Expertenhearing zum „Don´t smoke“-Volksbegehren im Gesundheitsausschuss

Mehrheit der Fachleute für rauchfreie Gastronomie, nur Wirtschaftskammer verteidigt aktuelle Regelung

Wien (PK) Mit einem öffentlichen Expertenhearing startete heute der Gesundheitsausschuss seine Beratungen zum „Don´t smoke“-Volksbegehren, das von fast 900.000 Personen unterstützt wurde. Näher beleuchtet wurden dabei die Auswirkungen von Nichtraucherschutz-Regelungen in der Gastronomie auf das Gesundheitswesen sowie das Rauchverhalten von Jugendlichen.

Die Leiterin des Instituts für Suchtprävention, Lisa Brunner, hält es für entscheidend, das Einstiegsalter beim Rauchen nach hinten zu verschieben. Mit einem RaucherInnen-Anteil von 28% bei den 15- bis 16-Jährigen rangiere Österreich unter den Top Ten der Schlusslichter in Europa. Es zeige sich, dass in jenen Staaten, die ein umfassendes Rauchverbot in der Gastronomie eingeführt haben, der Anteil an rauchenden Jugendlichen viel geringer sei. Es würde sich auch aus volkswirtschaftlicher Sicht auszahlen, effektive Maßnahmen gegen das Rauchen zu ergreifen, erklärte Gesundheitsökonom Markus Poch vom Institut für Höhere Studien, der von Kosten in der Höhe von 2,41 Mrd. € ausging. Auf eine rauchfreie Gastronomie zu verzichten, würde bedeuten, „das beste Pferd im Stall zu belassen“, zeigte Allgemeinmediziner und Gesundheitswissenschaftler Florian Stigler pointiert auf. Österreich weise ohnehin den schwächsten Nichtraucherschutz Europas auf.

Einzig der Gastronom und Wirtschaftskammervertreter Mario Pulker verteidigte die aktuellen Regelungen, die – entgegen mancher politischer Polemik – in der Praxis unproblematisch funktionieren würden. Außerdem gab er zu bedenken, dass es nur in 14 von 28 EU-Ländern ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie geben würde. Für Bars und kleinere Betriebe wäre eine strikte Regelung existenzbedrohend. „Wenn der Wirt stirbt, stirbt das Dorf“, besonders am Land hätten Wirtshäuser großen lokalwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen.

In Vertretung des erkrankten Bevollmächtigen des Volksbegehrens, Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, richtete sein Stellvertreter Paul Sevelda abermals einen eindringlichen Appell an die Abgeordneten, angesichts der völlig unbestrittenen medizinischen Fakten ihre politische Verantwortung wahrzunehmen. Falls es zu keiner Änderung kommen sollte, setze er seine Hoffnungen in die unabhängigen obersten Gerichte, die den MandatarInnen diese politisch „offensichtlich zu schwierige Entscheidung“ noch abnehmen könnten.

Der Verhandlungsgegenstand wurde schließlich einstimmig vertagt; weitere Sitzungen zur Behandlung des Volksbegehrens werden am 12. und am 19. März stattfinden.  

Brunner: Rauchfreie Gastronomie aus suchtpräventiver Sicht unabdingbar

Tabakabhängigkeit sei eine diagnostizierbare Suchterkrankung und mit Abstand die häufigste, betonte Lisa Brunner, Leiterin des Instituts für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien. Besonders fatal sei, dass die Entstehung der Abhängigkeit bei Jugendlichen innerhalb weniger Wochen und Monate auftreten könne. Außerdem reiche dafür schon der Konsum von wenigen Zigaretten pro Monat; dies sei eindeutig wissenschaftlich erwiesen. Abgesehen von den bekannten negativen Auswirkungen des Rauchens auf die Gesundheit beeinträchtige der Tabakkonsum auch die Entwicklung des Gehirns der Jugendlichen und könne zu Störungen der kognitiven Fähigkeiten führen, unterstrich die Expertin.

Ein wichtiges Ziel der Tabakprävention sei es daher, das Einstiegsalter nach hinten zu verschieben. Denn je früher Jugendliche mit dem Rauchen anfangen, desto schwere falle es ihnen später, sich das Rauchen abzugewöhnen. Laut einer Befragung aus dem Jahr 2014 haben 55% der täglich rauchenden Frauen und 59,9% der Männer vor dem 18. Lebensjahr mit dem Rauchen begonnen. Entscheidend für den Einstieg in das Suchtverhalten sei unter anderem die Haltung der wichtigen Bezugspersonen, argumentierte Brunner, weshalb auch immer die Erwachsenen in die Prävention einbezogen werden müssen. Generell brauche es ein Maßnahmenbündel, also eine Kombination aus verhaltenspräventiven Strategien und entsprechenden strukturellen Rahmenbedingungen samt konsequenter Kontrolle. Brunner plädierte mit Nachdruck für die Einführung einer rauchfreien Gastronomie, weil damit Kinder und Jugendliche nicht nur vor Passivrauch geschützt werden, sondern auch davon abgehalten werden, überhaupt mit dem Rauchen zu beginnen. 95,6% der Jugendlichen geben an, dass sie rauchen, wenn sie abends in Lokalen unterwegs sind, und knapp 80% sitzen deshalb in den Raucherbereichen, weil dort ihre Freunde sind. Der Ausbau des Jugendschutzes allein sei daher zu wenig, betonte Brunner, dies zeigten auch Beispiele aus anderen Ländern. Die Gesellschaft müsse der Jugend die richtigen Signale geben.

Pock: Hohe volkswirtschaftliche Kosten und keine negativen Effekte für Gastronomie durch Rauchverbot

Rauchen sei laut WHO die größte vermeidbare Todesursache in modernen Gesellschaften und führe zu einer Reihe von Krankheiten, stellte der Volkswirt und Gesundheitsökonom Markus Pock (Institut für Höherer Studien) in einem einleitenden Kommentar fest. Vor kurzem etwa wurde festgestellt, dass nicht nur Lungenkrebs, Herz-Kreislauferkrankungen, COPD und plötzlicher Kindstod mit Rauchen assoziiert werden, sondern auch Diabetes. In der Altersgruppe 40 bis 47 Jahre seien sogar 76,3% der Krankenhausaufenthalte auf chronisch respiratorische Erkrankungen zurückzuführen. Generell liege der Anteil an aktiven und passiven RaucherInnen in Österreich (Männer 26,5%, Frauen 22,1%) deutlich über dem EU-Durchschnitt (21,9% bzw. 15,1%), zeigte der Wissenschaftler auf.

In seinem Referat bezog sich Pock dann vor allem auf die Inhalte einer umfassenden IHS-Studie aus dem Jahr 2018, in dem die volkswirtschaftlichen Effekte von Rauchen untersucht wurden. Auf Basis von zahlreichen epidemiologischen Studien, der Verwendung eines Lebenszyklusmodells und diversen Datenquellen (Statistik Austria, Ministerien etc.) sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass 12.840 Sterbefälle (16%) im Jahr 2016 direkt oder indirekt auf das Rauchen zurückzuführen sind. 230 Sterbefälle wurden durch Passivrauchen verursacht. Was die Lebenserwartung angeht, so verkürze sich diese bei männlichen Rauchern um 7,5 Jahre, bei Frauen um 6,3 Jahre und bei PassivraucherInnen um ca. sieben Monate. Da Rauchen nicht nur Auswirkungen auf die Gastronomie, sondern auf die gesamte Volkswirtschaft habe, wurde eine umfassende Analyse vorgenommen. Diese habe ergeben, dass Rauchen jährliche Kosten für die Volkswirtschaft in der Höhe von 2,41 Mrd. € verursacht, was etwa 0,68% des BIP entspricht. Demgegenüber stehen die Einnahmen aus der Tabaksteuer von ca. 1,8 Mrd. €, zeigte Pock auf. Durch Senkung der Prävalenzraten auf das Niveau in Finnland, wo effektive Anti-Tabakmaßnahmen ergriffen wurden, könnte jährlich etwa 1 Mrd. € eingespart werden. Im Zuge der Recherche über die wirtschaftlichen Effekte von Rauchverboten in der Gastronomie habe man 34 wissenschaftliche Arbeiten untersucht, führte Pock weiter aus. Insgesamt habe sich gezeigt, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Umsätze gab. Fallweise kam es zu Umsatzrückgängen bei Pubs und Bars; diese waren aber oft nur kurzfristig.

Stigler: Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche funktioniert in der Praxis nicht

„Tabak sei das einzig legale Produkt, das bei sachgerechter Anwendung mehr als die Hälfte seiner KonsumentInnen tötet“, hob Florian Stigler vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Uni Graz hervor. Da es sich um eine Suchterkrankung handle, habe die Politik die Pflicht, in dieser Frage besonders verantwortungsvoll und sensibel zu agieren. Österreich schneide beim Thema Rauchen im internationalen Vergleich leider sehr schlecht ab, konstatierte Stigler. Österreich sei das einzige OECD-Land, in dem heutzutage mehr geraucht werde als in den 70er Jahren. Jährlich sterben 14.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums, was einem Todesfall alle 38 Minuten entspricht. Während etwa Kalifornien vor 20 Jahren bereits rauchfrei war, werde „bei uns noch immer um den heißen Brei herumgeredet“. Die bestehenden Regelungen würden nicht ausreichen, kritisierte der Mediziner, da die Nichtraucherbereiche seiner Meinung nach „Mitraucherbereiche“ sind. Großteils würden dort nämlich Feinstaubbelastungen festgestellt, die bis zu achtmal höher liegen als auf einer vielbefahrenen Straße.

Er könne daher den Widerstand gegen die rauchfreie Gastronomie, die laut Umfragen von zwei Drittel der Bevölkerung gewünscht werde, nicht nachvollziehen. Erfahrungen in anderen Ländern zeigten, dass die Beliebtheit von rauchfreien Lokalen nach Einführung des generelles Verbots sogar noch weiter angestiegen sei. Zudem habe eine aktuelle Meta-Studie ergeben, dass durch ein Rauchverbot in Lokalen jährlich 32.400 Spitalsaufnahmen vermeidbar wären. Stigler führte zudem das Argument ins Treffen, dass auch Kellnerinnen und Kellner ein Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz hätten. Die Freiheit des Einzelnen ende dort, wo man anderen schadet, unterstrich Stigler. Eine amerikanischen Studie habe ergeben, dass Jugendliche aus Regionen mit rauchfreien Restaurants nur halb so häufig mit dem Rauchen beginnen und auch zu Hause weniger konsumieren. Neben dem Rauchverbot in Lokalen plädierte Stigler auch für die deutliche Erhöhung der Preise für Tabakprodukte, was vor allem bei Jugendlichen starke Effekte hätte. Er hoffe, dass es sich bei der Nichtanhebung der Tabaksteuer im Jahr 2019 um eine einmalige Ausnahme handelt.

Pulker: Debatte über das Rauchen soll nicht auf dem Rücken der Gastronomie ausgetragen werden

Wirtschaftskammervertreter Mario Pulker (Bundessparte Gastronomie) verwies vor allem auf die ökonomische Bedeutung der Tourismus- und Freizeitbranche, die 2017 einen Umsatz in der Höhe von 58,8 Mrd. € (15,9% des BIP) erwirtschaftet hat. Die insgesamt 68.000 Gastronomiebetriebe (inklusive Hotellerie) stellen mit über 272.000 Beschäftigten nicht nur einen großen Jobmotor da, sondern sie erfüllten wichtige Aufgaben im Rahmen der Lehrlingsausbildung. Generell ortete Pulker einen immer stärkeren Trend zum Nichtrauchen, was sich auch in der Neugründung von Lokalen widerspiegle. Lediglich bei Bars und Nachtlokalen gebe es noch einen signifikanten Anteil an Raucherlokalen.

Was den Schutz der Beschäftigten und vor allem der Jugendlichen betrifft, so gewährleiste die Verordnung der Gesundheitsministerin, dass die Einsatzzeit auf ein Minimum reduziert wird. Aufgrund des großen Fachkräftebedarfs in diesem Sektor würden gerade die Wirtinnen und Wirte auf angenehme Arbeitsbedingungen für ihr Personal achten. So könnten Angestellte jederzeit verlangen, nur im Nichtraucherbereich eingesetzt zu werden. Ein generelles Verbot der Beschäftigung von MitarbeiterInnen in gemischten Betrieben würde hingegen zu einer Vernichtung von Lehrstellen führen, warnte der Gastronom. Überdies dürfen in reinen Raucherbetrieben keine Lehrlinge ausgebildet werden. Pulker informierte weiters darüber, dass seit dem Inkrafttreten der Regelung im September 2018 keine einzige Anfrage oder Beratungswunsch bei der Wirtschaftskammer eingelangt sei. Ansetzen müsse man seiner Meinung nach vielmehr bei den 12- bis 14-jährigen Jugendlichen, wo es einen hohen Raucheranteil gibt. Diese Altersgruppe konsumiere den Tabak jedoch nicht in der Gastronomie sondern z.B. bei Festen oder in Vereinslokalen.

Sevelda hofft auf Umdenkprozess bzw. Entscheidung durch Verfassungsgerichtshof

Der Gynäkologe und Krebsspezialist Paul Sevelda verlas zunächst eine Stellungnahme von Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.

Dieser ließ dem Ausschuss ausrichten, dass sich das Anliegen für einen umfassenden Nichtraucherschutz nicht gegen RaucherInnen oder deren freie Entscheidungswahl richte, sondern es darum gehe, dass Menschen, die nicht rauchen, Gastronomiebetriebe ohne gesundheitliche Bedenken besuchen bzw. dort arbeiten können. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchens seien hinlänglich bekannt, allein ein Drittel der Krebserkrankungen gehen auf die Folgen des Tabakkonsums zurück. Österreich habe noch immer einen überdurchschnittlich hohen Anteil an RaucherInnen, vor allem bei den Frauen sei man traurige Nummer 1 in Europa. Wie seine VorrednerInnen wies Sevelda darauf hin, dass die Einführung von Rauchverboten in der Gastronomie nur bei einzelnen Lokalen und nur in der ersten Phase zu Umsatzeinbußen geführt habe. Die derzeitige Regelung in Österreich sei nicht zufriedenstellend, da die Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche oft missachtet werde und zudem hohe Feinstaubbelastungen festgestellt wurden. Nur ein generelles Rauchverbot gewährleiste faire Bedingungen für alle Beschäftigten.

SPÖ: Nichtraucherschutz als staatliche Verantwortung

Die Abgeordneten im Ausschuss nutzten das Expertenhearing nicht nur zur Einholung von Fachwissen über die Auswirkungen von Nichtraucherschutz-Regelungen in der Gastronomie. Mit den Fragestellungen verknüpft wurden Feststellungen, die Rückschlüsse auf die Haltung der jeweiligen Fraktion zur Rolle des Staats in Sachen Rauchen zuließen. Zur Sprache kamen dabei auch konkrete strukturelle Maßnahmen wie die Erhöhung der Tabaksteuer.

Für die SPÖ hätte die Regierung mit entsprechenden Gesetzesvorschlägen die wirksamsten Mittel in der Hand, die Raucherzahlen in Österreich zu senken. Neben gesundheitlichen brauche es auch aus gesellschaftlichen Gründen Rauchverbote in Gaststätten, so SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner, sodass „Rauchen nicht mehr als Norm gehandhabt wird“. Rauchfreie Lokale machen ihr zufolge auch wirtschaftlich Sinn. Rendi-Wagners Parteikollegen Dietmar Keck und Philip Kucher hinterfragten in diesem Zusammenhang deutlich den kolportierten Rückgang an Wirtshäusern infolge eines Rauchverbots, zumal nach Ansicht von Maurice Androsch (SPÖ) ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie volkswirtschaftlich jedenfalls einen „positiven Effekt“ habe. Die meisten Gastbetriebe seien Raucherlokale, obwohl die Mehrheit in der Bevölkerung nicht rauche, gab die Sozialdemokratin Verena Nussbaum zu bedenken. „Das ist das Gegenteil von Wahlfreiheit“. Ruth Becher (SPÖ) regte an, die Einnahmen aus der Tabaksteuer zweckgebunden für Präventionsarbeit einzusetzen.

„Nichtraucherschutz ist niemals eine Frage von parteipolitischen Interessen“, betonte Rendi-Wagner. Genauso wenig dürften „koalitionäre Tauschgeschäfte“ und „Klientelpolitik“ bei der Frage, wie gegen das Rauchen vorgegangen wird, eine Rolle spielen. Immerhin gingen die Raucherzahlen in Österreich nicht zurück. Die frühere Gesundheitsministerin plädierte deswegen eindringlich für eine „erantwortungsvolle Gesundheitspolitik und richtete mit Verweis auf die staatliche Steuerungsfunktion ihrer Nachfolgerin, Ministerin Beate Hartinger-Klein, aus, „den Hebel haben Sie in der Hand“.

NEOS: Unternehmen brauchen Rechtssicherheit

„Unternehmen brauchen rechtliche Sicherheit“, unterstrich NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker, der andeutete, der Verfassungsgerichtshof könnte die jüngste Novelle zum Tabakgesetz wieder kippen. Die Nicht-Einführung des von der letzten Regierung geplanten generellen Rauchverbots in der Gastronomie sowie Investitionen der Unternehmen zur Abtrennung der Raucherbereiche wären damit hinfällig. Gesamtwirtschaftlich hat nach Ansicht Loackers die Schließung einzelner „kleiner Beisln“, die auf Raucherkundschaft setzen, keine negativen Auswirkungen. Derartige Betriebe würden weder bei der Lehrlingsausbildung noch bei der Schaffung von Arbeitsplätzen eine Rolle spielen. Kritisch sieht er dagegen die heuer nicht erfolgte Erhöhung der Tabaksteuer.

Eingangs entschuldigte sich Loacker bei den ExpertInnen von IHS, Universität Graz und dem Institut für Suchtprävention für die von freiheitlicher Seite während der Ausschussdebatte geäußerten Zweifel an wissenschaftlichen Studien zum Thema Rauchen. Diese Haltung gegenüber der faktengestützten Wissenschaft deute ebenso wenig auf eine evidenzbasierte Politik hin wie die von den Regierungsfraktionen vorgebrachten Schilderungen persönlicher Erfahrungen als Argumente gegen ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie.

JETZT: Regierung soll handeln

Weder der Wille der Bevölkerungsmehrheit noch negative volkswirtschaftliche Auswirkungen steuerten das politische Agieren von ÖVP und FPÖ, fasste JETZT-Abgeordneter Wolfgang Zinggl seinen Eindruck zusammen, wie mit der Frage des Rauchverbots umgegangen wird. Gesamtwirtschaftliche Überlegungen würden fraglos für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie sprechen. Die derzeitige Trennung der Bereiche für NichtraucherInnen und RaucherInnen in Gaststätten sei nutzlos, würden doch die Zonen nicht wirklich voneinander abgeschirmt, und gerade das Personal könne sich dem Passivrauchen nicht entziehen. „Der Staat könnte regulieren“, forderte Zinggl ein Eingreifen der Regierung und schlug als ersten Schritt ein Zutrittsverbot für Jugendliche in Raucherbereiche vor.

ÖVP: Eigenverantwortung und Bewusstseinsbildung stärken

Auf die Selbstverantwortung jeder und jedes Einzelnen, als Gast oder ArbeitnehmerIn in ein Raucherlokal zu gehen, pocht die ÖVP. Die Politik solle besser in die Präventionsarbeit investieren, anstatt „Unternehmen dazu zu verdonnern“, rauchfrei zu werden, wie ÖVP-Mandatarin Rebecca Nussbaum formulierte. In ihren Augen darf die Gastronomie nicht als „Buhmann“ für fehlende Bewusstseinsbildung bei Jugendlichen herangezogen werden und ihr Parteikollege Michael Hammer bestätigte, der Schutz Jugendlicher vor dem Rauchen müsse Vorrang haben. „Je später man beginnt zu rauchen, desto leichter fällt der Ausstieg“. Die aktuelle Regierung habe mit dem Rauchverbot für Unter-18-Jährige hier bereits eine effektive Maßnahme ergriffen. Neben verstärkter Aufklärungsarbeit mit Jugendlichen regte Martina Diesner-Wais (ÖVP) auch an, junge Menschen durch Sport und Vereinsarbeit vom Griff zur Zigarette abzuhalten.

Abgesehen davon bestehe in Schulen wie auch in anderen öffentlichen geschlossenen Räumen schon seit längerem ein generelles Rauchverbot, erinnerte Hammer. Die aktuelle Diskussion betreffe lediglich die Verlängerung einer Ausnahmebestimmung, die in eingeschränkten Bereichen der Gastronomie das Rauchen erlaubt. Außerdem würden viele GastronomInnen mittlerweile freiwillig ihre Betriebe in Nichtraucherlokale umwandeln.

FPÖ: Statistiken mit Vorsicht genießen

In Zweifel zog die FPÖ mehrere im Hearing präsentierte Studien, aus denen die schädlichen Wirkungen des Rauchens hervorgehen. Nicht nachvollziehbar ist für den Freiheitlichen Peter Wurm beispielsweise die durchschnittlich hohe Lebenserwartung der ÖsterreicherInnen mit 81,8 Jahren angesichts des laut Statistik hohen Raucheranteils im Land. In Ländern mit umfassenderen Rauchverboten liege die Lebenserwartung im Durchschnitt weit darunter, nannte er die USA mit 78,6 Jahren. Inwieweit Erhebungen über negative Gesundheitsfolgen von Passivrauchen wissenschaftlich haltbar sind, ist für Wurm ebenfalls zu hinterfragen.

Josef Riemer (FPÖ) räumte zwar ein, es sei bekannt, „dass Rauchen nicht gesundheitsfördernd ist“, er empfahl jedoch, die Studien „in ihrem Kontext zu betrachten“. Letztendlich würden Verbote bei keinem Suchtverhalten zielführend sein, vielmehr brauche es mehr Motivforschung, um die Ursachen der Sucht zu bekämpfen. Ein effektiver Jugendschutz sei daher die wirksamste Art der Steuerung, stimmte Gerhard Kaniak (FPÖ) zu. Das Rauchverbot bis 18 Jahre, eingeführt unter der jetzigen Regierung, bilde diesbezüglich einen Meilenstein. Lehrlinge, die sich aus Raucherlokalen versetzen lassen wollen, könnten problemlos darum ansuchen, gab Ricarda Berger (FPÖ) zu verstehen. Für die Beibehaltung der bestehenden Regelungen zum Tabakkonsum bezog FPÖ-Abgeordneter Alois Kainz aus sozialökonomischer Sicht Stellung, indem er auf die Behindertenarbeitsplätze hinwies, die durch die Tabakwirtschaft bereitgestellt würden. Ohne diese Beschäftigungsorte hätten Arbeitsmarktservice beziehungsweise das Sozialsystem Österreichs beträchtliche Kosten zu tragen, so seine Vermutung. (Schluss) sue/rei

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