Karmasin lehnt Leistungskürzungen für Familien ab

Debatte über EcoAustria-Studie zur Reform des FLAF im Familienausschuss

Wien (PK) - Mit einem klaren Nein zu Leistungskürzungen positionierte sich heute Bundesministerin Sophie Karmasin im Familienausschuss anlässlich der Präsentation der EcoAustria-Studie mit dem Titel "Reformoptionen für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF)". Man habe im Regierungsprogramm vereinbart, die Familienförderungen transparenter und einfacher zu gestalten, erinnerte sie. Es gehe aus ihrer Sicht dabei primär um eine fairere Aufteilung, eine präzisere Zuordnung der Leistungen und eine Vermeidung von Doppelfinanzierungen. Die dazu laufenden Gespräche mit dem Finanzminister und den anderen RessortkollegInnen werde sie fortführen.

Das Expertenpapier hatte im Vorfeld bereits zu einiger Aufregung geführt, da es u.a. auch "leistungsdämpfende Maßnahmen" wie etwa den Wegfall des Wochengelds für Nichterwerbstätige enthält. Michaela Gstrein von EcoAustria gab im Rahmen der Aktuellen Aussprache zu bedenken, dass es sich um eine rein ökonomische Analyse handelt, in dessen Rahmen alle ein- und ausgabenseitigen Reformoptionen untersucht wurden.

Die Gesamteinnahmen des FLAF beliefen sich im Jahr 2015 auf knapp 6,9 Mrd. €. Der Fonds, aus dem hauptsächlich die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld finanziert werden, ist vor allem wegen der Senkung der Lohnnebenkosten mit einem Einnahmenproblem konfrontiert. Ab dem Jahr 2017 werden nämlich die Dienstgeberbeiträge schrittweise von 4,5% auf 3,8% bis zum Jahr 2019 reduziert; dadurch wird heuer ein Abgang von 103 Mio. € erwartet. Auch der Schuldenstand des Reservefonds wird laut der Studie von EcoAustria im Jahr 2020 einen historischen Spitzenwert von 3,6 Mrd. € erreichen.

Auf der Tagesordnung des Familienausschusses standen noch der aktuelle EU-Vorhabensbericht, der einstimmig zur Kenntnis genommen und enderledigt wurde, sowie zahlreiche Anträge der Opposition, die u.a. eine Änderung beim Wochengeld, eine Übergangsfrist beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld oder bessere steuerliche Absetzbarkeit von Schul- und Nachhilfekosten zum Inhalt hatten.

Karmasin: Anstieg der Familienleistungen pro Kind um plus 65% seit dem Jahr 2000

Die EcoAustria-Expertin Michaela Gstrein wies einleitend auf die aktuelle finanzielle Situation des FLAF hin, der nach einer kurzen Phase der Überschüsse und eines ausgeglichenen Saldos im Jahr 2016 in den nächsten Jahren negativ bilanzieren wird. Vor allem aufgrund des Rückgangs bei den Dienstgeberbeiträgen muss man laut Bundesfinanzrahmen im Jahr 2018 mit einem Abgang von knapp 460 Mio. € rechnen. Auch der Schuldenstand des Reservefonds, also des "Sparkontos" des FLAF", werde sich deutlich ausweiten. Die Kernleistungen des FLAF - also Familienbeihilfen (3,4 Mrd. €) und Kinderbetreuungsgeld (1,1 Mrd. €) - machen noch immer zwei Drittel der Ausgaben aus. In den letzten Jahren haben sich aber die Transfers an die Sozialversicherungsträger massiv ausgeweitet, zeigte Gstrein auf. Den größten Brocken machen dabei die Beiträge zur Pensionsversicherung (für Kinderbetreuungsgeld, Pflegepersonen von Schwerstbehinderten bzw. Wahl/Pflegekind) mit 840 Mio. € aus. Daneben schlägt der Teilersatz für Aufwendungen für das Pflegegeld (330 Mio. €) als weiterer bedeutender Ausgabenposten zu Buche. Auch die Kosten für Unterhaltsvorschüsse betrugen im Jahr 2015 insgesamt 133 Mio. €.

Gstrein erläuterte in der Folge die von ihrem Institut erarbeiteten Reformvorschläge, die sich in drei Gruppen gliedern lassen, nämlich einnahmenseitige Maßnahmen, leistungsdämpfende Maßnahmen auf der Ausgabenseite und die Verschiebung von Leistungen an andere Finanzierungsträger. Als Beispiele führte sie die Valorisierung des Abgeltungsbeitrags aus der Einkommens- und Lohnsteuer oder die Übertragung bedingt familienrelevanter Aufgaben an die zuständigen Ressorts, wie etwa Ausgaben für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen oder Unterhaltsvorschüsse, an.
Die Empfehlungen auf der Ausgabenseite beziehen sich u.a. auf leistungsdämpfende Maßnahmen beim Wochengeld, bei den Beihilfen zum Kinderbetreuungsgeld oder bei der Höhe der Bemessungsgrundlagen für die Pensionsversicherung.

Die Studie sei eine sehr gute Diskussionsgrundlage, erklärte Bundesministerin Sophie Karmasin, aus der nun die politischen Schlüsse gezogen werden müssen. Schon vor der Senkung der Lohnnebenkosten sei man übereingekommen, sich die Gebarung des FLAF näher anzusehen. Sie versicherte mit Nachdruck, dass bei den Familien nicht eingespart werden soll. Die vorgeschlagenen leistungsdämpfenden Maßnahmen werden daher nicht umgesetzt. Aufgrund der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung sowie des geänderten Leistungsspektrums des FLAF sei es aber legitim, sich zu überlegen, wie die Finanzströme transparenter und fairer gestaltet werden können. Ihrer Meinung nach wäre es etwa gerechter, wenn die Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten nur zu 50% vom FLAF (und nicht wie bisher 75%) und zu 50% vom Bund getragen werden. Karmasin betonte, dass die Sicherung der Familienleistungen weiterhin ihre oberste Priorität ist. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Gesamtaufwendungen für Familien von 2000 bis 2015 um über 65% gestiegen sind.

Mit der Verschiebung von Agenden in andere Ressorts löse man keine Probleme, gab Abgeordnete Angela Lueger (S) zu bedenken. Außerdem müssen familienrelevante Leistungen weiterhin im FLAF bleiben. Ihrer Ansicht nach sollte man sich vielmehr Gedanken darüber machen, wie die Finanzierungsbasis - etwa durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe - verbreitert werden könnte. Angesichts der schwierigen Situation des FLAF fragte sich FPÖ-Abgeordnete Anneliese Kitzmüller, ob es jemals zur notwendigen Valorisierung der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes kommt. G-Mandatarin Judith Schwentner zeigte sich verwundert darüber, dass die ausgabenseitigen Vorschläge einen so breiten Raum in der Studie einnehmen. Wer garantiert, dass diese nicht umgesetzt werden?

NEOS und FPÖ-Anträge zur Umgestaltung des FLAF wurden vertagt

Im Zusammenhang mit dem Thema FLAF lagen auch zwei Oppositionsanträge vor. Angesicht der steigenden Ausgaben des Familienlastenausgleichsfonds (Anhebung der Familienbeihilfe, höhere Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten) und sinkender Einnahmen (Reduktion der Dienstgeberbeiträge) drängen die NEOS auf eine Umgestaltung des FLAF-Leistungsspektrums (1407/A(E)). Besonders familienfremde Leistungen sollten aus dem Fonds ausgelagert werden. sehen.

Auch die Freiheitlichen forderten Ministerin Karmasin auf, durch Verhandlungen insbesondere mit dem Finanzminister sicherzustellen, dass die Mittel des FLAF wieder zur Gänze für familienrelevante Leistungen zur Verfügung stehen (797/A(E)). Die Umsetzung dieser Maßnahme sollte noch in dieser Legislaturperiode erfolgen und im Bundesfinanzrahmengesetz 2018-2021 festgeschrieben werden, heißt es in einem F-Abänderungsantrag. - Beide Entschließungsanträge wurden mit S-V-Mehrheit vertagt.

EU-Vorhabensbericht: Rege Teilnahme an Erasmus+ und am Freiwilligendienst

Jugendarbeit, die Förderung der Inklusion junger Menschen und partizipatorische Projekte wie Erasmus+ sind die zentralen Themen auf europäischer Ebene, hob Bundesministerin Sophie Karmasin bei der Behandlung des aktuellen EU-Vorhabensberichts hervor (III-340 d.B.), der mit S-V-G-N-T-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde. Gerade Erasmus+ sei eine europäische Erfolgsgeschichte, die gestern ihren 30. Geburtstag gefeiert hat. Unter dem Dach von "Erasmus+: Jugend in Aktion" gibt es Fördermöglichkeiten für Jugendprojekte bzw. die außerschulische Jugendarbeit. Von österreichischer Seite nahmen ca. 4.000 Jugendliche und 1.200 Lehrlinge an dem Programm teil. Auch der Freiwilligendienst werde zahlreich in Anspruch genommen. All diese Projekte leisten einen wichtigen Beitrag zum Erwerb von Kompetenzen, zur Steigerung des Selbstbewusstseins und dem Kennenlernen anderer Kulturen und Sprachen. Es sei daher erfreulich, dass dieses Programm weiter ausgebaut werden soll. Sie werde sich auch dafür einsetzen, dass ein Interrail-Ticket für alle Jugendlichen in Europa eingeführt wird.

Der Jahresvorschau ist weiters zu entnehmen, dass die vorrangigen Aufgaben der Jugendarbeit (Stärkung der sozialen Inklusion durch Schaffung von Freiräumen, Rekreation und Sozialisation im Kreis von Gleichaltrigen, Auseinandersetzung mit persönlichen und gesellschaftlichen Themen) österreichweit von über 160.000 Freiwilligen in etwa 2.000 Einrichtungen angeboten und verfolgt werden. Um einen niederschwelligen Zugang zu gewährleisten und um möglichst viele junge Menschen zu erreichen, werden auch die digitalen Angebote (e-youthwork) ausgebaut, informierte die Ministerin. Für die Umsetzung der Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr ist zwar das Sozialministerium zuständig, ihr Ressort sei aber über die Jugendcoaches eingebunden. Bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen forciere man die Aufnahme in Pflegefamilien, weil dadurch die Integration am besten unterstützt werden könne. Was die außerschulische Jugendarbeit betrifft, so wurden über 5,7 Millionen Stunden von Freiwilligen geleistet, hob Karmasin hervor. Dies entspricht einem Gegenwert von 93 Mio. €.

Auf eine Frage zum "EureProjekt", das jungen Menschen von 14-24 Jahren neben einer individuellen Projektberatung eine Anschubfinanzierung bis zu 500 € zur Verfügung stellt, wies Karmasin darauf hin, dass 237 Anträge genehmigt wurden. Bei der Initiative "WIKI:I: Was ich durch informelles Lernen kann" wiederum soll beim Erfassen und Darstellen von informell Gelerntem unter die Arme gegriffen werden. 100.000 € werden auch für die Initiative "saferinternet" zur Verfügung gestellt, damit werden u.a. 1.000 Workshops finanziert.

Extremismus und Radikalisierung: Beratungsstelle wird sehr gut angenommen

Den Bereichen Extremismus und Radikalisierung unter Jugendlichen wird besonderes Augenmerk geschenkt, erklärte Karmasin in Richtung der FPÖ-Abgeordneten Anneliese Kitzmüller. Die Präventionsarbeit der 2014 eingerichteten Beratungsstelle Extremismus reiche von mobilen Beratungsteams über anonyme telefonische Orientierungshilfen bis hin zu Kriseninterventionen und längerfristiger Begleitung. Im Jahr 2017 konnte man bereits 2.240 Anrufe und 108 Erstberatungen verzeichnen. Es handle sich dabei um ein Vorzeigemodell in Europa, das immer wieder auf großes Interesse stößt.

Karmasin zeigt sich optimistisch bezüglich der Erreichung des Barcelona-Ziels

Im Bereich Familie sind die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Ausbau von quantitativen und qualitativen Kinderbetreuungsangeboten und damit Maßnahmen zur Verbesserung von Arbeitsmarktchancen von Frauen die Kernthemen. Durch die Einführung des flexiblen Kinderbetreuungsgeldkontos ab 1. März 2017, die Stärkung der Väterbeteiligung durch neue Regelungen zum Familienzeitbonus und den Partnerschaftsbonus soll die Vereinbarkeit zunehmend erhöht werden. Bis dato sind bereits 400 Anträge auf Familienzeit eingereicht worden, informierte die Ressortchefin.
Im Jahr 2015 betrug die Betreuungsrate bei den unter 3-jährigen Kindern 27,4%. Aufgrund der Ausbauoffensive gehe sie davon aus, dass das Barcelona-Ziel erreicht wird, erklärte sie gegenüber Abgeordneter Cornelia Ecker (S). Außerdem soll ab Herbst 2018 das zweite Gratis-Kindergartenjahr umgesetzt werden. Im Gegensatz zu NEOS-Abgeordnetem Michael Bernhard trat sie nicht für eine Reduktion der Maximalbezugsdauer beim Kinderbetreuungsgeld auf 24 Monate ein, weil dies die Wahlfreiheit einschränken würde. Es sei ohnehin schon ein Trend zu den kürzeren Varianten erkennbar, zeigte die Ministerin auf.

Sie wies weiters darauf hin, dass ihr Ressort zum ersten Mal den Preis "Gemeinden für Familien" vergibt. Ausgezeichnet werden dabei besondere Maßnahmen, die der Förderung eines familienfreundlichen Umfelds in den Kommunen dienen. Im Mittelpunkt steht heuer das Thema "Generationendialog", also das bessere Verständnis der verschiedenen Altersgruppen untereinander. (Schluss) sue

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