Innenausschuss diskutiert anhand des Sicherheitsberichts 2016 über Herausforderungen für Exekutive und Justiz

Innenminister Kickl und Justizminister Moser beantworten Fragen der Abgeordneten zu Strategien und Ressourcenplanung

Wien (PK) - Die Behandlung des Sicherheitsberichts 2016 (III-80 d.B.), der noch unter Federführung des damaligen Innenministers Wolfgang Sobotka erstellt wurde, gab Innenminister Herbert Kickl und Justizminister Josef Moser heute im Innenausschuss des Nationalrats Gelegenheit, mit den Abgeordneten über die Tendenzen in der Kriminalitätsentwicklung, die sich 2016 und 2017 zeigten, zu diskutieren. Kickl und Moser stellten auch die geplanten Maßnahmen vor, und versicherten den Abgeordneten dabei, dass sie sich dafür einsetzen werden, damit der Sicherheitsbericht 2017 noch vor dem Sommer im Parlament behandelt werden kann. Selbstverständlich gebe es auch von ihrer Seite ein großes Interesse an aktuellen und verlässlichen Daten als Grundlage der weiteren Planung ihrer Ressorts, betonten die Minister.

Laut dem Bericht, der nach eingehender Debatte einstimmig zur Kenntnis genommen wurde, sind 2016 die Anzeigen von Straftaten und Vergehen gegenüber 2015 um 3,8% angestiegen. Gleichzeitig erhöhte sich aber auch die Aufklärungsquote auf 45,9%. Vor allem in den Bereichen Gewalt- und Wirtschaftskriminalität sowie Cybercrime wurden mehr Straftaten angezeigt. Auch bei Verbrechen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung war 2016 ein Anstieg der Anzeigen festzustellen. In einzelnen Bereichen, etwa bei den Anzeigen von Kfz-Diebstählen und von Einbrüchen in Wohnungen und Wohnhäusern, war hingegen ein signifikanter Rückgang zu verzeichnen.

Teil des Sicherheitsberichts ist auch ein detaillierter Überblick über die Tätigkeit der Strafjustiz, der vom Justizministerium erstellt wird. Hier zeigte sich, dass der Trend zu einem Sinken der Verurteilungszahlen anhielt. 2016 wurden 30.450 Mal rechtskräftige Verurteilungen nach dem Strafgesetzbuch oder strafrechtlichen Nebengesetzen ausgesprochen. Seit 2005 ist damit die Zahl der Verurteilungen um ein Drittel gesunken, die Häftlingszahlen sind dabei jedoch in etwa gleichgeblieben.

Kickl sieht Nachwirkungen der großen Migrationswelle 2015/16 auf innere Sicherheit

Ein weiterhin prägender Faktor des Jahres 2016 waren laut Innenminister Herbert Kickl die Auswirkungen der Migrationsbewegungen. Diese erhöhten den Aufwand für die Exekutivbeamten und es galt auch, in weiterer Folge das Vertrauen der Bevölkerung in den Sicherheitsapparat und die Politik wieder zu stärken. Eine große Zahl an Asylverfahren war zu bewältigen und es musste auf eine verstärkte Bedrohungslage, insbesondere durch islamistisch-fundamentalistischen Terror, reagiert werden. Erfreulich ist für Kickl der Rückgang bei bestimmten Deliktgruppen, wie etwa Wohnungseinbrüchen und Kfz-Diebstählen. Diese Tendenz habe auch 2017 angehalten, wie bereits vorliegende Zahlen zeigten. Weniger erfreulich sei, dass sich die Zahl von ausländischen Tatverdächtigen, darunter auch AsylwerberInnen, ebenso erhöht habe, wie die Zahl der Körperverletzungen, bei denen Hieb- und Stichwaffen im Spiel sind. Auch den zunehmenden Herausforderungen, die sich aus der Cyberkriminalität und der stärkeren internationalen Vernetzung krimineller Gruppen ergeben, müsse begegnet werden.

FPÖ-Sicherheitssprecher Walter Rosenkranz wollte wissen, wie viele AsylwerberInnen sich dem Asylverfahren entzogen haben, und erkundigte sich nach den Ursachen für den Anstieg der Gesamtkriminalität in einzelnen Regionen, wie etwa im Raum Krems.

Der Innenminister beantwortete die Frage von Abgeordnetem Rosenkranz mit dem Hinweis, ein "Untertauchen" von AsylwerberInnen werde dann statistisch erfassbar, wenn das Verfahren beendet wird, weil die betreffende Person nicht mehr für die Behörden auffindbar ist. 2017 habe man 7.083 solcher Fälle verzeichnet. Was das Kremser Umland betreffe, so seien hier wenige Fälle gewisser Delikte, wie etwa fahrlässige Köperverletzung, statistisch als starker Anstieg sichtbar geworden. Im Fall Salzburgs habe sich wiederum der starke Zustrom von MigrantInnen, vor allem um den Bereich des Bahnhofs Salzburg, ausgewirkt, erfuhr Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ).

Auf die Bildung von Hotspots im Bereich der Drogenkriminalität werde stets flexibel reagiert, sagte Bundesminister Kickl auf diesbezügliche Fragen von Hermann Gahr (ÖVP). 2016 seien an die 6.000, 2017 6.200 AsylwerberInnen wegen Drogendelikten angezeigt worden, erfuhr der Abgeordnete. Die Zahl der angezeigten AsylwerberInnen sei 2017 wieder gesunken, bestätigte er. Grundsätzlich habe er aber wenig Verständnis dafür, wenn Menschen den Schutz eines Landes beanspruchen und gleichzeitig in schwerwiegende Weise gegen dessen Gesetze verstoßen.

ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl wies auf das Problem der "Home Invasions" hin, die oft von international agierenden Banden begangen werden. Die Tatsache, dass 2017 eine der niedrigsten Kriminalitätsraten seit Jahren zu verzeichnen war, sieht er als Beweis dafür, dass die ergriffenen Maßnahmen gefruchtet haben. Gerstl wies auch auf einen Artikel in einer Zeitschrift der Österreichischen HochschülerInnenschaft hin, welche der Exekutive den Vorwurf macht, Taten im rechtsextremen Umfeld nicht mit genügendem Nachdruck zu verfolgen. Innenminister Kickl pflichtete Gerstl in der Einschätzung bei, dass ein solcher Vorwurf unbegründet und nachgerade fahrlässig sei. Bei der Aus- und Weiterbildung der PolizeibeamtInnen werde großer Wert auf eine Sensibilisierung für die Bereiche Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus gelegt.

Nach Details zu den angekündigten zusätzlichen Planstellen bei der Polizei erkundigten sich Stephanie Krisper (NEOS) sowie Irene Hochstettner-Lackner und Nurten Yilmaz (beide SPÖ). Der Innenminister teilte ihnen mit, dass derzeit 893 Planstellen offen seien. Erfreulich sei, dass alle Fraktionen die Aufstockung der Planstellen grundsätzlich begrüßen. Zu den Maßnahmen gehöre eine neue Rekrutierungsoffensive, um auch auf absehbare Pensionierungen mit Nachbesetzungen reagieren zu können. Außerdem will er die Entlastung von PolizistInnen von Verwaltungstätigkeiten, um sie verstärkt im Außendienst einsetzen zu können, weiterführen. Ab 2020 sollen dann zusätzliche Planstellen geschaffen werden. Sein Ziel sei es, dass bis zum Ende der Legislaturperiode 2.100 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz sind, erklärte Kickl.

Das Vorgehen gegen Cybercrime wurde von den Abgeordneten Rudolf Plessl und Nurten Yilmaz (beide SPÖ), Stephanie Krisper (NEOS) und Alma Zadic (PILZ) angesprochen. Krisper und Zadic kritisierten in diesem Zusammenhang besonders die Pläne für den Einsatz eines "Bundestrojaner" bei Ermittlungen. Die Anwendung sei nämlich nur möglich, wenn bewusst gewisse Sicherheitslücken in IT-Systemen von Firmen belassen würden, argumentierten sie.

Innenminister Kickl versicherte, dass sein Ressort der Frage, wie man vermeiden könne, dass eine zusätzliche Sicherheitslücke entsteht, die von Kriminellen ausgenützt werden kann, selbstverständlich Aufmerksamkeit schenken. Erfahrungen anderer Staaten hätten bereits gezeigt, dass es zu keinen zusätzlichen Sicherheitsrisiken für Firmen gekommen sei. Der Innenminister sagte zu, technische Details schriftlich nachzureichen. Wichtig sei es, zusätzliche Ressourcen einzusetzen, um den "Vorsprung" der Kriminellen in diesem Bereich auszugleichen. Nachweislich finde der überwiegende Teil der Kommunikation im Bereich der Schwerkriminalität im Internet statt, die Sicherheitsbehörden seien hier derzeit aber faktisch blind. Dieser Zustand müsse beendet werden.

IT-Pannen, wie sie zuletzt bei der Eintragung für ein Volksbegehren vorgekommen sind, wollte der Innenminister nicht überbewertet wissen. Zweifellos sollten sie nicht vorkommen, meinte er in Richtung von SPÖ-Abgeordneter Nurten Yilmaz, doch gebe er zu bedenken, dass 2017 eine umfassende Umstellung des IT-Systems des Ministeriums innerhalb von nur sechs Monaten vorgenommen wurde und die Zahl der Fälle, wo Probleme auftauchten, sehr gering sei.

Kickl berichtete den Abgeordneten auch, dass ab Mitte Mai insgesamt 375 Stück Bodycams angeschafft werden. Auch die Anschaffung anderer Ausrüstungsgegenstände zur Erleichterung der Polizeiarbeit seien geplant, insgesamt handle es sich um ein Beschaffungspaket von 20 Mio. €. Der Innenminister verteidigte gegenüber Abgeordnetem Maurice Androsch (SPÖ) einmal mehr seine Pläne zur Schaffung berittener Polizeieinheiten mit dem Hinweis, in vielen Städten hätten sich solche Einheiten bewährt und deeskalierend gewirkt. Selbstverständlich werde dazu eine genaue Kosten-Nutzen-Rechnung angestellt werden. Das Kompetenzzentrum für Abgängige Personen (KAP) soll die Möglichkeit einer besseren Erfassung der Fälle erhalten und soziale Netzwerke für die Suche nach Vermissten einsetzen können, erfuhr FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert.

Moser: Justizanstalten müssen sich neuen Sicherheitsfragen stellen

Justizminister Josef Moser sagte, der Sicherheitsbericht 2016 zeige Tendenzen auf, welche die Strafjustiz noch auf längere Zeit beschäftigten werden. Vor allem die Zunahme der Täter, die terroristische Straftaten begangen haben, als auch der Verurteilten im Maßnahmenvollzug stellt eine große Herausforderung für die Justizanstalten dar. Der Maßnahmenvollzug sei an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Hier habe man bereits begonnen, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.

An die Grenzen ihrer Ressourcen stoße die Justiz nicht zuletzt auch aufgrund von Prozessen und Inhaftierung von ausländischen Tatverdächtigen, da es etwa Bedarf an zusätzlichen Dolmetscherleistungen gebe. Auch müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Sicherheit der MitarbeiterInnen in den Justizanstalten zu gewährleisten. Die Zahl von Angriffen auf Justizwachebeamte habe stark zugenommen, hier müsse dringend etwas geschehen, betonte Moser. Er wolle auch ein Augenmerk auf sinnvolle Beschäftigungsmaßnahmen für die Insassen sowie Fragen ihrer späteren Resozialisierung legen, erklärte Moser. Auch hier kämpfe er um ausreichende Budgets.

Was die Tätigkeit der Gerichte betrifft, so konnte die Verfahrensdauer allgemein weiter gesenkt werden, doch gebe es bei Großverfahren oft lange Vorermittlungen, erklärte der Justizminister auf Fragen von Abgeordnetem Hermann Gahr (ÖVP). Gerade bei grenzüberschreitenden Verfahren, etwa im Bereich Wirtschaftskriminalität, sieht Moser Handlungsbedarf. Vor allem müsse die Justiz auch die entsprechenden Ressourcen erhalten, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Schließungen oder Zusammenlegungen von Bezirksgerichten werde er nur befürworten, wenn sie einerseits eine tatsächliche Kostenersparnis und andererseits mehr Service für die Bevölkerung bringen, betonte Moser gegenüber Abgeordnetem Reinhold Einwallner (SPÖ).

Die Rückstellung von Häftlingen in ihre Heimat, damit sie dort ihre Strafe verbüßen, scheitere oft an nicht adäquaten und der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechenden Haftbedingungen im Heimatland, teilte Moser Abgeordnetem Günther Kumpitsch (FPÖ) mit. Hier versuche man, über EU-Kooperationen den Bau neuer Justizanstalten zu fördern. Zur Entlastung der Gefängnisse wolle er auch verstärkt auf die Fußfessel und, wo es möglich ist, auf Diversion durch Leistung gemeinnütziger Arbeit setzen.

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper und Hermann Gahr (ÖVP) erfuhren von Moser, dass die Task Force zur Beratung von Maßnahmen bei Sexualstraftaten demnächst eingerichtet werden soll und mit einem Ergebnisbericht 2019 zu rechnen sei. Hierbei gehe es nicht nur um die Erhöhung der Strafmaße. Die steigende Zahl von Sexualdelikten unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen rechtfertigt laut Moser, nach Ursachen der Entwicklung zu fragen und darauf zu reagieren. Zusätzliche erschwerende Umstände in die Strafbemessung einzubeziehen, sei eine der Überlegungen dazu, sagte Moser. Des Weiteren werde man auch über einen besseren Opferschutz diskutieren. (Schluss Justizausschuss) sox

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