Sozialausschuss: Aschbacher und Anschober über nationale und europäische Wege aus der Corona-Krise

Breite Debatte von der Armutsbekämpfung bis zur besseren finanziellen Absicherung der Palliativversorgung

Wien (PK) Es müsse mit aller Kraft verhindert werden, dass aus der größten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten eine soziale Krise hervorgehe, erklärten heute unisono die Bundesminister Christine Aschbacher und Rudolf Anschober im Sozialausschuss anlässlich der Debatte über zwei Berichte aus ihren Ressorts. Neben der EU-Jahresvorschau 2020 über aktuelle europäische Vorhaben in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz stand auch der Sozialbericht 2019 auf der Agenda.

Bei den Schwerpunkten auf europäischer Ebene hob Anschober die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte, den Aktionsplan „social economy“ und die sogenannte EU-Kindergarantie hervor. Im Gesundheitssektor sei es elementar, dass sich Europa im Hinblick auf die Entwicklung eines Impfstoffs gegen COVID-19 rechtzeitig Ressourcen sichere. Die Regierung setze sich mit aller Kraft dafür ein, die Krise zu überwinden, versicherte Aschbacher. Im Besonderen erwähnte sie den Neustartbonus, um Menschen aus der Arbeitslosigkeit wieder in Beschäftigung zu bringen, die Entlastung der unteren EinkommensbezieherInnen, die Mittel für die Kurzarbeit, den geplanten Lehrlingsbonus oder das Investitionspaket.

Während die EU-Vorschau mehrheitlich angenommen und im Ausschuss somit enderledigt wurde, wurde der Sozialbericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Dieser soll im Nationalrat weiter behandelt werden.

EU-Vorhaben: Demographiebericht, Grünbuch zum Thema Altern, Kindergarantie und Aktionsplan „social economy“

Die Arbeitsprogramme der neuen Europäischen Kommission und des kroatischen EU-Ratsvorsitzes für das 1. Halbjahr 2020 bildeten die Grundlage für einen Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober über aktuelle EU-Vorhaben; Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise sind darin aber noch nicht enthalten.

Der Ressortchef gab zu bedenken, dass aufgrund der Corona-Krise zwar einiges verschoben werden musste, die vereinbarten Eckpfeiler würden aber weiter bestehen bleiben. Dazu zählen etwa die geplante Vorlage eines Demographieberichts, das Grünbuch zum Thema Altern, die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte oder die EU-Kindergarantie, das er für ein hoch spannendes Projekt halte. Es gebe eine sehr gute Kooperation mit dem für Beschäftigung und soziale Rechte zuständigen EU-Kommissar Nicolas Schmit, der sich u.a. für das Thema faire Mindestlöhne und für einen Aktionsplan „social economy“ einsetze. Für den Konsumentenschutzbereich hat die Kommission eine neue Strategie für VerbraucherInnen angekündigt. Vieles werde natürlich auch von einer Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 abhängen. Generell habe die Pandemie zu tektonischen Verschiebungen geführt und die Prioritäten hin zur Gesundheit verschoben, konstatierte Anschober, der auf zahlreiche Videokonferenzen mit den europäischen Partnern während der Krise verwies. Nun gelte es aber wieder, die sozialen Agenden zu forcieren.

Von der Armutsbekämpfung bis zum Verbraucherschutz

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP) hielt es für wichtig, dass man die entsprechenden Lehren aus der COVID-19-Pandemie zieht und sprach unter anderem die intensivere Kooperation bei der Bewertung neuer Gesundheitstechnologien an.

NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker fragte sich, warum Österreich bei der gemeinsamen klinischen Bewertung zentral zugelassener Arzneimittel eine „Bremserfunktion“ inne habe. Eine bessere Zusammenarbeit in diesem Bereich wäre aus seiner Sicht von Vorteil für die PatientInnen, weil sie dadurch einen schnelleren Zugang zu Medikamenten hätten.

Verena Nussbaum (SPÖ) erkundigte sich über den aktuellen Stand bezüglich des Berichts zum demographischen Wandel, dem Grünbuch zum Thema Altern sowie der Anti-Diskriminierungs-Richtlinie.

In der Corona-Krise habe man sehr wenig von der EU gehört, merkte Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ) kritisch an. Aufgrund der zu erwartenden Massenarbeitslosigkeit in Europa müsse über Schutzmechanismen für den heimischen Arbeitsmarkt nachgedacht werden. Sein Fraktionskollege Michael Schnedlitz (FPÖ) befasste sich mit dem Thema Armutsbekämpfung.

Die Krise habe Problemzonen aufgezeigt und bestehende Risse noch sichtbarer gemacht, erklärte Bundesminister Anschober. So stimmte er mit Abgeordneter Gudrun Kugler (ÖVP) darin überein, dass Einsamkeit insbesondere bei älteren Menschen ein wachsendes Problem darstelle. Ebenso wie EU-Kommissar Schmit war der Minister überzeugt davon, dass es z.B. auch einheitliche Mindeststandards im Pflegebereich brauche. Schmit habe auch einen Fokus auf sozialwirtschaftliche Organisationen und Unternehmen gelegt; hier könne Österreich sicher wichtige Impulse einbringen. Außerdem merkte der Ressortchef gegenüber Abgeordneter Fiona Fiedler (NEOS) an, dass auf EU-Ebene a uch Maßnahmen gegen Kinderarmut und eine Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen in Ausarbeitung seien. Abgeordnetem Peter Wurm (FPÖ) versicherte er, dass es mit ihm keine Änderungen beim Selbstbestimmungsrecht der Regionen beim Anbau gentechnisch veränderter Organismen geben werde.

Durch die Pandemie habe man gelernt, dass die Krisenvorsorge auf europäischer Ebene, wie etwa in Bezug auf elementare Versorgungsstrukturen (Stichwort Schutzausrüstungen) verbessert werden müsse. Was die Arzneimittelstrategie angeht, so soll diese unter der deutschen Präsidentschaft ausgearbeitet und in den nächsten Monaten vorgelegt werden. Abgeordnetem Loacker (NEOS) gegenüber teilte der Minister mit, dass es in einigen EU-Ländern Überlegungen gebe, mehr in Richtung Wirkstoffverschreibung zu gehen. Es sei jedenfalls wichtig, dass die Arzneimittelproduktion nicht gänzlich in andere Länder verlagert, die europäischen Standorte abgesichert und ein Frühwarnsystem in Bezug auf die Vorratshaltung eingerichtet werden. Gerade bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen COVID-19 sei ein gemeinsames europäisches Vorgehen von großer Bedeutung. Es laufen bereits Gespräche mit der Industrie, damit später der Zugang zu dem Impfstoff, der noch zu entwickeln ist, auch gewährleistet sei. Anschober sprach sich zudem noch dafür aus, die Grippeimpfung bei Kindern in das Gratisimpfprogramm aufzunehmen.

Sozialbericht 2019: Welche Lehren werden aus der Krise gezogen?

Der Sozialbericht 2019 lege Zeugnis darüber ab, dass von der letzten Regierung vieles richtig gemacht wurde, vor allem im Hinblick auf die Stärkung des Wirtschaftsstandorts und die Beschäftigungssituation, urteilte ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer. Auch FPÖ-Mandatar Peter Wurm sprach von positiven Entwicklungen in diesem Zeitraum und führte als Beispiele die Änderungen bei der Mindestsicherung und der Notstandshilfe an.

Nach Auffassung von Markus Koza (Grüne) habe die Corona-Krise klar gezeigt, wie wichtig ein stabiler Sozialstaat sei. Gleichzeitig wurden auch Lücken aufgezeigt, wo noch einiges zu tun sei. Im Besonderen sprach er die Problematik von prekären Beschäftigungsverhältnisse wie z.B. bei der Post oder in der Fleischproduktion in Deutschland an, die auch massive Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hatten. Er machte sich stark dafür, dass in Hinkunft Arbeit gerechter verteilt werden müsse.

NEOS-Vertreter Gerald Loacker bezeichnete es als positiv, dass der aktuelle Bericht weniger ideologisch behaftet sei als frühere Exemplare. Generell hielt er es für problematisch, dass in Österreich noch immer so viele Frauen teilzeitbeschäftigt seien, was sich auch bei der Höhe der Pensionen gravierend auswirke. Die von der jetzigen Regierung beschlossenen Maßnahmen wie der Neustartbonus oder die Erstattung der Negativsteuer seien seiner Meinung nach weitere Anreize, um einen Teilzeitjob anzunehmen. Kritik übte er zudem an der abschlagsfreien Frühpension sowie an der Tatsache, dass gerade die Bauern, deren Pensionskasse die höchsten staatlichen Zuschüsse bekomme, nun eine Pensionserhöhung erhalten. Weitere Fragen bezogen sich unter anderem auf die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, die Umschichtung von Mitteln aus dem Spitalsbereich in den ambulanten Sektor sowie auf die fehlende Darstellung der Anzahl an geringfügig Beschäftigten im Bericht. Seine Fraktionskollegin Fiona Fiedler wollte mehr über den Stand der Vorarbeiten zum neuen Nationalen Aktionsplan Behinderung wissen.

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) zeigte sich besorgt über die Jobaussichten für Jugendliche, auf die im Herbst aus ihrer Sicht große Probleme zukommen werden. Was werde getan, um die Ausbildungspflicht bis 18 Jahre zu gewährleisten und um die Finanzierung der überbetrieblichen Lehrwerkstätten sicherzustellen?, so Heinisch-Hosek in Richtung Ministerin Aschbacher. Ebenso wie Christian Drobits (SPÖ) sah sie noch zahlreiche ungeklärte Fragen in Bezug auf das Home-Office, u.a. im Hinblick auf das Arbeitsrecht, den Datenschutz etc. Jetzt wäre jedenfalls der richtige Zeitpunkt, um die Arbeitszeit zu verkürzen, deponierte SPÖ-Abgeordneter Josef Muchitsch.

Aus dem Sozialbericht 2019 geht hervor, dass die Zahl der aktiv unselbständig Beschäftigten im Jahr 2018 mit 3,661.127 auf einem Rekordniveau lag, die Arbeitslosenrate betrug 7,7%. Diese Zahlen seien leider mittlerweile überholt, konstatierte B undesministerin Christine Aschbacher, die darauf hinwies, dass sich derzeit 812.000 Menschen in Kurzarbeit befinden. Die Regierung setze sich mit aller Kraft dafür ein, die Krise zu überwinden, versicherte sie, und habe daher zahlreiche Hilfsmaßnahmen auf den Weg gebracht.

Dazu zählen etwa der Neustartbonus, um Menschen aus der Arbeitslosigkeit wieder in Beschäftigung zu bringen, die vorgezogene Entlastung der unteren EinkommensbezieherInnen, der geplante Lehrlingsbonus oder das Investitionspaket. Was die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik angeht, so werden 1,615 Mrd. € für aktive und 1,430 Mrd. Mrd. € für aktivierende Maßnahmen bereitgestellt. Ein Schwerpunkt liege dabei bei der Förderung der Frauen, die, wenn möglich, eine Vollzeitbeschäftigung finden sollen. Durch das Gemeindepaket habe die Regierung einen wichtigen Beitrag dafür geleistet, dass der dafür notwendige Ausbau der Kinderbetreuungsangebote weiter fortgeführt werden könne. Zusätzlich stehe ein Budget für die Kurzarbeit in der Höhe von 12 Mrd. € zur Verfügung. Da die MitarbeiterInnen beim AMS um bis zu 500 Personen aufgestockt wurden, können die Anträge mittlerweile innerhalb von sieben bis zehn Tagen erledigt werden, hob die Ministerin hervor. Rund die Hälfte der Unternehmen würden zudem die Verlängerungsoption auf sechs Monate in Anspruch nehmen. Ein weiteres Vorhaben sei die Gründung von Arbeitsstiftungen, die vor allem für besonders betroffene Branchen eingerichtet werden sollen.

Bei der Diskussion über den Sozialbericht 2019 kündigte Bundesminister Anschober an, dass dieser in Zukunft wieder umfassender gestaltet und auch Analysen enthalten werde. Ebenso wie Aschbacher versprach er, dass sich sein Ressort über den Sommer hinweg viele Themenbereiche näher ansehen wolle, um die richtigen Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen. Dies betreffe nicht nur das Home-Office, sondern auch die Armutsbekämpfung, die Frage der prekären Beschäftigungsverhältnisse oder die Ausgestaltung der 24-Stunden-Betreuung, wo man bezüglich der Qualitätsstandards nachjustieren müsse.

Zu Fragen betreffend die Zielsteuerung Gesundheit informierte er darüber, dass sich seit 2013 der Anteil des stationären Sektors von 46,5% auf 45,8% (2018) reduziert habe; im ambulanten Bereich gab es eine kleine Steigerung von 25% auf 26,5%. Dies seien keine großen Sprünge, räumte er ein, aber es bewege sich etwas. Ein großes Anliegen sei ihm der Nationale Aktionsplan Behinderung, dessen Mittel von 230 auf 260 Mio. € erhöht werden konnten. Für spezielle Lohnförderungen stehen weitere 6 Mio. € bereit. Der Abgeordneten Gudrun Kugler (ÖVP) gegenüber führte er aus, dass im Bereich Hospiz und Palliativversorgung eine Regelfinanzierung sichergestellt werden müsse. Er habe bereits einen Auftrag an die GÖG erteilt, die einen diesbezüglichen Vorschlag erarbeiten soll. Abgeordneten Loacker (NEOS) informierte er schließlich noch darüber, dass es einen „Wanderversicherungsbericht“ gebe, wo all seine Fragen beantwortet werden. (Schluss Sozialausschus) sue


Rückfragen & Kontakt:

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

[ad_2]

Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.

Eigenes Pressefach für Ihre Pressemeldungen - Pressefach.eu

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen