Mehrwertsteuersenkung passiert letzte parlamentarische Hürde

Bundesrat billigt weitere Maßnahmen zur Abfederung der Corona-Krise

Wien (PK) Der Bundesrat hat heute die von den Koalitionsparteien beantragte Novelle zum Umsatzsteuergesetz zur Entlastung der Gastronomie sowie die Kultur- und Medienbranche gebilligt. Keinen Einspruch von der Länderkammer gab es zudem für das 22. COVID-19-Gesetz, das eine Überbrückungsfinanzierung für Künstlerinnen und Künstler vorsieht, Zweckzuschüsse für die Länder, COVID-19-Fristverlängerungen für MNS-Masken sowie eine Änderung des Epidemiegesetzes samt Vergütung des Verdienstentgangs.

In einem Entschließungsantrag sprach sich die Länderkammer zudem fraktionsübergreifend für die Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien aus.

Mehrwertsteuersenkung für Gastro-, Medien- und Kulturbereich

Durch die Novelle des Umsatzsteuergesetzes wird der Steuersatz unter anderem für Getränke und Speisen in der Gastronomie, Theater- und Kinokarten, aber auch für Kunstwerke, Bücher, Zeitungen, Zoos und Naturparks bis Jahresende auf 5% reduziert. Der Anwendungsbereich wurde mittels einer Abänderung im Nationalrat von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS auch auf die Beherbergung bzw. Nächtigungen, auf andere gewerbliche Gastronomietätigkeiten, etwa von Fleischern, Bäckern oder Buschenschanken, sowie für SchaustellerInnen und E-Publikationen ausgedehnt. Die Änderung des Umsatzsteuergesetzes passierte den Bundesrat mit der Zustimmung aller Fraktionen.

Jene Branchen, die von der Krise besonders hart getroffen wurden, brauchen besondere Unterstützung und Entlastung, zeigte sich Elisabeth Mattersberger (ÖVP/T) überzeugt. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz sei ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Zuversicht und um die Existenzen von UnternehmerInnen und ihren ArbeitnehmerInnen zu sichern. Andreas Lackner (Grüne/St) ortete Missverständnisse dabei, was das Ziel der Steuersenkung sei. „Es geht nicht darum, dass das Bier billiger wird, sondern, dass den Wirten mehr bleibt“, sagte er. Die Umsatzsteuersenkung sei eine rasche und unkomplizierte Hilfe, die die Betroffenen wirklich entlaste. Im Europavergleich stehe Österreichs Wirtschaft außerdem gut da, so Lackner. Finanzminister Gernot Blümel strich hervor, dass durch die Umsatzsteuersenkung in der Gastronomie bis Jahresende ein Entlastungsvolumen von 700 Mio. € schlagend werde. Gemeinsam mit dem bereits beschlossenen Wirtshauspaket ergebe sich eine Entlastung von durchschnittlich 23.000 € pro Gastwirtschaft, so der Finanzminister.

Die Senkung der Mehrwertsteuer sei grundsätzlich wirklich sinnvoll und gut, sagte Andrea Kahofer (SPÖ/N). Sie könne aber nicht die ultimative Rettung unserer Wirtschaft darstellen. Die Steuersenkung sei kein Rettungsboot, sondern ein Schwimmreifen, wenngleich sie die Maßnahme nicht kleinreden wolle, so Kahofer. Sie äußerte zudem Kritik an der Umsetzung und brachte einen Entschließungsantrag betreffend „Keine Steuerbegünstigungen für Amazon, Starbucks und Co.“ ein, der mehrheitlich angenommen wurde. Eine weitere SPÖ-Entschließung, die sich gegen eine Preiserhöhung nach Ende der Umsatzsteuerbegünstigung ausspricht, fand die Zustimmung aller Fraktionen.

Die Freiheitlichen würden die temporäre Umsatzsteuersenkung für die Gastronomie ebenso befürworten, sagte Bernd Saurer (FPÖ/W). Man müsse aber beleuchten, in welchem Ausmaß die KonsumentInnen und die Gastronomie tatsächlich entlastet werden. Es handle sich um „Hilfe in Apothekerdosis“. Saurer brachte einen Entschließungsantrag für eine generelle Halbierung der Umsatzsteuersätze bis Ende des ersten Quartals 2021 ein, der abgelehnt wurde. Ein weiterer FPÖ-Entschließungsantrag, mit dem gefordert wird, dass private VermieterInnen von Ferienwohnungen in den Kreis der Anspruchsberechtigten für den Härtefallfonds aufgenommen werden, wurde mehrheitlich angenommen.

Unterstützungsfonds für freischaffende KünstlerInnen

Um die negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf den Kulturbereich abzufedern, soll freischaffenden, in wirtschaftliche Not geratenen KünstlerInnen durch die Einrichtung eines mit 90 Mio. € dotierten Unterstützungsfonds unter die Arme gegriffen werden. Der Fonds soll eine monatliche Unterstützungsleistung bis zu 1.000 € leisten, wobei die Hilfe für maximal sechs Monate gewährt werden soll. Ein entsprechender Initiativantrag von ÖVP und Grünen erhielt trotz teilweiser Kritik von SPÖ und FPÖ einhellige Zustimmung in der Länderkammer. Nähere Regelungen zur Antragstellung sowie zur Berechnung und zur Dauer der Förderung werden per Verordnung festgelegt.

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne/W) betonte die Bedeutung von Kunst und Kultur in Krisenzeiten und verwies auf den am Vortag in Wien abgehaltenen Schweigemarsch von Kulturschaffenden: „Gerade jetzt brauchen wir die Stimmen der Künstlerinnen und Künstler mehr denn je.“ Erfreut gab Schreuder bekannt, dass die Richtlinien für VeranstalterInnen und gemeinnützige Organisationen „heute fertig geworden sind“ und man bereits Anträge an den NPO-Fonds stellen könne.

Einen kursorischen Überblick über sämtliche Unterstützungsmaßnahmen für den Kunst- und Kulturbereich lieferte Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP/T). Kultur sei ihrer Ansicht nach „systemrelevant, für die Gesellschaft, für den Austausch, für die Bereicherung, als Brücke, besonders aber auch für Kinder, Jugendliche, SeniorInnen, für den Tourismus, die Wertschöpfung und generell für unser Menschsein“, so Neurauter. Weitere Maßnahmen zu den bisher getroffenen würden notwendig sein für die Bundestheater und Bundesmuseen.

Die Bedeutung der Wertschöpfung von Kunst und Kultur griff auch Bundesrätin Eva Prisch (SPÖ/N) auf. Diese betrage einer Studie des WIFO zufolge 9,8 Milliarden Euro bei 150.000 Beschäftigten in diesem Bereich. Die Kulturwirtschaft habe durch die gesundheitspolitischen Maßnahmen am meisten gelitten, stellte Prisch fest und forderte daher im Namen ihrer Fraktion ein langfristiges Investitionsprogramm in der Höhe von einer Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre, ein KünstlerInnensozialversicherungsgesetz, das den zeitgenössischen Erwerbsrealitäten entspricht sowie die Verdopplung des Budgets für Kunst und Kultur auf 1 Prozent des BIP.

Die zu langsame Umsetzung von Unterstützungen für Kulturschaffende beklagte Bundesrat Reinhard Pisec (FPÖ/W). Im Vergleich mit Österreich würde die Schweiz mit 250 Millionen Euro eine höhere Unterstützung für Kunst und Kultur bieten und diese schneller auszahlen. Dies sei „dem Produkt 50 Jahre Sozialismus in Österreich geschuldet“, so Pisec, der des weiteren zu einer Kritik an der Kulturpolitik des „austromarxistischen Wien“ ausholte. „Realer Sozialismus und Kommunismus“ sei ein „Virus, mit dem wir uns vor allem in Wien beschäftigen müssen“, so Pisec, der damit lautstarken Unmut der SPÖ-Fraktion auf sich zog.

Im Anschluss an die VorrednerInnen ergriff Staatssekretärin Andrea Mayer das Wort. Heute werde der Künstlerfonds beschlossen, dies sei „ein Tag der Freude und der Zuversicht.“ Der Fonds sei das Herzstück des Maßnahmenpakets im Kunst- und Kulturbereich, das die Bundesregierung in den letzten Wochen geschnürt habe. „Mit dem breit gefächerten Paket können wir die Kulturlandschaft in ihrer Vielfalt durch die Krise bringen – auch durch die Kraft, die von den Kulturschaffenden ausgeht“, gab sich die Staatssekretärin optimistisch. Für die Bundesmuseen sei es außerdem gelungen, eine „Sommerbundesmuseen-Card“ anzubieten, mit der alle acht Standorte vergünstigt besucht werden können. Die Senkung der Umsatzsteuer im Bereich Kunst und Kultur verteidigte Mayer gegen die von Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ/W) geäußerte Kritik. Diese Maßnahme komme beispielsweise dem stationären Buchhandel entgegen, zur „Stützung des Kulturgutes Buch“. Man habe hier auf die Steuersenkung in Deutschland reagiert, zur Sicherung des Buchhandels in Österreich.

Länder erhalten Zweckzuschuss für COVID-19-Maßnahmen

Einstimmig passierte den Bundesrat ebenso ein so genanntes COVID-19-Zweckzuschussgesetz, das darauf abzielt, den Ländern, die im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Krise entstandenen Aufwendungen für Schutzausrüstung, die Hotline 1450 sowie für Barackenspitäler durch einen Zweckzuschuss des Bundes, zu ersetzen. Die Details betreffend Mittelaufteilung und Abwicklung werden in einer Richtlinie im Einvernehmen mit den Ländern geregelt.

Gemeinden haben in der Zeit der Krise viel geleistet und waren vor große Herausforderungen gestellt, betonte Ernest Schwindsackl (ÖVP/St). Daher sei die Gemeindemilliarde eine Punktlandung. Umfassende Kritik an den Corona-Maßnahmen der Regierung übte hingegen Reinhard Pisec (FPÖ/W). Die Versäumnisse in der Gesundheit hätten den Lockdown verursacht und zu einer politischen Krise geführt. Aus Sicht von Ingo Appé (SPÖ/K) stellt der vorliegende Antrag einen Kompromiss dar. Auch wenn seine Fraktion zustimmen werde, gebe es seitens der Länder die Befürchtung einer Präjudiz, dass sie künftig etwa für Barackenspitäler die Kosten selber tragen müssen. Andreas Lackner (Grüne/St) geht es darüber hinaus um die Sicherstellung heimischer Produktion mit Schutzmasken und insgesamt um Versorgungssicherheit und Produktion in Österreich und Europa.

COVID-19-Fristverlängerungen für MNS-Masken und Vergütung des Verdienstentgangs

Mit der Mehrheit der Stimmen im Bundesrat werden die COVID-19-Mund-Nasenschutzmasken nunmehr bis Jahresende von den Zertifizierungspflichten des Medizinproduktegesetzes und des Maschinen-Inverkehrbringungs- und Notifizierungsgesetzes ausgenommen.

Ebenfalls verlängert werden soll die Frist zur Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentgangs als Folge von behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19, konkret von sechs Wochen auf drei Monate. Der in der Länderkammer einstimmig angenommene Antrag der Regierungsparteien auf Änderung des Epidemiegesetzes sieht zudem auch vor, dass bereits laufende oder abgelaufene Fristen mit dem Inkrafttreten dieser Bestimmung neu zu laufen beginnen.

FPÖ drängt weiter auf Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien

Die FPÖ drängt weiter auf eine offizielle Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien und fordert Außenminister Alexander Schallenberg in diesem Sinn auf, auf bilateraler und europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Republik Slowenien zu einem entsprechenden Schritt zu bewegen (276/A(E)-BR). FPÖ-Bundesrat Josef Ofner und seine FraktionskollegInnen sehen es zwar als Fortschritt, dass die slowenische Regierung nun die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Vertiefung des Dialogs mit den VertreterInnen der deutschsprachigen Volksgruppe in Aussicht genommen hat, sie sehen das aber nur als ersten Schritt und hätten außerdem die Bildung eines Beirats – analog zu den Beiräten für Volksgruppen-Angehörige aus dem ehemaligen Jugoslawien – bevorzugt. Überdies hinterfragen sie die Gleichbehandlung des Dachverbands der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe und des Dachverbands der Gottscheer Vereine bei der Nominierung von Arbeitsgruppenmitgliedern, zumal letzterer nur den Charakter eines Brauchtumsvereins habe und ihm nur zwei Kultureinrichtungen angehörten. Die Entschließung wurde im Bundesratsplenum Plenum einstimmig angenommen. (Schluss) cke/kar/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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