Nationalrat hebt Immunität von NEOS-Abgeordnetem Loacker nicht auf

Wiener Landeshauptmann Ludwig könnte wegen Heumarkt-Projekt Ministeranklage ins Haus stehen

Wien (PK) NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker wird sich wegen der Anmeldung seines Hauptwohnsitzes am Sitz des Wirtschaftsministeriums in Wien nicht vor der zuständigen Wiener Magistratsbehörde verantworten müssen. Der Nationalrat beschloss heute nahezu einhellig, die Immunität des Abgeordneten nicht aufzuheben. Es bestehe ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem ihm vorgeworfenen Meldevergehen und der politischen Tätigkeit Loackers, sind sich die Parteien einig. Nur Loacker selbst stimmte für seine Auslieferung. Loacker hatte das von der Bundesregierung vorgestellte neue „digitale Amt“ getestet und war durch eine unkomplizierte Online-Anmeldung im Amtsgebäude am Stubenring prompt vom Vorarlberger zum Wiener geworden.

JETZT will Ministeranklage zu parlamentarischem Minderheitsrecht machen

Schließlich hielt der Nationalrat noch eine Erste Lesung zu einem Antrag von JETZT-Abgeordnetem Alfred Noll auf Änderung der Bundesverfassung (773/A) ab. Noll will der Opposition, konkret einem Drittel der Abgeordneten, die Möglichkeit geben, Regierungsmitglieder wegen schuldhafter Rechtsverletzungen im Zuge ihrer Amtsführung beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzuklagen. Nach aktueller Rechtslage braucht es dafür einen Mehrheitsbeschluss des Nationalrats.

Begründet wird die Initiative von Noll damit, dass die sogenannte Ministeranklage derzeit de facto totes Recht ist. Auch bei ernsten Verfehlungen hätten Regierungsmitglieder nicht mit Konsequenzen zu rechnen, da die Regierung die Mehrheit im Nationalrat hinter sich habe. Er ist zudem überzeugt, dass die Opposition das Instrument nur sehr vorsichtig und selten nutzen würde, zumal alleine der VfGH über die Zulässigkeit und inhaltliche Berechtigung einer derartigen Anklage entscheidet.

In der Debatte wies Noll darauf hin, dass er eine Initiative von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aus dem Jahr 2015 aufgegriffen habe. Damals habe die FPÖ lautstark gefordert, einem Viertel der Abgeordneten eine Ministeranklage zu ermöglichen. Noll zeigte sich gespannt, wie sich die FPÖ nun positionieren wird, sie werde sich wohl nicht nachsagen lassen wollen, „feig und opportunistisch“ zu sein, meinte er.

Wiener Landeshauptmann Ludwig könnte wegen Heumarkt-Projekt Ministeranklage drohen

Ob der JETZT-Antrag Erfolgschancen hat, ist allerdings fraglich. FPÖ-Abgeordneter Philipp Schrangl will jedenfalls nichts übers Knie brechen. Man solle das Thema gemeinsam mit anderen Geschäftsordnungsfragen diskutieren und nicht einzelne Dinge herausgreifen, sagte er. Zudem machte er geltend, dass die Situation im Jahr 2015 eine andere war. Die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen sei damals noch kein parlamentarisches Minderheitsrecht gewesen. Die SPÖ-geführte Regierung hätte damals jedenfalls keine leichte Zeit gehabt, sagte Schrangl, die FPÖ hätte wohl „jeden Tag“ eine Ministeranklage eingebracht.

Wenig abgewinnen kann ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller dem JETZT-Antrag. Man müsse mit dem Instrument der Ministeranklage sehr vorsichtig umgehen, um nicht hohen politischen Schaden zu verursachen, mahnte sie. Sie befürchtet, dass die Ministeranklage von der Opposition für politische Zwecke missbraucht werden könnte.

Eine Person, die das Instrument der Ministeranklage demnächst tatsächlich treffen könnte, ist laut Pfurtscheller der Wiener Landeshauptmann Michael Ludwig. Und zwar in Zusammenhang mit dem Heumarkt-Projekt. Kulturminister Gernot Blümel versuche zwar, zunächst alle anderen Mittel auszuschöpfen, um den Weltkulturerbestatus von Wien zu erhalten, in letzter Konsequenz könnte ihr zufolge Ludwig aber – wie seinerzeit dem Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sen. – eine Ministeranklage ins Haus stehen.

SPÖ und NEOS befürworten JETZT-Antrag

Hinter die Initiative des Parlamentsklubs JETZT stellten sich die SPÖ und die NEOS. Die SPÖ halte den Vorschlag für vernünftig und hätte schon dem seinerzeitigen Antrag der FPÖ gerne zugestimmt, sagte SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann. Aufgrund der Koalitionsvereinbarung mit der ÖVP sei das aber nicht möglich gewesen. Wittmann machte geltend, dass die Ministeranklage ohnehin nur bei schuldhaftem Fehlverhalten eines Ministers zum Tragen komme, also wenn ein Regierungsmitglied vorsätzlich oder grob fahrlässig handle.

Nikolaus Scherak (NEOS) hat jedoch wenig Hoffnung, dass der Antrag umgesetzt wird. Es sei generell ein Problem des Parlamentarismus in Österreich, dass die Abgeordneten ihre eigene Überzeugung „an der Türschwelle abgeben“ und sich nach den Vorgaben ihres Parteiobmanns oder nach der Koalitionsräson richten, sagte er. Sollte er einmal Abgeordneter einer Regierungspartei sein, werde er seine Position jedenfalls nicht ändern. Diese Aussage veranlasste ÖVP-Abgeordneten Rudolf Taschner dazu, eine Flasche Champagner zu wetten.

Der Antrag 773/A wurde nach der Ersten Lesung dem Verfassungsausschuss zur Vorberatung zugewiesen. Eine weitere (77.) Nationalratssitzung diente formalen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) gs


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