Hearing zum Frauenvolksbegehren: Themen Armut bekämpfen und Wahlfreiheit ermöglichen

Debatte mit zahlreichen ExpertInnen über Situation von Alleinerzieherinnen und Kinderbetreuungssituation

Wien (PK) Mit den Themen „Armut bekämpfen“ und „Wahlfreiheit ermöglichen“ beschäftigte sich der Gleichbehandlungsausschuss am frühen Nachmittag im Rahmen des breit angelegten Hearings zum Frauenvolksbegehren ( 433 d.B. ). In den beiden Themenblöcken standen den Abgeordneten jeweils vier bzw. fünf ExpertInnen zur Verfügung. Entsprechend vielschichtig waren die Standpunkte und Forderungen, die diskutiert wurden. Ein weiteres Hearing zum Frauenvolksbegehren ist in der nächsten Ausschusssitzung am 12. März geplant.

Armut bekämpfen: Debatte über Armutsrisiko bei Alleinerzieherinnen

Andrea Hladky, stellvertretende Bevollmächtigte des Frauenvolksbegehrens warf zu diesem Themenblock auf, dass Alleinerzieherinnen das höchste Armutsrisiko betreffe. Insofern gehe es in den Forderungen etwa hinsichtlich Unterhaltszahlungen um eine Neubemessung, angepasst an das 21. Jahrhundert.

Die Juristin Marion Guerrero schloss sich dem an und sprach sich für eine Unterhaltsgarantie aus. Das Unterhaltsgesetz, das als Ausfallshaftung konstruiert sei, sowie der Familienbonus Plus seien jedenfalls begrenzt zur Armutsbekämpfung geeignet. Für eine Unterhaltsgarantie plädierte auch Maria Stern, Parteiobfrau und Frauensprecherin von JETZT – Liste Pilz. Die steigende Armut von AlleinerzieherInnen sei auch hinsichtlich Kinderarmut ein Thema. Stern will zudem Anreize im Hinblick auf Väter schaffen und warf außerdem das Modell der Doppelresidenz auf. „Arme Kinder von heute sind die chronisch kranken von morgen“, so Stern, auch deshalb gelte es, hier zu investieren. Eine wesentlich bessere Datenlage zur Feststellung, wie nachhaltig Scheidungsvereinbarungen sind, braucht es aus Sicht von Martin Halla von der Universität Linz (JKU Linz).

Was im Volksbegehren vorgeschlagen werde, sei eine Art bedingungsloses Grundeinkommen und damit nicht ihr Ansatz, sagte dazu FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth. Es gelte vielmehr, die Eigenverantwortung zu stärken und etwa Mädchen zu ermutigen, auch andere Berufe als die üblichen zu wählen. Daran zu arbeiten, den Unterhaltsvorschuss schneller abzuwickeln sei richtig und unterstützenswert, nicht jedoch, dass der Staat alles übernehmen müsse oder Männer sich den Lebensunterhalt nicht mehr leisten können.

Seitens der Abgeordneten wies Gudrun Kugler (ÖVP) darauf hin, Armut zu bekämpfen könne nicht auf die Frage des Unterhaltsvorschusses beschränkt werden. Sie vermisse außerdem an dieser Stelle das Thema Frauenaltersarmut. Der Wunsch nach Teilzeitarbeit bestehe oft. Insofern sei hier darüber nachzudenken, wie es gestaltet werden könne, dass Frauen kein Nachteil und keine Altersarmut erwächst. Edith Mühlberghuber betonte seitens der FPÖ, vom Familienbonus Plus würden alle alleinerziehende Elternteile profitieren, die auch Steuern zahlen. Selma Yildirim (SPÖ) hingegen sieht mit dem Familienbonus Plus jene, die Kinderbetreuungsgeld beziehen und keinen Anspruch haben, mit 250 Euro „abgespeist“. Außerdem kämen zwei Drittel des Bonus Männern zugute. Die Forderungen, Armut zu bekämpfen liegen vor, so Stephanie Cox (JETZT), es sei nun an der Ministerin zu handeln. Das Thema Kinderbetreuung wiederum ist der Ansatzpunkt von Claudia Gamon (NEOS), um Voll- oder auch Teilzeitarbeit zu ermöglichen und Altersarmut entgegenzuwirken.

Für die Expertin Guerrero und für Stern wirkt der Familienbonus Plus nicht als Maßnahme zur Armutsbekämpfung. Hinsichtlich einer Unterhaltsgarantie, die Stern nachdrücklich forderte, seien allerdings vorher durchaus auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen, so Guerrero.

Mühlwerth wiederum bekannte sich zum Familienbonus Plus. Es gehe auch darum, jene, die Steuern zahlen, zu entlasten, damit Forderungen auch bezahlt werden können. Kinderbetreuungsmöglichkeiten und das Doppelresidenzmodell seien ebenso zu beachtende Aspekte bei diesem Themenkomplex, hob der Experte Halla hervor.

Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß unterstrich, dass derzeit eine Arbeitsgruppe tage, die sich mit dem Thema Unterhaltsvorschuss beschäftige. Hinsichtlich Familienbonus Plus betonte sie, es seien in den letzten Jahren viele Negativsteuern geschaffen worden, nun sei das Anliegen eine Steuerentlastung gewesen. Ob das Geld an Männer oder Frauen gehe, sei bei Paaren letztlich nur eine Frage der Beantragung. Betreffend Kinderkostenanalyse werde derzeit der Regelbedarf aus einer Analyse aus Deutschland herangezogen, wo eine Vergleichbarkeit vorausgesetzt werden könne. Hinsichtlich einer Aufteilung der Obsorge funktioniere es auch so sehr gut, wenn Eltern sich 50:50 um das Kind kümmern wollen, so die Ministerin.

Wahlfreiheit ermöglichen: Kinderbetreuungsplätze als Knackpunkt

Die Debatte zum Thema „Wahlfreiheit“ drehte sich vorrangig um die Situation der Kinderbetreuung. Die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung – die jede/r nutzen könne, aber natürlich nicht müsse -, ziele auch auf einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungsplätze ab, so Andrea Hladky seitens des Frauenvolksbegehrens. Dafür sei ein Mindestmaß an qualitativen Ressourcen erforderlich.

Der Themenkomplex Vereinbarkeit Familie und Beruf sei für ihren Bereich prioritär, hob Bernadett Humer, Sektionsleiterin für Familien und Jugend im Bundeskanzleramt, hervor. Schwerpunkte liegen demnach in den Bereichen finanzielle Unterstützung, rechtliche Maßnahmen und Infrastruktur. Sie verwies auf die im letzten Jahr abgeschlossene 15a-Vereinbarung, wonach der Bund für Länder und Gemeinden weiter eine Anschubfinanzierung leiste, um neue Betreuungsplätze schaffen zu können. Hinsichtlich Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehe es auch um Öffnungszeiten und um die Qualitätsverbesserung von Betreuungseinrichtungen. In Bezug auf einen Rechtsanspruch sei die gesetzliche Basis zu prüfen, aber auch die Versorgungslage etwa mit regionalen Unterschieden oder im Hinblick auf die unterschiedlichen Altersgruppen zu beachten.

Auch Ingrid Moritz, AK Wien, ging auf Lücken in den Betreuungsmöglichkeiten ein. Im Vergleich mit dem EU-Schnitt müsste Österreich 1,2 Mrd. € mehr dafür ausgeben, das wäre aus ihrer Sicht auch gut investiertes Geld. Wahlfreiheit brauche Rechte, so die Expertin der AK, sei es jenes auf Kinderbetreuung, ganztägige Schulen oder einen Papa-Monat. Fatal wäre es aus ihrer Sicht in der Arbeitsmarktpolitik, wenn Frauen ermutigt würden, zuhause zu bleiben. Demgegenüber versteht Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ) nicht, was daran eine Katastrophe sein soll, wenn eine Mutter bei ihren Kindern bleiben will. Es müsse auch möglich sein, eine gewisse Zeit zuhause zu bleiben und danach Karriere zu machen. Martin Halla, JKU Linz, kann die Forderung nach einem flächendeckenden Betreuungsangebot nur unterstützen, will aber die Förderung der Kinderentwicklung voranstellen. Als Alleinerzieherin berichtete schließlich Monika Els von ihren schwierigen Erfahrungen. Sie sprach sich dafür aus, Unternehmen dabei zu unterstützen, Mütter als wichtige Arbeitskräfte zu schätzen, und mehr Betreuungsmodelle für unregelmäßige Arbeitszeiten anzubieten.

Aus Sicht von Norbert Sieber (ÖVP) ist Wahlfreiheit ein hohes Gut. Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe man etwa mit der letzten Bund-Länder-Vereinbarung Maßnahmen gesetzt. Carmen Schimanek (FPÖ) geht der geforderte Rechtsanspruch ab der 8. Lebenswoche des Kindes allerdings zu weit. Demgegenüber unterstützen Birgit Sandler (SPÖ) und Stephanie Cox (JETZT) die Forderung. Claudia Gamon (NEOS) unterstrich, Wahlfreiheit könne es nur dann geben, wenn ein entsprechendes Kinderbetreuungsangebot vorhanden sei.  

Was die Aufgabe der Gemeinden betrifft, sei der von Gamon angesprochene aufgabenorientierte Finanzausgleich ein wichtiger Punkt, ergänzte die Expertin Moritz. Unterschiedliche Perspektiven erörterten sie und der Experte Halla zum Wiedereinstieg nach der Karenz. Zum Einwand der FPÖ-Frauensprecherin Schimanek warf die Vertreterin des Frauenvolksbegehrens Hladky ein, man könne auch darüber sprechen, den Rechtsanspruch erst ab dem 1. Jahr beginnen zu lassen.

Frauenministerin Bogner-Strauß betonte, es gehe darum, in Kinderbetreuungsplätze zu investieren, eben um Wahlfreiheit zu erreichen – der Rechtsanspruch helfe nicht, wenn es keinen Platz gebe. Bei den 3- bis 6-Jährigen sei man gut aufgestellt, in allen anderen Altersgruppen würden Plätze gebraucht, die auch sukzessive geschaffen werden.

Die weiteren Verhandlungen wurden einstimmig vertagt, der zweite Teil des Hearings ist für den 12. März in Aussicht genommen. (Schluss) mbu


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