NR-Präsident Sobotka: Ehrliche und aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte ist Verpflichtung

Zeitzeugengespräch zum Internationalen Holocaust-Gedenktag im Parlament

Wien (PK) - "Gedenken erschöpft sich nicht allein im Blick zurück. Gedenken formuliert einen Anspruch an das hier und jetzt - in der Sprache, die wir sprechen, und in den Handlungen, die wir setzen", betonte heute Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Rahmen der diesjährigen Gedenkveranstaltung des Parlaments an die Opfer des Holocaust.

Der 27. Jänner, an dem 1945 das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit wurde, ist aufgrund des Beschlusses der UNO Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Auf Initiative der damaligen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer begeht auch das österreichische Parlament seit 2012 diesen Gedenktag. In Fortführung dieser Tradition hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka heute zu einer Gedenkveranstaltung ins Palais Epstein eingeladen. Ein von der Direktorin des Jüdischen Museums Wien, Danielle Spera, moderiertes Zeitzeugengespräch mit Victor Klein, Herbert Löwy, Fritz Rubin-Bittmann und Alfred Schreier bildete den Mittelpunkt des Abends. Das jüdische Gebet zum Totengedenken "El Male Rachamim" wurde von Rabbiner Mordechai Fiksler gesungen.

Die musikalische Umrahmung der Veranstaltung erfolgte durch junge Musikerinnen der Universität für Musik und angewandte Kunst Wien. Sie spielten Werke von Bruno Walter, Walter Arlen und Ernst Toch, alle drei vertriebene jüdische Komponisten.

Sobotka: Wer sich seiner Vergangenheit nicht stellt, wird immer von ihr eingeholt werden

"Wenn Gedenken einen Sinn haben soll, dann den, aus der Erinnerung an die unzähligen Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft zu ziehen - in der Art, wie wir als Menschen in unserer Vielfalt und in Respekt und Toleranz miteinander umgehen", sagte Nationalratspräsident Sobotka in seiner Rede.

Der Nationalratspräsident erteilte allen Versuchen eine klare Absage, die österreichische Geschichte umzuschreiben, umzudeuten oder zu relativieren. Dazu gehört für Sobotka vor allem auch, bei jedwedem Ausdruck des Rassismus und des Antisemitismus sowie bei nationalsozialistischer Wiederbetätigung politisch wie strafrechtlich Rechenschaft einzufordern.

In diesem Zusammenhang richtete er einen Appell an die Politikerinnen und Politiker: "Jeder, der heute in der Politik Verantwortung trägt, ist aufgefordert, sich mit der österreichischen Geschichte und der seiner Partei aktiv auseinanderzusetzen, sich ihr ehrlich, aufrichtig und vorbehaltlos zu stellen, den Beiträgen der Zeitzeugen zuzuhören, nachzudenken und über unsere heutige und zukünftige Verantwortung zu reflektieren". Aus dieser Pflicht wolle und dürfe er niemanden entlassen. "Denn, wer sich seiner Vergangenheit nicht stellt, wird immer wieder von ihr eingeholt werden".

Einmal mehr erinnerte der Nationalratspräsident daran, dass Österreich nicht nur Opfer war. "Österreich war Täter, Österreich hat sich schuldig gemacht, in Untat und Untätigsein".

Das Fernbleiben der IKG zeigt, wie tief die Wunden noch immer sind

Explizit bedauerte der Nationalratspräsident das Fernbleiben des Präsidenten der IKG Wien, Oskar Deutsch. Das zeige, so Sobotka, wie tief die Wunden noch immer sind. "Präsident Deutsch sowie andere VertreterInnen der IKG sind und bleiben eingeladen". Die Plätze würden für sie freigehalten, und sollten sie weiter frei bleiben, würde er das auch als einen Beitrag zum Gedenkjahr verstehen.

Unter den Gästen begrüßte Sobotka seine Kolleginnen im Präsidium, Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures und Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller sowie den Präsidenten des Bundesrats, Reinhard Todt. Von Seiten der Bundesregierung nahmen Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Sozialministerin Beate Hartinger-Klein sowie Staatssekretärin Karoline Edtstadler und Staatssekretär Hubert Fuchs teil.

Als RepräsentantInnen des offiziellen Österreich hieß Sobotka weiters den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Eckhart Ratz, den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Rudolf Thienel sowie die Präsidentin des Rechnungshofs Margit Kraker willkommen. Unter den Anwesenden befanden sich auch aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrats und des Bundesrats, unter ihnen die Klubobleute Andreas Schieder, Walter Rosenkranz und Matthias Strolz. Auch zahlreiche VertreterInnen des Diplomatischen Corps - unter anderen die Vertreterin der Israelischen Botschaft - sind gekommen. Zu den Gästen zählten zudem Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften, ehemalige Mitglieder der Bundesregierung und Volksanwaltschaft und VertreterInnen von österreichischen Gedenkinitiativen. Ein besonderer Dank des Nationalratspräsidenten galt der Generalsekretärin des Nationalfonds, Hannah Lessing.

Zeitzeugen erinnern sich an die dunklen Jahre

Direktorin Danielle Spera stellte Victor Klein, Herbert Löwy, Fritz Rubin-Bittmann und Alfred Schreier als Mitglieder einer besonderen Herrenrunde vor, die sich seit Jahren jeden Mittwoch in einem Wiener Café trifft, um über Themen der Vergangenheit wie über die Gegenwart zu diskutieren. Die "Mittwochsrunde" versammelt einige der letzten Vertreter des jüdischen Bürgertums, das vor 1938 Wien und Österreich maßgeblich geprägt hat. Allen gemeinsam ist allen trotz der unterschiedlichen Lebenswege und Weltanschauungen ihre Liebe zu Wien und der Glaube an die österreichische Demokratie.

Die Zeitzeugen berichteten über Erfahrungen, die sie als Verfolgte des NS-Regimes gemacht hatten. So war Herbert Löwy, geboren 1929 in Wien, als Jugendlicher, der den gelben Stern tragen musste, der Zugang zur Schulbildung verwehrt. Er bildete sich autodidaktisch, überlebte als "U-Boot" in Wien und war 1945 einer der (Wieder-)Gründer des Sportklubs Hakoah. Der Arzt Fritz Rubin-Bittmann wurde 1944 als Kind jüdischer Eltern in einem Keller in der Leopoldstadt in Wien geboren, von einer nichtjüdischen Familie aufgenommen und so gerettet. Der 1929 in Wien geborene Alfred Schreier überlebte den Krieg mit seinen Eltern in Italien. 1945 wanderte er in die USA aus und kehrte erst vor einigen Jahren nach Wien zurück. Victor Klein wurde 1927 in Munkács (Mukatschewo), das damals zur Tschechoslowakei gehörte, geboren. Er wurde mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert, seine Befreiung erlebt er im Konzentrationslager Ebensee. In den 1950er Jahren übersiedelte er von Budapest nach Wien. (Schluss) sox

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV.

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