Nationalrat beschließt Digitalisierungsfonds für Bundesverwaltung

Außerdem Novelle des Ziviltechnikergesetzes und Verlängerung der Lehrlings-Kurzarbeit

Wien (PK) Mit dem mehrheitlichen Beschluss zum Digitalisierungsfondsgesetz im Nationalrat soll der Digitalisierungsfonds mit jeweils 80 Mio. € für die Jahre 2021 und 2022 eingerichtet werden, um die Digitalisierung in der Bundesverwaltung voranzutreiben.

Eine ebenso beschlossene Novelle des Ziviltechnikergesetzes betrifft unter anderem Regelungen zu Anteilen in Ziviltechnikergesellschaften. Ein dazu in der Sitzung eingebrachter SPÖ-Abänderungsantrag betreffend das Ausstellen von Urkunden von ZiviltechnikerInnen blieb ebenso in der Minderheit wie ein FPÖ-Abänderungsantrag, wonach die Freiheitlichen in der Novelle eine Übererfüllung von EU-Vorgaben orten.

Einstimmigkeit gab es im Plenum für die Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge bis 30. Juni. Weitere Beschlüsse betreffen neben einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vor neuen Berufsreglementierungen auch Anpassungen im Maß- und Eichgesetz sowie ein Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln. Darüber hinaus befassten sich die Abgeordneten mit dem KMU-Bericht für 2020.

Digitalisierungsmaßnahmen der Bundesverwaltung

Mit dem Digitalisierungsfondsgesetz geht es um einen Digitalisierungsfonds, um die Digitalisierung in der Bundesverwaltung voranzutreiben. Dafür werden sowohl 2021 als auch 2022 jeweils Mittel in der Höhe von bis zu 80 Mio. € zur Verfügung stehen.

Im Vordergrund stehen demnach Projekte, die zur Umsetzung der IT-Konsolidierung im Bund und zum Ausbau der IT-Services für BürgerInnen und Unternehmen oder zur Optimierung von Verfahrensabläufen beitragen. Die Mittel sollen insbesondere für die Konzeption, Entwicklung und Umsetzung relevanter Projekte zur Verfügung stehen. Eine Verwendung der Mittel zur Bedeckung laufender Betriebskosten ist demnach ausgeschlossen.

Der Fonds ziele darauf ab, Systeme einzurichten, die Kosten sparen, aber auch serviceorientierte Leistungen für BürgerInnen und Unternehmen anbieten, betonte Maria Theresia Niss (ÖVP). Unter die Digitalisierungsmaßnahmen fallen beispielsweise Projekte wie der elektronische Impfpass und der elektronische Schülerausweis, so Niss. Mit dem Fonds würden Voraussetzungen für dringend notwenige Schritte im Digitalisierungsbereich geschaffen, unterstrich auch Süleyman Zorba (Grüne). Ein Großteil der Mittel soll für die wichtige IT-Konsolidierung aufgewendet werden, wo es viel Raum für Einsparungen und Verbesserungen gebe. Ebenso sei es der Bundesregierung ein Anliegen, die digitalen Wege für BürgerInnen und Unternehmen auszubauen.

Einen Digitalisierungsfonds einzurichten sei grundsätzlich eine gute Idee, meinte Petra Oberrauner (SPÖ). Es störe sie jedoch, wie der Fonds abgewickelt werden soll. Aus ihrer Sicht wäre es wichtiger, die Betriebe höher zu dotieren, und zwar gerade für Klein- und Mittelbetriebe im Hinblick auf Digitalisierung in dieser Zeit.

Josef Schellhorn (NEOS) befürchtet in der Maßnahme einen „Blankoscheck“, wo unter anderem nicht bekannt sei, ob im entsprechenden Gremium ExpertInnen dabei sein würden. Es brauche hier digitale Kompetenz und darüber hinaus einen Ausbau des Unternehmerserviceportals, eine flächendeckende E-ID und das „Once-only-Prinzip“. Der Fonds entspreche nicht im geringsten einer modernen Anschubfinanzierung, bemängelte Schellhorn.

Novellierung des Ziviltechnikergesetzes

Eine Novelle mit Anpassungen im Ziviltechnikergesetz aufgrund eines EuGH-Urteils enthält neue Regelungen betreffend die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von Ziviltechnikergesellschaften. Künftig müssen demnach statt der bisherigen Mehrheit nur 50 Prozent der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte von Ziviltechnikergesellschaften von berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Ziviltechnikergesellschaften oder interdisziplinären Gesellschaften mit ZiviltechnikerInnen gehalten werden.

Mittels Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Wirtschaftsausschuss dazu sichergestellt, dass im Rechtsverkehr deutlich wird, wer an einer Ziviltechnikergesellschaft beteiligt ist – dies auch im Fall der Beteiligung einer interdisziplinären Gesellschaft. Zur Verhinderung eines Absinkens des Ziviltechnikeranteils bei interdisziplinären Gesellschaften auf unter 50 Prozent der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte sollen die Gesellschaftsanteile und Stimmrechte von ZiviltechnikerInnen an allfällig beteiligten Ziviltechnikergesellschaften und interdisziplinären Gesellschaften mit ZiviltechnikerInnen berücksichtigt werden. Die Novelle wurde im Plenum mehrheitlich angenommen.

Erwin Angerer (FPÖ) brachte einen FPÖ-Abänderungsantrag dazu ein, der allerdings in der Minderheit blieb. Die Freiheitlichen orten in der Novelle eine Übererfüllung von EU-Vorgaben mit „massiven Eingriffen“ in das Berufsrecht der ZiviltechnikerInnen und sprechen sich unter anderem dafür aus, dass es bei der Regelung bei der bisherigen Mehrheit an Anteilen bleiben soll. Für die Unabhängigkeit müsse gewährleistet sein, dass ZiviltechnikerInnen die Mehrheit in den Gesellschaften behalten und das Siegel gebunden bleibe, so Angerer.

Christoph Matznetter (SPÖ) sprach sich mit einem Abänderungsantrag dafür aus, dass das Ausstellen von öffentlichen Urkunden den ZiviltechnikerInnen bzw. den Ziviltechnikergesellschaften vorbehalten bleiben soll. Interdisziplinäre Gesellschaften mit ZiviltechnikerInnen müssten von der Urkundentätigkeit ausgeschlossen werden – das stelle einen entscheidenden Punkt zum Schutz des Berufsstandes dar, so Matznetter. Auch dieser Antrag blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Laurenz Pöttinger (ÖVP) betonte, die Novellierung soll einen europarechtskonformen Zustand herstellen. Fachspezifische Tätigkeiten in interdisziplinären Gesellschaften dürfen demnach ausschließlich von ZiviltechnikerInnen durchgeführt werden. Die Unabhängigkeit bleibe weiterhin gewährleistet. Mit dem SPÖ-Vorschlag könne dem EuGH-Urteil nicht Rechnung getragen werden, meinte Pöttinger.

Es geht in der Materie um eine bedeutungsvolle Berufsgruppe, unterstrich auch Elisabeth Götze (Grüne). Das EuGH-Urteil sei mit einem Anteil von mindestens 50 statt bisher 51 Prozent ZiviltechnikerInnen umzusetzen. Transparenz sei mit der Novelle absolut gegeben, so Götze. Auch in interdisziplinären Gesellschaften dürfen Urkunden ihr zufolge nur beteiligte ZiviltechnikerInnen ausstellen. Außerdem müsse es auch in Schachtelgesellschaften mindestens einen Anteil von 50 Prozent an ZiviltechnikerInnen geben.

Das betreffende EuGH-Urteil sei leider nicht im Sinne der Republik ausgegangen, so Johannes Margreiter (NEOS). Der Disput habe bereits Jahre früher begonnen, ob Österreich hier eine rechtskonforme Situation habe. Er meinte aber zu der nunmehrigen Novelle, dass weitergehende Regelungen möglich wären. So gehe er konform mit den beiden Abänderungsanträgen, dass die Urkundentätigkeit aus dem Gesetzespaket herausgenommen werden sollte. Das wäre aus seiner Sicht auch auf dem Boden des EuGH-Urteils und würde den ZiviltechnikerInnen entgegenkommen.

Mit dem Beschluss miterledigt wurde ein Entschließungsantrag der SPÖ zur Gewährleistung der Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften.

EU-Anpassung: Verhältnismäßigkeitsprüfung vor neuen Berufsreglementierungen

Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie fand eine Regierungsvorlage die Mehrheit, wonach bei neuen oder abgeänderten Berufsreglementierungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung eingeführt werden soll. Damit sollen Schranken bei der Aufnahme und Ausübung reglementierter Tätigkeiten innerhalb der EU abgebaut und ein gemeinsames Verfahren auf Unionsebene geschaffen werden.

Bürokratieabbau durch Anpassungen im Maß- und Eichgesetz

Ebenfalls mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie sollen die Definitionen der Basiseinheiten im „Internationalen System für Einheiten im Messwesen“ (SI) im Maß- und Eichgesetz an den technischen Fortschritt angepasst werden und so zu einer einheitlichen Anwendung des Internationalen Einheitensystems beitragen. Laut Regierungsvorlage, die einstimmig angenommen wurde, soll neben redaktionellen Anpassungen klargestellt werden, dass bei Entfall der gesetzlichen Eichpflicht auch keine Eichungen mehr vorzunehmen sind. Weitere Erleichterungen betreffen die Vorschriften bei nicht verzehrbaren Umhüllungen bei Lebensmitteln. Außerdem soll auf eine Weiterführung des Metrologiebeirates verzichtet werden, um überschneidende Kompetenzen zu vermeiden.

Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln

Zur Umsetzung eines EuGH-Urteils betreffend bilaterale Investitionsschiedsklauseln haben die Abgeordneten ein zwischen Österreich und der Slowakei abgeschlossenes Beendigungsabkommen genehmigt. Von diesem Urteil seien sämtliche in bilateralen Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthaltenen Bestimmungen zur Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit betroffen. Neben der vorliegenden Beendigung des einstigen „Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen“ soll demnach auch die Beendigung aller weiteren bilateralen Investitionsschutzverträge Österreichs mit EU-Mitgliedstaaten weiterverfolgt werden.

Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge bis 30. Juni

Einstimmigkeit gab es im Plenum, was die Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge über den 31. März hinaus bis zum 30. Juni 2021 betrifft. Dem Antrag zufolge kann weiterhin mit bis zu 5 Prozent der betrieblich ausgebildeten Lehrlinge (rund 5.000 Personen) gerechnet werden, die Kurzarbeit in Anspruch nehmen.

KMU-Bericht: Lage kleiner und mittlerer Unternehmen änderte sich 2020 dramatisch

Der Nationalrat debattierte außerdem über den KMU-Bericht für das Jahr 2020. Österreichs kleine und mittlere Unternehmen haben sich vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie sehr gut entwickelt, geht daraus hervor. So wurden in der vergangenen Dekade bei den KMU insgesamt höhere Zuwächse als bei Großunternehmen verzeichnet. 2020 änderte sich die Lage dramatisch. Zwischen Mitte März und Juni 2020 gab es um 23% weniger Neugründungen als im Vergleichszeitraum 2019, wobei zu den am stärksten von der Corona-Pandemie beeinträchtigten Wirtschaftsbereichen die Beherbergung und Gastronomie zählen, wo der Umsatz zwischen Jänner und September 2020 um ein Viertel eingebrochen ist. Auch Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen – hier vor allem Reisebüros und Reiseveranstalter – und der Verkehr sind stark von der Krise betroffen. Die beiden größten Wirtschaftsbereiche Produktion und Handel haben deutliche Umsatzrückgänge verzeichnet, während die Beschäftigten bislang durch Kurzarbeit weitgehend in den Betrieben gehalten werden konnten. Dennoch könnten einige Wirtschaftsbranchen dem Bericht zufolge zu den „Gewinnern“ der Krise gezählt werden, allen voran der Sektor Information und Kommunikation. Laut Bericht hat sich die Digitalisierung als wesentliches Instrument zur Krisenbewältigung herauskristallisiert. Der Bericht wurde einhellig zur Kenntnis genommen.

Im Zuge der Debatte brachte Rudolf Silvan (SPÖ) einen Entschließungsantrag ein, mit dem er ein 1.000-Euro-Gutscheinheft für jeden Haushalt zur Stärkung der Kaufkraft und damit der Wirtschaft forderte. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit. Auch ein von Erwin Angerer (FPÖ) eingebrachter Entschließungsantrag zur Auflösung der COVID-19-Finanzierungsagentur und Übertragung der Kompetenzen an das Finanzministerium blieb in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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