Verein NEUSTART warnt: Geplanter Ausschluss von Sozialhilfebezug fördert Kriminalität
Wien (OTS) – Bei der Pressekonferenz der Armutskonferenz im Presseclub Concordia am 9. Jänner 2019 warnte der Verein NEUSTART vor den geplanten Kürzungen im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz. Kritikpunkte sind die Erhöhung des Rückfallrisikos, die Gefahr neuer Opfer, die Etablierung einer unzulässigen Nebenstrafe und menschenrechtswidriges Vorgehen. NEUSTART empfiehlt dringend, das Vorhaben, Straffällige von der Sozialhilfe auszuschließen, ersatzlos zu streichen.
Rückfallrisiko bringt neue Opfer
Im Jahr 2017 wurden 21.255 Menschen von österreichischen Gerichten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (Quelle: Sicherheitsbericht 2017). Darunter waren rund 14.000 Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder länger. Von den in der Bewährungshilfe und Haftentlassenenhilfe betreuten Personen wären etwa 7.400 Klientinnen und Klienten (40 Prozent) von den Kürzungen betroffen. Der geplante Ausschluss von der Mindestsicherung bedeutet, dass sie für mehrere Monate (zumindest sechs) oder sogar Jahre keine ausreichenden Mittel haben, um ihren Lebensbedarf zu bestreiten. Das erhöht für die Betroffenen die Wahrscheinlichkeit von Obdachlosigkeit und Armut. Armutslagen wie Arbeitslosigkeit, materielle Not und soziale Unterversorgung sind Risikofaktoren für das Überschreiten der Legalitätsgrenze. Eine stabile Existenzgrundlage ist der erste Schritt zur erfolgreichen Kriminalitätsprävention. Die mit der fehlenden Mindestexistenzsicherung einhergehende Perspektivlosigkeit wird zu vermehrtem Rückfall führen. Das schafft neues Opferleid und widerspricht dem Bedürfnis nach Sicherheit in der Bevölkerung.
Kontraproduktive Doppelbestrafung
Der Zweck von Strafen besteht darin, dass weitere Straffälligkeit verhindert wird. Strafen sind dort legitimiert, wo sie Gefahren abwehren und Schäden beseitigen. Strafen haben nicht den Zweck, Vergeltungsimpulse zu befriedigen. Die Formulierung im Gesetzestext „adäquate öffentliche Sanktionswirkung“ durch die Streichung der Mindestsicherung ist als unzulässige Doppelbestrafung zu sehen. Es ist nicht Aufgabe des Sozialministeriums, Strafmaßnahmen quasi als Nebenstrafen zu verhängen. Vielmehr sollten durch die Mindestsicherung Risiken reduziert werden, anstatt durch mangelnde Existenzsicherung neue Sicherheitsrisiken zu erzeugen und den Strafzweck zu konterkarieren.
Menschenrechtswidriges Vorgehen
Sozialhilfe hat (genauso wie die derzeitige bedarfsorientierte Mindestsicherung) die Aufgabe, allen Menschen, denen das aus sonstigen Quellen nicht möglich ist, die für ein menschenwürdiges Überleben notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Entzug der Überlebenssicherung als Strafe ist ein Akt, der in einer gut entwickelten Rechtsordnung keinen Platz haben darf. Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention lautet: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“ Der Entzug der notwendigen Lebensgrundlage als Strafe würde dieses Menschenrecht verletzen.
Kosten für Justiz steigen
Letztlich werden mehr Rückfalle zu mehr Kosten im Strafvollzug führen. Ein Haftplatz kostet pro Monat rund 3.720,- Euro – ein Vielfaches der Kosten für die Mindestsicherung.
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