Nationalrat gegen Beratungsstellen für ungewollte Schwangere

Keine Einigung auf zusätzliche bundesweite Beratungseinrichtungen

Wien (PK) - Die Schaffung einer bundesweiten Beratungsstelle für ungewollt Schwangere wurde lebhaft in der heutigen Nationalratssitzung mehrheitlich abgelehnt. Der Antrag des fraktionslosen Mandatars Marcus Franz sei ein Eingriff in die Frauenrechte, begründete die SPÖ ihre Ablehnung, die ÖVP verwies auf die vorhandenen 380 Beratungsstellen in Österreich. Auf Seiten der Opposition stieß der Antrag auf geteilte Meinung. Während FPÖ und Team Stronach die psychische Belastung der Betroffenen betonten, blieben Grüne und NEOS hart, Verhütung gehöre zur Freiheit von Frauen.

Weltanschauungsdebatte über Schwangerschaftsabbrüche

Nach Auffassung von Marcus Franz (o.F.) soll mit dieser Maßnahme und weiteren Schritten, wie etwa subventionierten "Leihomas", Babysitter-Zuschüssen und besonderen Unterstützungsmaßnahmen von arbeitslosen Jungvätern und Jungmüttern durch das AMS, die Zahl der Abtreibungen in Österreich verringert und damit die Geburtenrate gesteigert werden. Eine ausreichend hohe Geburtenrate sei für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung, heißt es in der Begründung des Antrags. Abtreibung sei weltanschaulich divers zu betrachten, meine allerdings immer die Vernichtung menschlichen Lebens, so Marcus Franz. Die vorhandenen Beratungsstellen kenne er, diese leisten gute Arbeit, es brauche allerdings eine standardisierte, bundesweite Beratung, so Franz. Dies würde Frauen in ambivalenten Situationen bei der schweren Entscheidung helfen.

Beratungsstellen für Familien flächendeckend vorhanden, Frauen selbstbestimmt handeln lassen

Ablehnend dazu äußerten sich SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS, der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Angela Fichtinger (V) und Angela Lueger (S) waren übereinstimmend der Meinung, das geforderte Netzwerk für Beratungen gebe es bereits in Form der 380 Familienberatungsstellen in Österreich. Dort werde anonym, professionelle Arbeit geleistet, waren die Abgeordneten einig. Fichtinger verwies schlussendlich auf ihre eigene Tätigkeit für die Aktion Leben, die als Institution in vielen Lebenslagen schnell und unkompliziert Unterstützung anbiete. Lueger hielt es für wichtig, die Beratung von Jugendlichen über Sexualität und Verhütung zu intensivieren. Die Gründe für Schwangerschaftsabbrüche seien unterschiedlich, die Entscheidung für oder gegen ein Kind sei sehr persönlich und zu respektieren. Ihre Fraktionskollegin Katharina Kucharowits (S) unterstrich, dass die SPÖ für sexuelle Integrität und Selbstbestimmung stehe und unterstellte in Richtung des Antragstellers, dass immer wieder "durch die Hintertür versucht" werde, das Recht auf Selbstbestimmung auszuhebeln. Es müsse auf Prävention, professionelle Rahmenbedingungen, unbefangene Beratungen und umfassende, kostenfreie Verhütungsmittel gesetzt werden, bekräftigte Kucharowits ihren Standpunkt.

Auf allen politischen Ebenen sollte über Sexualität und Aufklärung und die Ursachen von Schwangerschaftsabbrüchen gesprochen werden. Ein leistbarer Zugang zu Verhütungsmitteln muss ermöglicht werden, so Judith Schwentner (G). Auch sie lobte die anonyme Arbeit in den vorhandenen Beratungsstellen, verwies aber gleichzeitig auf das aktuelle Frauenvolksbegehren, in dem Verhütung auch Thema ist. Österreich sei eines der Länder, in dem am wenigsten verhütet wird und gleichzeitig Verhütungsmittel so teuer sind. Verhütung sollte keine Frage des Geldes sein, so Schwentner. Jede ungewollte Schwangerschaft und jede Abtreibung ist eine zuviel, sagte die Grüne Familiensprecherin. Schwangerschaftsabbrüche stehen allerdings im direkten Zusammenhang mit leistbarer und zugänglicher Verhütung.

Der Hintergrund des Antrags seien die Erhöhung der Geburtenrate und wirtschaftliche Steuerungsprozesse und nicht die Beratung von ungewollt Schwangeren in einer belastenden Situation, kritisierte Claudia Angela Gamon (N) den Vorstoß, der daher aus ethischer, frauen- und gesundheitspolitischer Sicht abzulehnen sei. Ein rückwärtsgerichtetes Männerbild soll damit zurück ins Parlament gebracht werden, befürchtete sie und fragte sich, woher beim Abgeordneten Marcus Franz "der Wunsch komme, Frauen zu sagen, wie sie ihr Leben zu leben haben". Der Zugang zu sicherer, funktionierender Verhütung und Aufklärung, unabhängig vom Bildungsgrad, gibt laut Gamon Frauen die Freiheit, über ihr Leben zu entscheiden.

Mehr Geburten zur Ankurbelung der Wirtschaft

Unterstützung bekam der Vorstoß hingegen vom Team Stronach und den Abgeordneten der FPÖ. Die Schaffung von flächendeckenden, anonymen Beratungsstellen für ungewollt Schwangere hielten die Freiheitlichen für sinnvoll. Eine statistische Erhebung anonymisierter Daten im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen forderten sie außerdem in einem eigenen Entschließungsantrag. Mit Hilfe der Zahlen sollen Präventionsmaßnahmen gezielter gesetzt oder auch optimiert werden können und die Grundlage für die Hilfe für betroffene Frauen geschaffen werden. Die FPÖ-Mandatarin Annelies Kitzmüller erläuterte in ihrem Vorstoß, dass aufgrund der erhobenen Daten verbesserte Rahmenbedingungen für Schwangere wie Beratung oder bedarfsorientierte Unterstützung geschaffen werden sollen. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Team Stronach-Familiensprecher Leopold Steinbichler unterstützte den Antrag für zusätzliche Beratungsstellen und brachte zwei weitere Entschließungsanträge ein. Im ersten forderte er eine jährliche Valorisierung der Familienleistungen. Er spannte dabei einen Bogen von Schwangerschaftsabbrüchen über den Verdienstentgang von erwerbstätigen Müttern bis hin zum Kinderabsetzbetrag, dem Pflegegeld und der Inflationsrate. Es Familien leichter machen und sie langfristig absichern, sei das Ziel seines Vorstoßes, so Steinbichler. Den selben Fokus hatte ein zweiter Antrag, der sich eine verbesserte Anrechnung der Pensionszeiten pro Kind für die Kindererziehungszeit zum Ziel setzt. Geht es nach Steinbichler, könnte man der niedrigen Geburtenrate in Österreich auch mithilfe einer vollen Anrechnung der Pensions-Versicherungszeit für jedes Kind entgegenwirken. Auch diese beiden Anträge fanden keine Mehrheit im Plenum.

Um eine positive Bevölkerungsentwicklung aufrecht erhalten zu können, sei eine Erhöhung der Geburtenquote notwendig, so Rupert Doppler (o.F.). Die Abtreibungsrate soll durch gezielte Beratung gesenkt werden, im Gegensatz zu Deutschland sind Beratungen und Wartezeiten vor einer Abtreibung in Österreich bisher nicht vorgeschrieben, sagte er.

Geburtenrate steigt, Beratung muss freiwillig bleiben

Familienministerin Sophie Karmasin hob hervor, dass die bestehenden Beratungen seit 40 Jahren in Österreich flächendeckend arbeiten. Wichtig sei, dass Beratungen freiwillig, neutral, objektiv und umfassend aufklärend sind, Manipulation habe keinen Platz. Verpflichtende Beratungen möchte sie nicht, denn aus der Beratungspraxis wisse man, dass dies nicht zielführend sei. Die Geburtenrate steige seit zwei Jahren aufgrund von familienpolitisch-zukunftsweisenden Instrumenten und nicht aufgrund beeinflussender Beratungen, stellte die Ministerin fest. Mit dem vorliegenden Antrag des Abgeordneten Franz solle offensichtlich darauf abgezielt werden, dass Frauen überzeugt werden eine ungewollte Schwangerschaft auszutragen. Die Steigerung der Geburtenrate kann und soll aber über andere Instrumente erfolgen. Mehr Sexualerziehung in den Schulen mit umfangreichen Materialen und Erklärungen seien Ansatzpunkte, die es zu verstärken gelte. (Fortsetzung Nationalrat) wat

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