FTI-Strategie der Bundesregierung: Viel erreicht, vieles bleibt zu tun

Forschungsausschuss debattiert Forschungs- und Technologiebericht 2019

Wien (PK) Die bisherige FTI-Strategie hat wesentlich dazu beigetragen, dass Österreich im Hinblick auf steigende technische Herausforderungen in einer global vernetzten Wissenschaft und Wirtschaft grundsätzlich gut gerüstet ist. Um jedoch in die Gruppe der Innovation Leader aufzuschließen, bedürfe es noch weiterer Anstrengungen im Rahmen der neuen FTI-Strategie, die derzeit in Ausarbeitung ist. So lautet das Fazit der Diskussion über den Forschungs- und Technologieberichts 2019 (FTB, III-293 d.B.), die heute im Forschungsausschuss stattfand. Die Abgeordneten debattierten über die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des FTB mit Bildungsministerin Iris Rauskala, Verkehrs- und Infrastrukturminister Andreas Reichhardt, der Bundesministerin für Wirtschaftsstandort und Digitalisierung Elisabeth Udolf-Strobl sowie mit ExpertInnen. Die Fragen der Abgeordneten richteten sich dabei auf die Einschätzung der bisherigen FTI-Strategie der Bundesregierung und den Stand der Arbeiten an der Nachfolgestrategie.

Die FachministerInnen versicherten übereinstimmend, dass die Arbeit an der Erarbeitung einer neuen FTI-Strategie 2030, die nach Auslaufen der derzeitigen Strategie 2020 gelten soll, nicht unterbrochen werden soll, da Österreich sonst Nachteile zu befürchten hätte. Ziel der Übergangsregierung sei es, der nächsten Bundesregierung ein ausgearbeitetes Paket an Strategien und Maßnahmen vorlegen zu können, das in ein künftiges Regierungsprogramm aufgenommen werden kann.

Der FTB bietet eine aktuelle Globalschätzung der Entwicklung der F&E-Ausgaben in Österreich und einen Überblick über die Performance des österreichischen Innovationssystems im internationalen Vergleich. Unter die Lupe genommen werden auch die Fortschritte im Bereich Digitalisierung. Zudem beschreibt der Bericht Initiativen und strategische Maßnahmen im FTI-Bereich. Wesentliche Schwerpunkte des aktuellen Berichts bilden die Vorbereitungen der neuen FTI-Strategie sowie eine Einschätzung der Umsetzung und Zielerreichung der seit 2011 geltenden FTI-Strategie 2020. Behandelt werden unter anderem auch die Beiträge zur europäischen FTI-Politik, darunter die Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018. Der Bericht wurde vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen.

FachministerInnen sehen erfreuliche Entwicklungen bei Österreichs Innovationskraft

Bildungsministerin Iris Rauskala zeigte sich erfreut darüber, dass sich die Position Österreichs in internationalen Rankings seit 2011 überwiegend verbessert oder stabilisiert hat. Im Hinblick auf seine F&E-Ausgaben gehöre Österreich unterdessen zu den führenden Nationen und liege europaweit hinter Schweden an zweiter Stelle. Bei Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen liegt Österreich europaweit hinter Finnland an zweiter Stelle, in Bezug auf Wissenschafts-Wirtschaftskooperationen insgesamt ist Österreich europaweit führend, ebenso bei messbaren Leistungen seines Wissenschaftssystems wie öffentlich-privaten Ko-Publikationen, Zitationen oder bei der Entwicklung internationaler Patentanmeldungen. Die Arbeiten an der neuen FTI-Strategie in den Ressorts werden weitergeführt, sagte die Ministerin. Wichtig sei es, Planungssicherheit zu geben. Ziel der Übergangsregierung sei es, der nächsten Bundesregierung zur FTI-Strategie 2030 „ein Paket ins Körbchen legen zu können“, sagte Rauskala.

Auch Verkehrsminister Andreas Reichhardt betonte, dass die Arbeiten an der neuen FTI-Strategie weitergeführt werden. Einen Stillstand dürfe es hier nicht geben, denn dieser würde einen Rückschritt bedeuten. In vielen Bereichen brauche Österreich den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Nach wie vor gebe es für Österreich aber in einigen Bereichen Aufholbedarf. Es gelte daher, die Governance-Strukturen zu verbessern und effizienter zu werden. Ein immer wieder geäußerter Kritikpunkt sei, dass dem Input an Forschungsförderung kein entsprechender Output entgegenstehe. Hier gebe es noch Potenziale, die man nützen müsse.

Noch sei es nicht gelungen, Österreich als Innovation Leader zu positionieren. Auch bei Digitalisierung liege man nur im Mittelfeld, stellte Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl fest. Aus ihrer Sicht sei es erforderlich, standortrelevante Forschung stärker zu fördern. In der EU beruhen unterdessen zwei Drittel des Wirtschaftswachstums auf Forschung und Innovation, gab die Ministerin zu bedenken. Daher müssten Projekte gefördert werden, die besonderes Wachstumspotenzial haben. Zudem sei bei der steuerlichen Begünstigung von Forschung anzusetzen. Erfreulich sei, dass die heimischen Unternehmen 2019 mit 6,3 Mrd. € oder 48,96 % knapp die Hälfte aller F&E-Ausgaben finanzieren werden. Heimische Unternehmen finanzieren damit einen immer größeren Anteil der in Österreich durchgeführten F&E.

ExpertInnen: Neue FTI-Strategie soll bisherige Erfahrungen berücksichtigen

Wesentliche Eckpunkte des Berichts wurden von den geladenen ExpertInnen näher ausgeführt. Laut Brigitte Ecker (Wissenschaftliches Zentrum Research) liegt Österreich weiterhin in der Gruppe der Strong Innovators und ist dort zuletzt einen Platz vorgerückt. An der Spitze liege man bei der F&E-Quote. Laut der aktuellen Globalschätzung der Statistik Austria von April 2019 betragen die österreichischen Investitionen in F&E im Jahr 2019 12,8 Mrd. € und liegen damit um 4,5 % über dem Wert von 2018 (12,2 Mrd. €). Die geschätzte F&E-Quote (Anteil der Bruttoinlandsausgaben für F&E am Bruttoinlandsprodukt) beträgt 2019 voraussichtlich 3,19 % (2018: 3,17 %, revidierter Wert im Vergleich zur Globalschätzung 2018). Österreich werde damit zum bereits sechsten Mal in Folge über dem europäischen Zielwert von 3 % liegen. In den vergangenen zehn Jahren 2009-2019 sei das Wachstum der F&E-Investitionen deutlich über dem Wirtschaftswachstum gelegen, was zeige, dass die österreichische Wirtschaft immer forschungsintensiver wird.

Klaus Schuch (Zentrum für soziale Innovation) bewertete das akkordierte Vorgehen im Rahmen der FTI-Strategie insgesamt als Erfolg. Österreich habe deutliche Fortschritte in allen FTI-relevanten Bereichen der Wissenschaft, der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors gemacht. Der Rückblick auf die Entwicklung der FTI-Strategie lasse auch einige bereits bekannte Schwächen erkennen, etwa einen Mangel an Venture Capital, den Rückstand bei wissensintensiven Dienstleistungsexporten, zu geringe Beschäftigung in schnell wachsenden Unternehmen und zu wenige tertiäre Bildungsabschlüsse im Bereich der Digitalisierung. Bei der Teilnahme an den EU-Forschungsprogrammen habe man die Ziele, die man sich gesteckt habe, erreicht.

Peter Kaufmann (KMU Forschung Austria) hob einige Erfolge der FTI-Strategie hervor. So lasse sich aus der Entwicklung der Erstansuchen an die FFG ablesen, dass das Ziel einer Verbreiterung der Innovationsbasis durchaus erreicht worden sei. Die Zahl der forschungs- und innovationsaktiven Unternehmen habe sich kontinuierlich erhöht.

Herwig Schneider (Industriewissenschaftliches Institut) ortete Handlungsbedarf bei der Anpassung vieler KMU an den digitalen Wandel. Viele Möglichkeiten würden noch nicht genützt. Auch beim Einsatz von KI und Robotik gebe es noch einigen Nachholbedarf in Österreich.

Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny gab für den Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE), der die Bundesregierung zur FTI-Strategie berät, eine Einschätzung der bisherigen Entwicklung. Sie richtete einen eindringlichen Appell an die Politik, die Planung der neuen FTI-Strategie zu einem zentralen Anliegen zu machen. Dabei gelte es, das unterdessen stark veränderte globale Umfeld zu beachten. Was die bisherige Strategie betreffe, so sei die ursprüngliche Zielsetzung, Österreich in die Gruppe der Innovation Leader zu führen, nicht erreicht worden. Gründe dafür seien unter anderem Effizienzbarrieren, die zum Teil bereits im Bildungssystem angelegt seien. Nach wie vor werde Bildung in Österreich stark vererbt, es gebe eine starke soziale Selektion, viele Potenziale gingen so verloren. Nowotny wies auf den aktuellen OECD-Länderbericht „OECD Reviews of Innovation Policy: Austria 2018“ hin. Der RFTE teile die Empfehlungen des Berichts, sie sollten die Grundlage der neuen FTI-Strategie bilden. Nicht die neuen Technologien seien das grundlegende Problem, sondern die Herausforderung bestehe in der Fähigkeit der Gesellschaft, mit ihnen umzugehen. Das bedeute, dass mehr Augenmerk auf soziale Innovation gelegt werden müsse. Nowotny sah Bedarf an mehr Mitteln für kompetitive Grundlagenforschung. Wenn man eine „Kultur des Scheiterns“ bei innovativen Unternehmensgründungen etablieren wolle, dann sei dazu mehr Risikokapital nötig. In Österreich sei es jedoch schwer, nach einem Fehlschlag noch einmal Finanzierung für einen Neustart zu erhalten.

Planungen zu künftiger FTI-Strategie gehen bis Herbst weiter

Abgeordnete Maria Theresia Niss (ÖVP) sprach die Perspektiven der weiteren Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft an. Bei der Digitalisierung gebe es noch nicht realisiertes Potenzial. Alois Rosenberger ÖVP) erkundigte sich nach den Plänen einer Zusammenführung der Geologischen Bundesanstalt (GBA) und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

Seitens der SPÖ sprach Sonja Hammerschmid unter anderem die Förderung der Grundlagenforschung an sowie die Herausforderungen, die für das Bildungssystem bestehen. Sie wollte auch wissen, wie es mit der FTI-Strategie weitergehen werde. Alois Stöger (SPÖ) warf die Frage auf, ob der Staat beim fehlenden Risikokapital eine Lücke schließen könne. Österreich müsse bei der Innovation auf Zukunftsthemen wie umweltfreundliche Mobilität setzen.

Für die FPÖ erkundigte sich Brigitte Povysil nach der neuen Breitbandstrategie. NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff erinnerte an das unter Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner gegebene Versprechen einer Verdoppelung der Mittel des FWF. Leider sei man von diesem Pfad abgewichen, bedauerte er. Hier gelte es, noch nachzubessern. Stephanie Cox (JETZT) verwies auf die schwache Stellung Österreichs bei tertiären Bildungsabschlüssen im Bereich Digitalisierung und bei der Anwendung von KI in Unternehmen. Sie sieht die Notwendigkeit, die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland zu erleichtern.

Die ExpertInnen und die BundesministerInnen reagierten in einer abschließenden Runde auf die von den Abgeordneten aufgeworfenen Themen. Herwig Schneider bewertete die Forschungsprämie als wichtigen Anreiz für Unternehmen, Forschung zu betreiben. Die Anwendung von KI müsse stärker gefördert werden. Brigitte Ecker sagte, die Instrumente der bisherigen FTI-Strategie, etwa die Task Force, hätten sich bewährt. Zentral für die neue Strategie müsse es sein, dass sie mit einem entsprechenden Finanzierungspfad versehen wird. Was die KI betrifft, sei eine der wesentlichen Fragen, wie man die Gesellschaft dabei mitnehmen könne. Klaus Schuch unterstrich, dass es bei der Grundlagenforschung auf jeden Fall noch „Luft nach oben“ gebe – eine Aussage, der sich Peter Kaufmann anschloss. Helga Nowotny betonte, Innovationen seien kein Selbstzweck, sondern nach dem Nutzen für die Gesellschaft zu beurteilen. In den Niederlanden gehe man beispielsweise dazu über, das Universitätssystem nicht nach dem Output zu beurteilen, sondern nach dem Impact, den Auswirkungen für die Gesellschaft.

Auch Bundesministerin Rauskala sah den niederösterreichischen Technologiepark, der die Ergebnisse des IST Austria nützt, als gelungenes Beispiel der Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Die Ministerin bekräftigte, dass Innovation nach dem Nutzen für die Gesellschaft zu bewerten sei. Was GBA und ZAMG betrifft, so bestehe das Projekt, diese zu einer Bundesagentur zusammenzuführen. Angesicht des Klimawandels müssten alle Kräfte gebündelt und eine Agentur mit guter Datenbasis geschaffen werden. In die Grundlagenforschung müsse weiterhin investiert werden, Reinhold Mitterlehner habe hier einige Erfolge erzielt. Sie hoffe auf einen parteienübergreifenden Konsens in dieser Frage. Was die soziale Selektion im Bildungssystem betrifft, sieht Rauskala Bildungsstandards und Talentförderung als erforderlich.

Bundesminister Reichhardt betonte, dass im Rahmen der Task Force weiter an der FTI-Strategie 2030 gearbeitet werde. Für die Kooperation Wirtschaft und Forschung werde auch das Forschungsfinanzierungsgesetz wesentlich sein, das zwei Aspekte, nämlich die Governance bei der Fördervergabe sowie einen Budgetpfad enthalten müsse. Was Risikokapital betreffe, so brauche es vor allem Wachstumskapital, damit Gründungen nicht nach wenigen Jahren scheitern. Hier könne der Staat eine Lücke füllen. Allerdings sei es eine Herausforderung, festzulegen, welches Risiko für Ausfälle der Bund übernehmen könne, ohne sich der Kritik des Rechnungshofs auszusetzen. Die Breitbandstrategie liege grundsätzlich fertig vor und könnte vom Parlament beschlossen werden. Zur KI soll bis September ein Expertenpapier vorliegen, das in ein neues Regierungsprogramm einfließen könnte.

Wirtschaftsministerin Udolf-Strobl bestätigte, dass Österreich für die Frühphasenförderung von Unternehmensgründungen unterdessen gut aufgestellt ist, es aber noch Probleme bei der Wachstumsphase gibt. Sie erwartet sich hier einiges von einem in Vorbereitung befindlichen Digitalisierungs- und Wachstumsfonds, der von Unternehmen und Bund gemeinsam mit bis zu 100 Mio. € dotiert werden soll. Was die Anwerbung von Fachkräften betrifft, so liege ein Vorschlag zu Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot Card vor, zudem sei die Austria Business Agency beauftragt, Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften zu unterstützen. Die Arbeit an der FTI-Strategie soll im Sommer und Herbst weitergeführt werden, damit der nächsten Bundesregierung ein fertiges Paket übergeben werden kann. (Schluss) sox


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