Nationalrat: Oppositionelle Vorschläge für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem

Vom Chancenbonus, dem Schulstartpaket bis hin zu einer gerechteren Mittelverteilung

Wien (PK) Mit der Behandlung von vier oppositionellen Anträgen, die weder im Unterrichtsausschuss noch heute im Nationalrat eine Mehrheit fanden, wurde die kontroverse Debatte über die zukünftige Ausrichtung des heimischen Bildungs- und Schulsystems fortgesetzt. Die Regierung präsentiere immer wieder Einzelmaßnahmen und Scheinlösungen, kritisierten die NEOS, die ein “ Integrations- und Neutralitätspaket “ vorlegten. Im Mittelpunkt stand dabei die bessere Förderung von Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten bzw. bildungsfernen Schichten, was unter anderem durch eine hochwertige Kindergartenbetreuung und einen Chancenbonus für sogenannte Brennpunktschulen realisiert werden könnte. Die SPÖ setzte sich nicht nur für ein Schulstartpaket zur Unterstützung von einkommensschwachen Familien ein, sondern forderte auch mehr Gratis-Nachhilfeangebote, die Umsetzung des bereits von der früheren Bildungsministerin vorgelegten Digitalisierungskonzepts sowie eine Aufstockung der Mittel für die Elementarpädagogik. Die Initiativen von JETZT zielten auf die Einführung eines verpflichtenden Schulkosten-Monitorings sowie auf eine kostenlose Ferienbetreuung vor allem in der Sekundarstufe 1 ab.

Schulstartpaket, Integrationsmaßnahmen, Ferienbetreuung und Kostenmonitoring

Da der Schulbeginn oftmals mit hohen finanziellen und zeitlichen Belastungen einhergeht, trat Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ) für die Verdoppelung des Schulgelds auf 200 € sowie für einen Sonderurlaubstag pro Elternteil in der ersten Woche ein. Um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, sei aber auch ein verstärkter Ausbau von ganztägigen Schulformen notwendig. Handlungsbedarf sah die Rednerin zudem bei den Kindergärten, die die erste wichtige Bildungseinrichtung darstellen. Die dafür vorgesehenen 140 Mio. € im Rahmen der 15a-Vereinbarung seien eindeutig zu wenig. Ausständig sei zudem noch immer der bundesweite Qualitätsrahmen, der etwa einheitliche Schließtage regelt. Statt das Leben der Familien zu erleichtern und Stress herauszunehmen, erzeuge die Regierung noch mehr Druck und führe etwa einen 12-Stunden-Arbeitstag ein, beklagte die Rednerin, dies sei wirklich traurig.

Für bedarfsorientierte Unterstützungsleistungen an Eltern von SchülerInnen setzte sich auch Abgeordnete Stephanie Cox (JETZT) ein. Um diese genau einschätzen zu können, sollten die entsprechenden Daten bei den Erziehungsberechtigten im Rahmen eines verpflichtenden Kostenmonitorings erhoben werden, heißt es im Antrag ihrer Fraktion. Cox wies darauf hin, dass die Schulkosten steigen, je länger die Schullaufbahn eines Kindes dauert und sich in der Oberstufe des Gymnasiums auf bis zu fast 1.300 € jährlich summieren. Immer mehr Familien seien davon überfordert. In einer weiteren Initiative setzte sich die JETZT-Mandatarin für eine kostenlose Ferienbetreuung für SchülerInnen ein. Besonders in der Sekundarstufe 1 besteht ihr zufolge Handlungsbedarf, weswegen sie vorschlug, dass LehramtsstudentInnen im Rahmen von anrechenbaren Praxis-Seminaren während der Ferien mit den Kindern für projektorientiertes Lernen und Üben eingesetzt werden. Damit ergebe sich eine „win-win-Situation“, urteilte Cox. Studierende würden mehr pädagogische Praxiserfahrung erhalten und Erziehungsberechtigte könnten Familie und Beruf in den Ferienmonaten besser vereinbaren.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner (SPÖ) konnte der Forderung von JETZT nach einer Erhebung und regelmäßigen Aktualisierung der Schulkosten einiges abgewinnen. Generell sei die Durchführung einer Kinderkostenanalyse in Österreich längst überfällig. Dies sei die Basis dafür, um entsprechende Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung der sozialen Teilhabe zu entwickeln. Kinder dürfen nicht aufgrund des Einkommens ihrer Eltern stigmatisiert werden, appellierte sie. Grundsätzlich positiv bewertete ihre Fraktionskollegin Melanie Erasim (SPÖ) den Vorschlag zum Ausbau der Ferienbetreuung, wobei ihrer Meinung nach auch die Primarstufe miteinbezogen werden sollte. Es müsse zudem klargestellt sein, dass keine prekären Beschäftigungsverhältnisse für die Studierenden geschaffen werden.

Anstatt zahlreicher Einzelmaßnahmen sollte die Regierung ein Gesamtpaket vorlegen, verlangte NEOS-Mandatar Hoyos-Trauttmansdorff, der den Entschließungsantrag seiner Fraktion betreffend „Integrations- und Neutralitätspaket“ näher erläuterte. Darin enthalten müssten folgende Punkte sein: ein zweites Gratis-Kindergartenjahr für diejenigen, die es brauchen; ein Chancenbonus für alle Schulen; kostenlose Ganztagsplätze für SchülerInnen an sogenannten Brennpunktschulen; Einführung eines Ethik- und Religionen-Unterrichts; Einrichtung einer Anti-Diskriminierungsstelle sowie einer Integrationsstiftung Bildung. Hoyos-Trauttmannsdorff gab noch zu bedenken, dass aufgrund des Bankenpakets genügend Mittel für den Ausbau der Ganztagsschule zur Verfügung zu stellen.

Im Gegensatz zu den NEOS spreche sich die SPÖ für ein zweites Gratis-Kindergartenjahr nicht nur für jene aus, die es brauchen, sondern für alle Kinder, unterstrich die frühere Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Gerade die ersten Jahren seien entscheidend für den Erwerb sprachlicher, sozialer und motorischer Kompetenzen. Einig sei man sich hingegen darin, dass es ein Bündel an Maßnahmen braucht, um die Integration voranzubringen, von der Weiterbildung der LehrerInnen, dem Ausbau der Elternarbeit bis hin zu einem didaktischen Gesamtkonzept für eine durchgängige Sprachenförderung. Sie kritisierte scharf die Streichung der Mittel gerade in diesem Bereich als fatal, denn hunderte PädagogInnen, SozialarbeiterInnen und PsychologInnen hätten dadurch ihre Jobs verloren. Ähnliches gelte für den geplanten Ausbau der ganztägigen Schulformen, wo die jährlichen Förderungen de facto halbiert wurden.

Regierungsfraktionen sehen sich auf dem richtigen Weg

Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) ging auf den SPÖ-Antrag ein, der ihrer Meinung nach ein Sammelsurium sei. Viele der Forderungen würden nicht einmal das Bildungsministerium betreffen. In Bezug auf das Schulstartgeld merkte sie an, dass es in den einzelnen Bundesländern zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung von sozial benachteiligten Familien gibt und sie daher nicht allein auf die 100 € angewiesen sind. Generell vertrat Pfurtscheller die Ansicht, dass Förderungen nicht nach dem Gießkannenprinzip vergeben werden sollen, sondern nur jenen Menschen zu Gute kommen sollen, die es wirklich brauchen. Außerdem wies sie die Kritik am sogenannten 12-Stunden-Tag zurück. Sie wisse aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Privatwirtschaft, dass viele Eltern froh über die Möglichkeit sind, an manchen Tagen länger arbeiten zu können, weil sie dann an anderen Tagen wieder frei haben.

Der SPÖ-Antrag sei ein Wunschkonzert, urteilte FPÖ-Mandatar Gerald Hauser (FPÖ). Er frage sich zudem, warum die SozialdemokratInnen, die zuletzt das Bildungsressort inne hatten, die vielen Vorschläge in der Vergangenheit nicht umgesetzt haben. Es sei aber die aktuelle Regierung, die es geschafft hat, bis zum Jahr 2032 750 Mio. € für den Ausbau der Ganztagsschulen zur Verfügung zu stellen. Überdies habe die SPÖ die wichtigste bildungspolitische Maßnahme, die Einführung von Deutschförderklassen, abgelehnt. Auch Wendelin Mölzer (FPÖ) lehnte das Schulstartpaket, das die typische sozialistische Mentalität verkörpere, kategorisch ab. Im Antrag stehe nämlich „gefühlte hundert Mal das Wort gratis drinnen“. Zum NEOS-Vorschlag merkte er an, dass die Regierung alles dran setze, um bestehende Integrationsprobleme zu lösen. Allerdings müsse man etwa auch sehen, dass die Einführung des verpflichtenden Gratis-Kindergartenjahres keine wirklichen Fortschritte im Spracherwerb gebracht hat, gab Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ) zu bedenken. Deshalb habe man sich im Rahmen der 15a-Vereinbarung bewusst dafür entschieden, mit der Sprachförderung bereits bei den vierjährigen Kindern anzusetzen.

Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner (ÖVP) befasste sich mit dem „Integrations- und Neutralitätspaket“ der NEOS, das ihrer Meinung nach äußerst polemische Feststellungen enthält. So sei zum Beispiel die Rede davon, dass die Regierung „eine ganze Generation der Abgehängten“ verantworte. Solche Aussagen entbehren jeder Grundlage, betonte die Rednerin. Bereits 94% der vierjährigen Kinder seien in elementaren Bildungseinrichtungen untergebracht, wo es ein hohes Maß an Förderung gebe. Durch die 15a-Vereinbarung mit den Ländern würden die Qualitätsstandards zudem noch ausgebaut. Was das Kopftuchverbot betrifft, so handle es sich dabei um keine Scheinlösung, sondern es gehe dabei um den Schutz einzelner Kinder vor Segregation.

Ihr Fraktionskollege Manfred Hofinger (ÖVP) gab bezüglich des JETZT-Antrags auf Einführung eines Kostenmonitorings zu bedenken, dass die Umsetzung des Vorschlags in der Praxis kaum möglich sei. Überdies seien die PädägogInnen schon jetzt mit viel Bürokratie konfrontiert. Dieser Meinung schloss sich auch Christian Schandor von der FPÖ an, der gleichzeitig an die Vielzahl an bereits bestehenden Unterstützungsleistungen erinnerte.

Den von Stephanie Cox (JETZT) vorgeschlagenen Praxiseinsatz von LehramtsstudentInnen im Rahmen der Ferienbetreuung bezeichnete Abgeordnete Gertraud Salzmann (ÖVP) als durchaus interessante Idee. Als erfahrene Pädagogin gab sie jedoch zu bedenken, dass eine solch anspruchsvolle Tätigkeit eine bestmögliche Ausbildung voraussetze. Eine Ferialbetreuung könne daher niemals Ersatz für die verpflichtende Praxisausbildung im Zuge des Lehramtsstudiums sein. Außerdem müssten die damit zusammenhängenden Haftungsfragen berücksichtigt werden. Mit dem Argument, LehramtsstudentInnen dürfen keine Gratis-FerialbetreuerInnen sein, lehnte auch Wendelin Mölzer (FPÖ) den diesbezüglichen JETZT-Antrag ab. (Fortsetzung Nationalrat) sue

Rückfragen & Kontakt:

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

[ad_2]

Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.

Eigenes Pressefach für Ihre Pressemeldungen - Pressefach.eu

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen