Nationalrat beschließt Änderungen bei Wohnungsgemeinnützigkeit

ÖVP, FPÖ und NEOS wollen Eigentumsbildung fördern, SPÖ und JETZT warnen vor Spekulation mit gemeinnützigem Wohnbau

Wien (PK) Auf Initiative von ÖVP und FPÖ wird es umfangreiche Änderungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) geben. Nachdem sich im Bautenausschuss eine Mehrheit dafür gefunden hatte, stimmte heute auch der Nationalrat einem entsprechenden Initiativantrag der beiden Fraktionen zu. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist es, die Übertragung in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) von derzeit 10 Jahren auf den Ablauf des fünften Jahres ab Bezug der Baulichkeit vorzuverlegen. Mit der Novelle wird auch eine Stärkung der Aufsicht vorgenommen. Des Weiteren enthält sie Maßnahmen gegen Spekulation mit gefördertem Wohnraum. Die Spekulationsfrist, innerhalb derer Gewinne beim Weiterverkauf einer geförderten Wohnung zurückzuzahlen sind, wird mit 15 Jahren festgelegt. Ausdrücklich vorgesehen ist auch ein Verbot einer touristischen Nutzung.  Nur Teilen der Novelle etwas abgewinnen konnte die SPÖ, die bis zur Beschlussfassung im Plenum noch auf Änderungen gehofft hatte. Eine Reihe von Abänderungsanträgen der SPÖ wurde abgelehnt. Keinen Erfolg hatten auch ein Abänderungsantrag der Fraktion JETZT sowie zwei weitere, die von den NEOS im Zuge der Debatte gestellt wurden.

Auf Verlangen der SPÖ wurden die einzelnen Teil der Novelle einer getrennten Abstimmung unterzogen, diese wurden teils mehrheitlich, teils einstimmig angenommen.

Für Maßnahmen, um die Korruptionsprävention und die fachliche Qualität in Aufsichtsräten gemeinnütziger Wohnbaugesellschaften zu verbessern, traten die NEOS ein. Ihr Antrag wurde, wie bereits im Bautenausschuss, auch im Plenum mehrheitlich abgelehnt.

Mehrheiten fanden sich für drei Entschließungsanträge. ÖVP und FPÖ traten für eine angemessene Begrenzung von Bezügen der GeschäftsführerInnen von gemeinnützigen Bauvereinigungen ein. Zwei weitere Entschließungen betreffen die Forderung, den Ausstieg aus Ölheizungen weiter zu fördern. Ein Antrag, der von ÖVP, FPÖ und NEOS dazu formuliert wurde, fand eine Mehrheit. Ein gemeinsam von Liste JETZT, FPÖ und SPÖ eingebrachter Antrag fand einhelligen Zustimmung.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Elisabeth Udolf-Strobl zeigte sich zufrieden darüber, dass diese wichtige Novelle mittels Initiativantrags noch auf den Weg gebracht werden konnte.

Vehemente Kritik der SPÖ und Forderung nach zahlreichen Änderungen

Wohnungen im privaten Sektor seien für junge Familien nahezu unerschwinglich geworden, sagte SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher. Geförderte Wohnungen erfüllen daher eine wichtige Rolle. Statt den gemeinnützigen Sektor zu stärken, hätten ÖVP und FPÖ keinen der versprochenen Schritte umgesetzt, kritisierte die Abgeordnete. Wo es positive Maßnahmen gebe, würden sie durch andere Punkte wieder konterkariert. So sei etwa eine beträchtliche Erhöhung vieler Mieten zu befürchten. Becher brachte daher im Zuge der Debatte einen Abänderungsantrag zum WGG ein, der fordert, dass eine Absenkung der Mieten weiterhin möglich ist. Die SPÖ werde noch mit weiteren Abänderungsanträgen versuchen, der Novelle „die Giftzähne zu ziehen“, kündigte Becher.

Der Konsumentenschutz und die Transparenz bei der Mietpreisbildung werde mit der Novelle beschränkt, bekräftigte Angela Lueger (SPÖ). Nun entstehe der Effekt, dass MieterInnen die ihnen zustehende Mietpreisabsenkung nicht erhalten. Sie forderte mit einem Abänderungsantrag, dass der den Konsumentenschutz betreffende Passus im Gesetz verbleibt.

Kritisch sah auch Selma Yildirim (SPÖ) die Novelle. Wohnen werde dadurch teurer, befürchtete sie. Sie sprach die Spekulation mit Grundstücken an, die auch gemeinnützige Wohnbauträger betreffen. Die Kommunen müssten mehr Möglichkeiten erhalten, um Grundstücke sichern zu können, forderte sie. Sie brachte einen Abänderungsantrag ein, um Kosten des Grunderwerbs für gemeinnützige Wohnbaugesetze zu senken. Weiters sei die im Gesetz nun festgeschriebene Bevorzugung von ÖsterreicherInnen und ihnen Gleichgestellten rein populistisch und verfassungsrechtlich bedenklich. Sie brachte auch hierzu einen Abänderungsantrag ein.

Einen Abänderungsantrag brachte auch Christian Kovacevic (SPÖ) ein, mit dem Ziel, Spekulation mit Wohnraum zu verhindern. Petra Wimmer (SPÖ) kritisierte, aus ihrer Sicht werden mit der Novelle die Kosten für die Errichtung von Photovoltaikanlagen ausschließlich MieterInnen aufgebürdet. Sie brachte einen Abänderungsantrag ein, um das zu ändern. Ihr Fraktionskollege Klaus Uwe Feichtinger brachte einen weiteren Abänderungsantrag ein, um Befristungen von Mietverträgen im WGG auszuschließen. In der Novelle sei die Frage der Kaufoption nicht sauber gelöst, es gebe hier eine Reihe von Widersprüchen und Unklarheiten, kritisierte er.

ÖVP: Novelle schafft gute Rahmenbedingungen für gemeinnützigen Wohnbau

Die Bedeutung des gemeinnützigen Sektors unterstrich auch Johann Singer (ÖVP). Die Kritik der SPÖ sei aus seiner Sicht nicht verständlich, die Novelle trage dessen Bedürfnissen ebenso Rechnung wie dem Wunsch vieler MieterInnen nach einem erleichterten Mietkaufmodell. Diese Forderung setze man um. Die Reform ändere nichts an der Kaufpreisbildung, sondern schaffe neue Rahmenbedingungen, indem die Fristen geändert, mehr Antragsmöglichkeiten geschaffen werden und die Information verbessert wird. Der gemeinnützige Wohnraum werde auch besser vor Spekulation geschützt. Mit der Novelle wird es auch möglich, dass von gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften auch Maßnahmen im Sinne des Umweltschutzes finanziert werden können.

Mit der Novelle werden einige wichtige politische Schwerpunkte gesetzt, betonte Michaela Steinacker (ÖVP). Der gemeinnützige Wohnbaubestand werde damit abgesichert. Sie verstehe daher die Kritik der SPÖ an kostendeckenden Mieten nicht. Schließlich gehe es darum, dass die Wohnbaugesellschaften angeregt werden, den Altbestand zu erhalten. Die Befristungen von Mieten, welche die SPÖ kritisiere, seien nichts Neues. Der einzige Unterschied sei, dass man in Spezialfällen auch kürzere Befristungen ermögliche, wenn Menschen eine Wohnung für kurze Zeit benötigen. Die Vorwürfe der SPÖ seien in keinem Punkt berechtigt und würden sich in Luft auflösen.       

Leider konnten wichtige Maßnahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energie aufgrund des Endes der Koalition nicht mehr umgesetzt werden. Man habe sich aber trotzdem vorgenommen, eine Reihe davon noch auf den Weg zu bringen, erklärte Josef Lettenbichler (ÖVP). Er brachte einen gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, FPÖ und NEOS ein. Die Mittel für den „Raus-aus-dem-Öl-Bonus“ 2019 sollen demnach um 10 Mio. € aufgestockt und entsprechende Förderungen für 2020 in gleicher Höhe wie 2019 sichergestellt werden.

Über 900.000 Wohnungen in Österreich wurden im Bereich der Gemeinnützigkeit errichtet, die Wohnbaugesellschaften leisteten einen enormen Beitrag zur Versorgung mit Wohnraum, sagte Christoph Stark (ÖVP). Daher müsse man auch dafür sorgen, dass diese unter optimalen Bedingungen arbeiten und wirtschaften können. Die Novelle sorge dafür, das sei letztlich auch im Interesse der MieterInnen.

Zufrieden über die Novelle äußerte sich auch Hermann Gahr (ÖVP). Eigentum als günstigste Form des Wohnens sei zu fördern, der Spekulation mit gemeinnützigem Wohnraum müsse aber Einhalt geboten werden. Das Gesetz erleichtere nun auch den Ausbau der erneuerbaren Energieträger im gemeinnützigen Wohnbau. Wichtig sei ihm auch, dass der Vermietung von Sozialwohnungen über Tourismusplattformen ein Riegel vorgeschoben wird.

Liste JETZT: Keine Spekulation mit geförderten Wohnungen zulassen

Wolfgang Zinggl (JETZT) sah einige erfreuliche Verbesserungen, etwa ein Verbot von touristischen Vermietungen. Mangelhaft sind aus seiner Sicht aber die Maßnahmen gegen Spekulation. Er wandte sich dagegen, dass die Sozialbindung bei gemeinnützigen Wohnungen, wenn sie an MieterInnen verkauft wurden, nach 15 Jahren endet. Damit könne nach zwanzig Jahren eine gemeinnützige Wohnung bereits zu Marktpreisen vermietet und dem Markt für leistbare Wohnungen entzogen werden. Er brachte daher einen Abänderungsantrag ein, der fordert, dass solche Wohnungen dauerhaft im Vollgeltungsbereich des Mietrechts verbleiben und Mieten an den Richtwert gebunden bleiben.

Zudem sollte nach Vorstellung der Fraktion JETZT die Sanierungsoffensive mit dem „Raus-aus-dem-Öl“-Bonus nachdotiert werden. Hier müsse rasch gehandelt werden, sagte Bruno Rossmann. Seine ursprüngliche Forderung sei es gewesen, bis Jahresende 2019 weitere 42,7 Mio. € an Fördermitteln dafür zur Verfügung zu stellen. Da dafür aber keine Mehrheit zu erwarten war, habe er seine Forderung auf 20 Mio. € geändert, der Antrag werde damit auch von FPÖ und SPÖ mitgetragen. Mit Rücklagen des Ressorts sei der geforderte Betrag leicht zu bedecken, erklärte Rossmann.

Die fraktionslose Abgeordnete Martha Bißmann schloss sich der Forderung nach einem raschen Ausstieg aus Ölheizungen an. Sie werde daher beide Anträge dazu unterstützen. Die Politik müsse weit rascher handeln, um klimaschädigende Subventionen abzubauen.

FPÖ: Novelle sichert gemeinnützigen Wohnraum der ÖsterreicherInnen

Mit der Novelle werde der Bestand gemeinnütziger Wohnungen gesichert, betonte Philipp Schrangl (FPÖ). In Wien gehe man den falschen Weg und verkaufe gemeinnützigen Wohnbestand, womit der Immobilienspekulation Tür und Tor geöffnet werde. ÖVP und FPÖ sorgen mit dem Gesetzespaket dafür, dass gemeinnützige Wohnbauvereinigungen streng kontrolliert werden und sichergestellt wird, dass sie ihre Aufgaben entsprechend erfüllen. Daher werde klar festgehalten, dass Vermögen dieser Gesellschaften eingesetzt wird, um gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen. Die FPÖ habe auch durchgesetzt, dass nun bevorzugt ÖsterreicherInnen von diesen Wohnungen profitieren. Er brachte auch einen Entschließungsantrag von ÖVP und FPÖ ein, in dem die Wirtschaftsministerin aufgefordert wird, die erforderliche Anpassung der Bezügebegrenzung bei gemeinnützigen Bauvereinigungen im Rahmen der Gebarungsrichtlinienverordnung (GRVO) vorzunehmen.

Die Novelle betreffe jenes Viertel der Haushalte in Österreich, die in genossenschaftlich errichteten Wohnungen wohnen, erläuterte Peter Wurm (FPÖ). Sie erleichtere die Eigentumsbildung, wobei kleine Wohnungen nicht veräußert werden sollen, da gerade diese nicht dem sozialen Wohnungsmarkt entzogen werden sollen.

NEOS: Grundsätzlich gutes Gesetz mit einigen Wermutstropfen

Gerald Loacker (NEOS) sah einige Verbesserungen durch die Novelle, wenn auch nicht alles umgesetzt worden sei, was wünschenswert sei. Ein Wermutstropfen sei, dass man keine entsprechenden Änderungen im Umsatzsteuergesetz vorgenommen habe, um den Erwerb von Wohnungen zu begünstigen. Auch gebe es immer noch Schlupflöcher zu schließen, so könnten Baugesellschaften das Recht der MieterInnen auf Erwerb der Wohnung begrenzen. Er brachte einen Abänderungsantrag mit Bestimmungen ein, die das verhindern sollen. Kritisch sieht Loacker auch die Bestimmungen über den Nachweis von Deutschkenntnissen als Voraussetzung für den vollen Bezug der Sozialhilfe. Er tritt dafür ein, dass der Nachweis künftig wieder über Bildungseinrichtungen erfolgen kann, die vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) anerkannt werden. Zudem brachte er einen Abänderungsantrag zum WGG ein, um die Begrenzung der Bezüge von Vorstandsmitgliedern und GeschäftsführerInnen von gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften zu erreichen und Umgehungsmöglichkeiten zu beseitigen.

Udolf-Strobl: Wesentliche Verbesserungen für Bauvereinigungen wurden umgesetzt

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Elisabeth Udolf-Strobl zeigte sich zufrieden darüber, dass wesentliche Punkte für die Arbeit von gemeinnützigen Bauvereinigungen umgesetzt werden konnten. Der erste Punkt sei die Erweiterung der Möglichkeiten der Landesaufsicht. Damit werde es etwa möglich, die Vermögensbindung der Gesellschaften sowie die adäquate Begrenzung der Bezüge von GeschäftsführerInnen sicherzustellen.

Ein zweiter positiver Punkt sei die erleichterte Eigentumsbildung, ein weitere die Verhinderung von Spekulation mit Wohnungen. In diesen Bereich fällt für die Ministerin auch das Verbot von touristischen Vermietungen. Schließlich werde dafür gesorgt, dass die Wohnbaugesellschaften auf neue Bedürfnisse, etwa beim Ausbau erneuerbarer Energieträger, reagieren können. (Fortsetzung Nationalrat) sox


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