritte der einzelnen Staaten müssten nach Meinung Gahlers an die Erfüllung von Kriterien und nicht an Daten und Zeitablauf geknüpft werden, wie dies in der Vergangenheit geschehen sei. Der EP-Abgeordnete kam mit besonderem Nachdruck auf Mazedonien zu sprechen und betonte, der Namensstreit mit Griechenland dürfe nicht zum Scheitern des Beitritts führen. Gahler appellierte an das Parlament in Skopje, den Kompromiss zu akzeptieren und die einmalige Chance nicht wieder für eine ganze Generation zu verpassen.

Schmitt dämpft optimistische Beitrittserwartungen

Oliver Jens Schmitt qualifizierte die Länder des Westbalkans als transterritoriale Gesellschaften, zumal viele WählerInnen außerhalb der nationalen Grenzen leben. Die Region sei darüber hinaus von dem Phänomen gekennzeichnet, dass sich die Zivilgesellschaft nicht in die parteipolitischen Strukturen überträgt, sodass bei Wahlen regelmäßig jene Kräfte verpuffen, auf die sich der Erweiterungsprozess eigentlich stützen müsste. Die EU habe hier eine Hebelwirkung, gehe es doch darum, aus den Erfahrungen der bisherigen Erweiterungen heraus die Beitrittskandidaten zu begleiten. Bezüglich konkreter Beitrittsdaten warnte Schmitt vor übertriebenem Optimismus. Eine Turboentwicklung sei realistischer Weise nicht zu erwarten. So wäre schon ein Status als assoziierte Mitglieder in zehn Jahren ein großer Erfolg. (Fortsetzung Paneldiskussion Westbalkan) hof

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