Sicherheitspaket geht durch den Bundesrat

Beschluss mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ, heftige Kritik von SPÖ und Grünen am Bundestrojaner

Wien (PK) - Nach der Genehmigung durch den Bundesrat ist das Sicherheitspaket nun parlamentarisch unter Dach und Fach. Wie schon im Nationalrat ging auch der Beschlussfassung in der Länderkammer eine kontroversielle Debatte voraus. Stein des Anstoßes der Kritik der Opposition waren dabei jene Bestimmungen zur Überwachung verschlüsselter Nachrichten im Internet, mit denen der so genannte Bundestrojaner in die österreichische Rechtsordnung einzieht. SPÖ und Grüne sprachen von einem Schritt in Richtung Überwachungsstaat und befürchteten vor allem Eingriffe in die Grundrechte sowie eine Verletzung der Privatsphäre. ÖVP und FPÖ hingegen sahen in der neuen Ermittlungsmaßnahme eine wirksame Handhabe der Exekutive zum Schutz der Bevölkerung vor Terror und organisierter Kriminalität und schlossen unter Hinweis auf Rechtsschutz und Kontrolle sowie den eingegrenzten Anwendungsbereich jeglichen Missbrauch aus.

Einsatz des Bundestrojaners, Zugriff auf Videomaterial von Überwachungskameras

Im Einzelnen schaffen die Änderungen im Strafprozessrecht die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Spionagesoftware die Exekutive zur Überwachung von WhattsAPP und Skype. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines konkreten Verdachts einer terroristischen Straftat, eines Verbrechens mit einer Strafobergrenze von mehr als zehn Jahren oder einer Straftat gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Integrität mit einer Strafobergrenze von mehr als fünf Jahren. Geregelt wird überdies auch der Einsatz von IMSI-Catcher zur Ortung von Handys. Beide Maßnahmen sind nur nach staatsanwaltschaftlicher Anordnung und richterlicher Genehmigung zulässig.

Neu im Sicherheitspolizeigesetz ist die der Exekutive eingeräumte Möglichkeit, im Zuge von Ermittlungen Videomaterial von Überwachungskameras im öffentlichen Raum, etwa auf Bahnhöfen oder in Flughäfen, auszuarbeiten. Änderungen im Telekommunikationsgesetz schließlich bedeuten das Aus für anonyme Wertkartenhandys. So müssen sich ab 2019 KundInnen beim Kauf einer SIM-Karte identifizieren, wobei Name und Anschrift durch den Telekom-Anbieter zu registrieren sind.

Gemeinsam mit dem Sicherheitspaket wurde auch ein Bundesgesetz beschlossen, das die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU auf Basis der Gegenseitigkeit weiter ausbaut. Hier geht es neben der Vereinfachung des Informationsaustausches vor allem um die Schaffung eines Rechtsrahmens für die Vollstreckung einer Europäischen Ermittlungsanordnung eines anderen Mitgliedstaates im Inland bzw. für die Erlassung einer Ermittlungsanordnung, die in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden soll, durch eine österreichische Behörde. Dieses Gesetz passierte den Bundesrat einstimmig.

Regierungsparteien erwarten sich wirkungsvolle Handhabe zur Verbrechensbekämpfung

Armin Forstner (ÖVP/St) wertete das Sicherheitspaket als wichtigen Schritt zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden. Die Grund -und Freiheitsrechte sieht er vor allem durch die Voraussetzung der richterlichen Bewilligung und die Einbindung des Rechtsschutzbeauftragten garantiert. Das Gesetz sei kein Überwachungspaket, es gehe weder um Massenüberwachung noch um Online-Untersuchung, unterstrich sein Fraktionskollege Karl Bader (ÖVP/N). Österreich ziehe vielmehr auf europäische Standards nach und reagiere damit auf die neuen Herausforderungen bei der Verbrechensbekämpfung. Höchstmöglicher Rechtsschutz sei jedenfalls gewährleistet, ist auch Bader überzeugt.

"Wir wollen Terroristen keine Freiräume geben", fasste Georg Schuster (FPÖ/W) das Ziel des Pakets aus der Sicht seiner Fraktion zusammen. Er unterstrich ebenfalls den Aspekt des Rechtsschutzes und meinte darüber hinaus, viele der Maßnahmen, wie etwa die Videoüberwachung im öffentlichen Raum, seien in der Praxis schon längst im Einsatz. Man schütze die Masse vor den Kriminellen. Wer nichts Böses im Schilde führt, brauche sich nicht zu fürchten.

SPÖ und Grüne warnen vor Eingriff in die Privatsphäre

Zu einem gänzlich anderen Befund kam die Opposition. Das Paket sei ein Schritt in die totale Überwachung, kritisierte René Pfister (SPÖ/N). Der Einsatz des Bundestrojaners und der Zugriff der Behörden auf öffentliche Videoüberwachungskameras stellen für den SPÖ-Bundesrat einen Eingriff in die Privatsphäre dar. Massive Bedenken meldete Pfister überdies gegen die Installation von Software an, die nicht vom Staat selbst, sondern von privaten Anbietern entwickelt wurden. Die Regierung wolle nur über die desaströse Situation der Exekutive hinwegtäuschen, vermutete Stefan Zaggl (SPÖ/T). Das Geld für den Bundestrojaner hätte man sinnvoller in eine Verbesserung der Ausrüstung und der Digitalisierung der Polizei investieren sollen. Ein Überwachungspaket sei jedenfalls nicht geeignet, Terror zu bekämpfen, sondern würde vielmehr die Privatsphäre gefährden, warnte er.

Ewa Dziedzic (Grüne/W) sprach von überbordenden Maßnahmen, die nicht mehr Sicherheit schaffen, sondern die Grundrechte aushebeln und wesentliche Rechtsschutzlücken aufweisen. So könnten etwa auch Dritte, gegen die selbst kein Tatverdacht vorliegt, von der Überwachung betroffen sein. Bestätigt fühlt sich die Grüne Bundesrätin auch durch zahlreiche kritische Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren.

Moser und Edtstadler sehen ausgewogenes Verhältnis zwischen Strafverfolgung und Grundrechtsschutz

Durch das Sicherheitspaket werde die Strafverfolgung technisch auf die Höhe der Zeit gebracht, betonte hingegen Justizminister Josef Moser. Man habe alles unternommen, um bei sämtlichen Ermittlungsmaßnahmen die Beeinträchtigungen für den Einzelnen möglichst gering zu halten. Es gebe keine Massenüberwachung, umfassender Rechtsschutz sowie Transparenz seien garantiert, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde respektiert, erwiderte Moser auf die Kritikpunkte der Opposition. Wichtig ist für den Ressortchef vor allem die Voraussetzung des Vorliegens eines konkreten Verdachts sowie die Einbindung des Rechtsschutzbeauftragten und die richterliche Bewilligung.

"Mit den Gesetzen von gestern werden wir die Verbrechen von heute, die die Technologie von morgen nutzen, nicht bekämpfen können", gab Staatssekretärin Karoline Edtstadler zu bedenken, die in dem Paket einen richtigen Schritt zur richtigen Zeit sah. Die Maßnahmen kommen einzelfallbezogen zur Anwendung und seien mit größtem Rechtsschutz ausgestattet, betonte sie. Man habe eine richtige Balance gefunden zwischen den Rechten der Verdächtigen und allfälliger Dritter und den Erfordernissen, die man braucht, um schwerste Kriminalität zu bekämpfen.

Weisungsbericht des Justizministers einstimmig zur Kenntnis genommen

Einstimmig nahm die Länderkammer schließlich einen Bericht des Justizministeriums über die in den Jahren 2009 bis 2014 erteilten Weisungen, nachdem das der Weisung zugrundeliegende Verfahren beendet wurde, zur Kenntnis. Aus dem Papier konnten die BundesrätInnen entnehmen, dass zwischen 2009 und 2014 das Justizministerium insgesamt 59 Weisungen nach Verfahrensbeendigung erteilte. So wurde etwa in vier Verfahren eine Weisung auf Anklageerhebung erteilt, in einem Verfahren wiederum erging eine Weisung, das Vorhaben der Staatsanwaltschaft auf Anklage hinsichtlich eines Teilfaktums zur Kenntnis zu nehmen. In drei Verfahren betraf die Weisung die Einstellung, in einem Verfahren wurde die Weisung erteilt, das Vorhaben der Staatsanwaltschaft auf Verfahrenseinstellung gegen eine Person zur Gänze und gegen eine weitere Person in Ansehung eines vorgeworfenen Faktums zur Kenntnis zu nehmen. (Schluss) hof

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