Innenausschuss ebnet Weg für Fremdenrechtspaket

Fremdenrechtliche Bestimmungen werden verschärft, erleichterter Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte

Wien (PK) - Der Innenausschuss des Nationalrats hat den Weg für das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 geebnet. Neben den Koalitionsparteien stimmte auch das Team Stronach in der heutigen Sitzung für das von der Regierung bereits im März vorgelegte umfangreiche Gesetzespaket. Es bringt nicht nur höhere Strafen für ausreiseunwillige Fremde, Einschränkungen bei der Grundversorgung für nicht zum Asylverfahren zugelassene Flüchtlinge, eine Ausweitung der maximalen Schubhaftdauer und andere Maßnahmen zur leichteren Durchsetzung von Abschiebungen, sondern sieht auch Erleichterungen beim Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte, neue Aufenthaltstitel für Schlüsselarbeitskräfte internationaler Konzerne und adaptierte Bestimmungen für Saisonniers vor. In Ausnahmefällen können Visa der Kategorie D künftig auch im Inland ausgestellt werden.

Änderungen am Regierungsentwurf (1523 d.B.) nahmen die Abgeordneten vorerst nicht vor. Allerdings könnte es im Zuge der Beratungen im Nationalrat noch zu Ergänzungen kommen. Das betrifft insbesondere angedachte Wohnsitzauflagen und Gebietsbeschränkungen für Flüchtlinge sowie die Möglichkeit der Verhängung von Beugehaft für ausreiseunwillige Fremde. Innenminister Wolfgang Sobotka ist zuversichtlich, dass die neuen Bestimmungen dazu beitragen werden, die Außerlandesbringung von abgewiesenen Flüchtlingen zu forcieren. Es gehe nicht darum, Daumenschrauben anzuziehen, sondern geltendem Recht Durchbruch zu verhelfen und den Gesetzesvollzug effizienter zu machen, bekräftigte er.

Vorangegangen war dem Beschluss im Ausschuss ein öffentliches Hearing, bei dem die von der FPÖ und den Grünen nominierten Experten unter anderem die Unübersichtlichkeit des Fremdenrechts kritisierten. Im Gegensatz zum Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Wolfgang Taucher, bezweifelt der Asylrechtsexperte Thomas A. Gruber außerdem, dass die neuen Bestimmungen in der Praxis etwas bewirken werden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ausweitung der Schubhaft, die hohen Verwaltungsstrafen, das erweiterte Durchsuchungsrecht von Räumlichkeiten und die geplanten Wohnsitzauflagen hegt der Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts Gerhard Hesse jedenfalls keine. Rechtsanwalt Clemens Lahner plädierte generell dafür, die Kompetenzen für das Asyl- und Fremdenrecht dem Sozialministerium zu übertragen.

BFA-Direktor Taucher präsentierte dem Ausschuss auch einige Zahlen. Demnach ist der Anteil der freiwilligen Ausreisen an den Außerlandesbringungen zuletzt deutlich zurückgegangen. 400 Personen haben bisher die finanziellen Sonderhilfe - 1.000 € für die ersten 1.000 freiwillig heimkehrenden Asylsuchenden - in Anspruch genommen. Die durchschnittliche Dauer des Asylverfahrens betrug zuletzt 12,9 Monate.

Kritik der Grünen, NEOS wollen teilweise zustimmen

Kritik am Fremdenrechtsänderungsgesetz kam vor allem von den Grünen. Abgeordnete Alev Korun kritisierte nicht nur einzelne Bestimmungen des Pakets, sondern warf der Regierung insgesamt Lernunwilligkeit vor. Seit Jahren würde von ExpertInnen die Unübersichtlichkeit des Fremdenrechts gerügt, trotzdem machten die Regierungsparteien "Business as usual" und legten eine unadministrierbare Novelle nach der anderen vor. Korun glaubt außerdem nicht, dass die geplanten Wohnsitzbeschränkungen vor den Höchstgerichten halten werden. Als unerträglich wertete sie außerdem die kurzfristige Vorlage des geplanten Abänderungsantrags.

Der Kritik Koruns schloss sich auch NEOS-Klubchef Matthias Strolz teilweise an. Seine Fraktion sehe Licht und Schatten im Vorschlag, sagte er. Auch das Experten-Hearing habe bestehende Vorbehalte nicht ausräumen können. Die Reform würde extrem viel Stückwerk enthalten. Strolz stellte in diesem Sinn eine getrennte Abstimmung im Plenum des Nationalrats in Aussicht. Für sinnvoll würde Strolz eine Wohnsitzbindung für anerkannte Flüchtlinge erachten, die im Paket jedoch nicht enthalten ist.

Nicht hundertprozentig überzeugt ist auch Team-Stronach-Abgeordneter Christoph Hagen. Etliche Punkte des Gesetzeskonvoluts würden zwar seine uneingeschränkte Zustimmung finden, meinte er, angesichts der Ausführungen der Experten sei aber zu bezweifeln, ob sie tatsächlich wirksam werden. Seiner Ansicht nach wäre es insbesondere notwendig, verstärkt Maßnahmen zu setzen, damit jene Menschen, "die hier nichts verloren haben", gar nicht nach Österreich kommen. Dass er dem Gesetzespaket letztendlich dennoch zustimmte, begründete Hagen damit, dass es in die richtige Richtung gehe.

FPÖ und Team Stronach fordern gänzlichen Neustart im Fremdenrecht

Seitens der FPÖ unterstrich Günther Kumpitsch, dass es statt laufender Novellierungen eines gänzlichen Neustarts im Fremdenrecht bedürfe. Viele Bestimmungen seien in der Praxis nicht anwendbar, insgesamt sei das Fremdenrecht unübersichtlich und schwer lesbar, schloss er sich dem Asylrechtsexperten Thomas Gruber an. Das beschleunigte Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus bereits bei Anklageerhebung steht seiner Einschätzung nach außerdem im Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention. Auch Abgeordneter Hagen drängte darauf, das Fremdenrecht auf völlig neue Beine zu stellen.

Den Vorwurf von Korun, wonach die Koalition über die Opposition drübergefahren sei, wiesen sowohl ÖVP-Abgeordneter Werner Amon als auch Ausschussvorsitzender Otto Pendl (S) zurück. Es sei Korun unbenommen, inhaltliche Kritik zu üben, sagte Amon, der Organisationsablauf inklusive Hearing sei aber mit der Opposition abgesprochen gewesen. Das wurde auch von Pendl bekräftigt. Was den Inhalt des Gesetzes betrifft, hob ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl die Notwendigkeit hervor, den überbordenden Zustrom von AsylwerberInnen nach Wien einzudämmen.

Hesse: Fremdenrechtspaket ist verfassungskonform

Im Zuge des Hearings ging Gerhard Hesse, Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts, auf einzelne Aspekte des Fremdenrechtspakets ein und betonte, dass es von seiner Seite keine verfassungsrechtlichen Einwände gebe. Zwar seien die vorgesehenen Strafen für Fremde, die ihrer Pflicht zur Ausreise nicht nachkommen, mit 5.000 bis 15.000 € relativ hoch, Hesse glaubt aber nicht, dass das gebotene Sachlichkeitsgebot dadurch verletzt wird. Es sei auch sichergestellt, dass eine Krankheit oder andere vom Fremden nicht zu verantwortende Gründe für eine Nicht-Ausreise, nicht zu einer Bestrafung führen.

Ebenso für zulässig hält es Hesse, etwaige strafrechtliche Verurteilungen bei der Verhängung von Schubhaft mitzuberücksichtigen und den Behörden mehr Befugnisse bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten zu geben. Die Durchsuchungen seien nicht als Hausdurchsuchungen zu qualifizieren.

Von den Abgeordneten auf die geplanten Gebietsbeschränkungen und Wohnsitzauflagen angesprochen, bekräftigte Hesse, dass auch diese auf die Vereinbarkeit mit den Grundrechten abgeklopft worden seien. Es handle sich um keine Freiheitsbeschränkung, da die Betroffenen nur verpflichtet seien, einen bestimmten Wohnsitz zu nehmen, es aber keine Pflicht gebe, sich physisch in bestimmten Räumlichkeiten aufzuhalten. Unionsrechtlich sehr wohl ein Problem könnte laut Hesse die von NEOS-Abgeordnetem Strolz angeregte Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge sein. Es wäre wohl nur für eine gewisse Zeit zulässig, die Betroffenen zu verpflichten, in einem bestimmten Bundesland zu bleiben, eventuell bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit.

Taucher: Migrationsdruck ist nach wie vor hoch

Wolfgang Taucher, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, wies darauf hin, dass der Migrationsdruck nach wie vor hoch sei. Zwischen Mai 2016 und April 2017 seien mehr als eine Million Asylanträge in Europa gestellt worden. Allein im Mai habe es in Italien 23.000 Anlandungen gegeben. Im Unterschied zur Flüchtlingswelle 2015 würden die nunmehrigen Flüchtlinge aber kaum Chance auf internationalen Schutz haben, glaubt Taucher, da ein Großteil aus Ländern mit niedriger Anerkennungswahrscheinlichkeit wie Nigeria, Algerien, Bangladesch oder Pakistan komme. Auch in Österreich werde der Schutzstatus in den nächsten Jahren nicht der Regelfall, sondern der Ausnahmefall sein.

Taucher begrüßte vor diesem Hintergrund die geplanten Änderungen im Fremdenrecht, wobei er etwa der Verpflichtung von ausreisepflichtigen Fremden, sich aus Eigenem ein Reisedokument zur Heimreise zu beschaffen, eine große Bedeutung zumisst. Auch die angedachten Wohnsitzauflagen sollten zur Erhöhung der Zahl der Außerlandesbringungen beitragen. Laut Taucher ist es zwar auch in den ersten Monaten dieses Jahres wieder gelungen, die Außerlandesbringungen gegenüber dem Vorjahr zu steigern, und zwar um 5%, das Verhältnis zwischen freiwilligen Ausreisen und Abschiebungen sei aber "gekippt". Zuletzt habe es deutlich mehr erzwungene Außerlandesbringungen als freiwillige Ausreisen gegeben.

Reagiert hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darauf unter anderem mit einer Ausweitung der Rückkehrberatung. Die Rückkehraktion mit 1.000 € Unterstützung für die ersten 1.000 Asylsuchenden, die in ihre Heimat zurückkehren, haben bisher 400 Personen - vor allem Iraker, Afghanen und Iraner - in Anspruch genommen. Zuletzt drastisch gestiegen ist die Zahl der Schubhäftlinge, und zwar von 625 im dritten Quartal 2016 auf 1.137 im ersten Quartal 2017. Die Bemühungen des BFA um Kooperationen mit den Herkunftsländern fruchten, so Taucher.

Die durchschnittliche Dauer des Asylverfahrens betrug im ersten Quartal 2017 Taucher zufolge 12,9 Monate. Mit 26.000 systemrelevanten Entscheidungen habe man um 10% mehr Verfahren als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs abschließen können. Damit ist man auch beim geplanten Abbau des Verfahrensrückstands bis Mitte 2018 auf gutem Weg.

Gruber: Fremdenrecht ist nicht vollziehbar

Massive Kritik am Fremdenrecht insgesamt übte der Asylrechtsexperte Thomas A. Gruber, Jurist am Bundesverwaltungsgericht. Seiner Meinung nach ist das Fremdenrecht schon derzeit kaum zu vollziehen. Daran würden auch die neuerlichen Nachjustierungen nichts ändern. Es werde nur wieder viel Papier produziert. Vieles, was sich in der Theorie gut anhöre, bringe in der Praxis oft keinen Nutzen. Gruber glaubt angesichts der EU-rechtlichen Vorgaben und der aktuellen Rechtsprechung in Österreich etwa nicht, dass es möglich sein wird, tatsächlich Schubhaft bis zu 18 Monate zu verhängen. Schließlich dürfe Schubhaft weder Beugehaft noch Strafhaft sein.

Gruber hat auch erhebliche Zweifel daran, dass es durch die Novelle gelingen wird, die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen. Er erwartet sich vielmehr einen administrativen Mehraufwand ohne messbares Ergebnis. Wer nicht außer Landes gebracht werden wolle, habe genug Möglichkeiten, das zu verhindern. Auch die Novelle werde den Missbrauch von Gesetzen nicht eindämmen können. Skeptisch äußerte sich Gruber auch zur Wohnsitzauflage: Das Ziel, dass Asylwerber ihr Bundesland nicht verlassen, hätte man auf einfachere Weise erreichen können. Als einzige Chance sieht Gruber, das Fremdenrecht vollkommen neu aufzustellen.

Lahner: Asyl- und Fremdenrecht muss raus aus der Kompetenz des Innenministeriums

Rechtsanwalt Clemens Lahner, Spezialist für Fremden- und Asylrecht, plädierte dafür, das Asyl- und Fremdenrecht der Zuständigkeit des Innenministeriums zu entziehen und entweder dem Sozialministerium oder einem eigenen Ministerium zuzuordnen. Derzeit würde das Asyl-und Fremdenrecht ständig durch die Sicherheitsbrille betrachtet, kritisierte er. Dabei gehe es vorrangig um ein gedeihliches Zusammenleben von Menschen, man müsse nicht jeden Flüchtling als potenzielles Sicherheitsrisiko betrachten.

Lahner ist überzeugt, dass Fragen wie die Grundversorgung oder die Mindestsicherung keine Rolle bei der Frage spielen, ob jemand aus seiner Heimat flüchtet. Einziger Pull-Faktor sei, wo kenne ich schon jemanden. Er glaubt in diesem Sinne nicht, dass die vorgesehene Novelle zur Verringerung der Zahl der nach Österreich kommenden Flüchtlinge führen wird.

Was die einzelnen Maßnahmen des vorliegenden Pakets betrifft, vermisst Lahner insgesamt nachvollziehbare Zahlen und Fakten zur Begründung. So wäre es seiner Meinung nach sinnvoll, vor einer Erhöhung der Strafen zunächst die bestehenden Strafbestimmungen zu evaluieren. Anders als Verfassungsexperte Hesse hält er außerdem die vorgesehene Mindeststrafe von 5.000 € für ausreiseunwillige Fremde für äußerst problematisch, noch dazu, wo diese von einer Behörde und nicht von einem Gericht verhängt werde. Die Möglichkeit, ein Aberkennungsverfahren von Asyl bereits bei einer Anklageerhebung einzuleiten, widerspricht Lahner zufolge der Unschuldsvermutung. Der Verlust der Grundversorgung bei einer negativen Entscheidung bezüglich der Zulassung zum Asylverfahren werde nicht zur Ausreise, sondern zu Obdachlosigkeit führen. Höchst bedenklich ist für Lahner auch, dass gegen eine Anordnung zur Unterkunftnahme kein effektiver Rechtsbehelf vorgesehen ist.

Sobotka: Fremdenrechtspaket ist grundrechtskonform

Das Fremdenrechtspaket sei "selbstverständlich grundrechtskonform", hielt Innenminister Wolfgang Sobotka den KritikerInnen entgegen. "Wir bewegen uns auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention." Es gehe vorrangig darum, bestehendem Recht zum Durchbruch zu verhelfen und den Gesetzesvollzug effizienter zu machen.

Die Flüchtlinge würden nach wie vor überwiegend illegal und mithilfe des organisierten Verbrechens nach Europa kommen, machte Sobotka geltend. Österreich gewähre ihnen ein faires Verfahren. Dort, wo das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sei, müssten aber Konsequenzen folgen. Die vorgesehenen Maßnahmen von der Wohnsitzbeschränkung bis zur Beugehaft würden sicherstellen, dass Betroffene rascher außer Landes gebracht werden könnten, ist der Minister zuversichtlich. Als Paradigmenwechsel bezeichnete er die künftige Verpflichtung der ausreisepflichtigen Fremden, sich selbst Dokumente für die Ausreise zu beschaffen.

Was die Kritik an der Administrierbarkeit des Fremdenrechts betrifft, geht Sobotka davon aus, "dass das Gesetz im Vollzug funktionieren wird". Schließlich seien die vorgesehenen Änderungen von den zuständigen Experten vorgeschlagen worden. Auch den Vorwurf, dass die Asylpolitik nicht erfolgreich sei, wies er mit Hinweis auf die zuletzt deutliche Reduktion des Zustroms von Flüchtlingen zurück.

Hohe Verwaltungsstrafen für ausreiseunwillige Fremde

Gemäß dem Fremdenrechtspaket drohen abgewiesenen AsylwerberInnen und anderen Fremden ohne gültigen Aufenthaltstitel in Hinkunft Geldstrafen zwischen 5.000 € und 15.000 € bzw. bis zu sechs Wochen Ersatzhaft, wenn sie Österreich trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung nicht verlassen. Gleiches gilt für Personen, die trotz eines ausdrücklichen Einreise- bzw. Aufenthaltsverbots nach Österreich einreisen. Wer bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einreise oder des Aufenthalts wissentlich falsche Angaben macht, um einen (vorübergehenden) Aufenthaltstitel zu erlangen, kann mit 1.000 € bis 5.000 € bestraft werden. Bisher wurden nur bewusste Falschangaben bei behördlichen Verfahren geahndet.

Zur Durchsetzung eines Festnahmeauftrags erhält die Polizei mehr Spielraum bei der Betretung von Grundstücken und Betriebsstätten sowie bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten.

Schubhaftdauer wird ausgeweitet

Um Rückführungen und Abschiebungen zu erleichtern, ist eine Ausweitung der Schubhaft vorgesehen. Sie kann im Normalfall künftig auf bis zu sechs Monate (bisher vier) bzw. drei Monate für mündige Minderjährige (bisher zwei) erstreckt werden. Bei besonderen Umständen, etwa wenn die Staatsangehörigkeit des Betroffenen nicht festgestellt werden kann oder sich dieser schon einmal einer Abschiebung entzogen hat, ist eine Festhaltung bis zu 18 Monate möglich (bisher zehn Monate in einem Zeitraum von 18 Monaten). Damit wird die EU-rechtlich erlaubte Dauer voll ausgeschöpft. Es habe sich gezeigt, dass vier Monate mitunter zu kurz bemessen sind, um nicht nur ein Ersatzreisedokument zu erlangen, sondern die Abschiebung auch tatsächlich durchzuführen, wird in den Erläuterungen zum Gesetzespaket festgehalten. Die Pflicht, Flüchtlinge mit negativem Asylbescheid vorab vom festgelegten Abschiebetermin zu informieren, entfällt.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Schubhaft, können in Hinkunft auch strafrechtliche Verurteilungen berücksichtigt werden. Zudem soll ein Verfahren zur Aberkennung von Asyl nicht erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung, sondern bereits bei Anklageerhebung bzw. bei Betreten auf frischer Tat oder bei Verhängung von Untersuchungshaft eingeleitet werden.

Einschränkungen bei der Grundversorgung

Flüchtlinge, die nicht zum Asylverfahren zugelassen wurden und deren Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, etwa weil sie aus einem sicheren Herkunftsland stammen, verlieren künftig die Grundversorgung, wenn sie nicht an ihrer Ausreise mitwirken. Die Bestimmungen der Aufnahme-Richtlinie der EU, mit denen die fortgesetzte Grundversorgung bisher begründet wurde, seien nicht anwendbar, heißt es dazu in den Erläuterungen. Neu ist auch, dass zur Durchsetzung des Betretungsverbots und der Hausordnung in Betreuungseinrichtungen des Bundes künftig besonders geschulte MitarbeiterInnen zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt werden können.

Taschengeld für gemeinnützig tätige Flüchtlinge: Sobotka kann Höchstgrenze festsetzen

Schon derzeit können Flüchtlinge von Bund, Ländern und Gemeinden freiwillig für gemeinnützige Hilfstätigkeiten, etwa zur Betreuung von Sport- und Parkanlagen oder zur Unterstützung der Administration, herangezogen werden. In Hinkunft soll diese Möglichkeit auch auf nicht auf Gewinn ausgerichtete Rechtsträger im direkten oder indirekten Eigentum einer Gebietskörperschaft und auf NGOs ausgeweitet werden, wobei es zuvor einer Verordnung von Innenminister Sobotka bedarf. Der Minister kann überdies in Hinkunft betragliche Höchstgrenzen für den "Anerkennungsbeitrag", den die Flüchtlinge für ihre Arbeit erhalten, festlegen.

Neue Aufenthaltstitel "ICT" und "mobile ICT"

Umgesetzt werden mit dem Gesetzespaket und einer vom Nationalrat bereits beschlossenen begleitenden Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes auch zwei EU-Richtlinien, und zwar die Saisonier-Richtlinie und die ICT-Richtlinie, welche den konzerninternen Transfer von Schlüsselarbeitskräften betrifft.

Demnach werden für ausländische Führungskräfte, SpezialistInnen und Trainees, die von ihrem Unternehmen vorübergehend in einer österreichischen Niederlassung eingesetzt werden, zwei neue Aufenthaltstitel - "ICT" und "mobile ICT" - geschaffen. Sie ersetzen die bisherige Aufenthaltsbewilligung für Rotationsarbeitskräfte und garantieren den Betroffenen und ihren Familienangehörigen volle Mobilität innerhalb der EU. Ebenso wird sichergestellt, dass Personen, die einen ICT-Aufenthaltstitel eines anderen EU-Lands haben, visumfrei nach Österreich einreisen können. Die Höchstdauer für konzerninterne Transfers beträgt für Führungskräfte und SpezialistInnen drei Jahre und für Trainees ein Jahr.

Visumpflicht für alle Saisoniers

Saisoniers brauchen in Hinkunft jedenfalls ein Visum C oder D (je nach Aufenthaltsdauer), und zwar auch jene, die bisher visumfrei einreisen konnten. Das betrifft insbesondere Staatsangehörige aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Mazedonien. Im Gegenzug entfällt die bisher zwingende Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung. Außerdem wird Saisoniers die Möglichkeit eröffnet, ihr Visum im Inland zu verlängern, wobei die maximale Aufenthaltsdauer von neun Monaten innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums nicht überschritten werden darf.

Auch für andere Fälle wird die Visum-Kategorie D erweitert. So kann künftig auch dann ein Visum im Inland ausgestellt werden, wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, wobei der Gesetzentwurf konkret humanitäre Gründe, ein nationales Interesse und internationale Verpflichtungen anführt. Voraussetzung ist, dass sich der betroffene Fremde rechtmäßig in Österreich aufhält. Als Beispiele wird in den Erläuterungen etwa der Fall genannt, dass jemand wegen eines plötzlichen Krankenhausaufenthalts nicht ausreisen kann oder sich internationale Verhandlungen in die Länge ziehen.

Neu ist außerdem die Möglichkeit, Visa der Kategorie D unter bestimmten Voraussetzungen für bis zu 9 bzw. 12 Monate auszustellen, was nicht nur Saisoniers und Betroffenen von Notfällen zugutekommt, sondern auch TeilnehmerInnen an so genannten "Working-Holiday-Programmen".

Rot-Weiß-Rot-Karte: Erleichterungen für Studierende und Start-Ups

Auch für ausländische UniversitätsabsolventInnen sind Erleichterungen vorgesehen. Sie haben künftig ein Jahr - statt bisher sechs Monate -Zeit, um nach Abschluss ihres Studiums einen qualifizierten Job in Österreich zu finden, ohne ihren Aufenthaltstitel zu verlieren. Außerdem erhalten auch GründerInnen von Start-ups Zugang zur "Rot-Weiß-Rot-Karte", wobei die genauen Voraussetzungen im Ausländerbeschäftigungsgesetz festgelegt sind. Die Gültigkeitsdauer der Rot-Weiß-Rot-Karte wird von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert, erst danach wird eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus für einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang ausgestellt.

Integrationsgesetz wird adaptiert

Schließlich werden in Reaktion auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs die speziellen Bestimmungen für KünstlerInnen und ForscherInnen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz adaptiert. Die bisherigen Aufenthaltsbewilligungen werden in Niederlassungsbewilligungen übergeleitet und den Betroffenen damit auch formell ein direkter Zugang zum Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" eröffnet. Auch Personen, die unter den Bereich "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" fallen, wird eine Niederlassung ermöglicht, für sie gilt diesfalls automatisch die Pflicht zum Erwerb elementarer Deutschkenntnisse vor dem Zuzug.

Da die betreffenden Personengruppen perspektivisch einen Daueraufenthaltstitel für die EU erwerben können, werden sie darüber hinaus in den Anwendungsbereich der Integrationsvereinbarung aufgenommen. Eine von den Koalitionsparteien begleitend zum Fremdenrechtspaket beantragte Änderung des vor kurzem beschlossenen Integrationsgesetzes erhielt im Ausschuss auch die Zustimmung des Team Stronach und der NEOS. Für bestimmte KünstlerInnen wie SchriftstellerInnen, MalerInnen, MusikerInnen und SchauspielerInnen sind allerdings Ausnahmen vorgesehen: Für sie soll das Modul 1 der Integrationsvereinbarung im Hinblick auf die wertvollen Leistungen, die Kunst erbringt, automatisch als erfüllt gelten.

Wohnsitzauflagen und Gebietsbeschränkungen

Nicht Teil des beschlossenen Pakets sind angedachte Wohnsitzauflagen und Gebietsbeschränkungen für Flüchtlinge. So steht etwa in Diskussion, die Bewegungsfreiheit abgewiesener AsylwerberInnen auf jenen Bezirk, in dem sich ihre Unterkunft befindet, zu beschränken und sie gegebenenfalls zur Unterkunftnahme in einer bestimmten Betreuungseinrichtung des Bundes zu verpflichten. Damit will man die tatsächliche Ausreise der Betroffenen forcieren. Außerdem könnte Flüchtlingen, die die Grundversorgung in Anspruch nehmen, verwehrt werden, während des Asylverfahrens in ein anderes Bundesland zu übersiedeln.

Zur Durchsetzung der Bestimmungen sind Verwaltungsstrafen bis zu 1.000 € - bzw. im Wiederholungsfall bis zu 5.000 € - und Anhaltebefugnisse seitens der Polizei angedacht. Darüber hinaus könnten abgewiesene AsylwerberInnen, die die Beschaffung notwendiger Heimreisedokumente absichtlich vereiteln, in Beugehaft genommen werden. Weitere mögliche Adaptierungen betreffen die Bestimmungen zur Grundversorgung und eine Fristverlängerung für das Bundesverwaltungsgericht, das in zweiter Instanz über Asylverfahren entscheidet. (Fortsetzung Innenausschuss) gs

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