Sozialversicherungsreform: ExpertInnen drängen auf Reform im Sinne der Bevölkerung

Meinungsunterschiede prägen Sozialausschuss-Debatte über Reformvorschlag der Regierung

Wien (PK) Der Sozialausschuss des Nationalrats eröffnete heute die Diskussion über die geplante Sozialversicherungsreform mit einem Expertenhearing, bei dem der Hauptverband ebenso Gehör fand wie die Wirtschaftskammer. Die Meinungen zum Reformpaket der Regierung gingen in rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialpolitischer Hinsicht weit auseinander. Einigkeit bestand aber darin, dass jede Strukturänderung im Gesundheitswesen die Versorgung im Interesse der Menschen sicherzustellen habe.

Grundlage des aktuellen Reformvorhabens bildet das sogenannte Sozialversicherungs-Organisationsgesetz ( 329 d.B. ), das der Ausschuss heute zur weiteren Beratung vertagte. Vorrangiges Ziel der Strukturreform ist laut Gesetzentwurf eine Senkung der Verwaltungskosten. Durch die mit der Zusammenlegung der Träger einhergehenden Bündelung der Aufgaben, die vorgesehene Reduzierung der Verwaltungskörper und die Verkleinerung der Gremien – etwa im Hauptverband, den ein verschlankter Dachverband ersetzen soll – werde es zu deutlichen Effizienzsteigerungen kommen, macht die Regierung geltend (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1209/2018 ). Im Zeitraum 2020 bis 2023 werden kumulierte Einsparungen bei Verwaltungs- und Sachaufwand im Ausmaß von 1 Mrd. € erwartet.

Als ExpertInnen dem Ausschuss zur Verfügung standen Hauptverband-Generaldirektor Josef Probst, Martin Gleitsmann, Leiter der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer (WKO), der emeritierte Verfassungs- und Verwaltungsrechtsprofessor Bernhard Raschauer, der ehemalige Verfassungsrichter mit Spezialisierung auf Sozialrecht Rudolf Müller, Wirtschaftsrechtsprofessor Werner Hoffmann, die GesundheitsökonomInnen Maria Hofmarcher-Holzhacker und Ernest Pichlbauer sowie Unternehmensberater und Gewerkschafter Wilfried Leisch.

Gleitsmann: Gesundheitssystem wird durch Strukturänderung effizienter und gerechter

Äußerst positiv zur geplanten Strukturreform äußerte sich WKO-Vertreter Gleitsmann. Die Zusammenführung der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die Verschmelzung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit jener der Bauern zur Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) und die Fusion der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zur neuen BVAEB wird ihm zufolge nicht nur für mehr Effizienz sorgen. „Der einheitliche Leistungskatalog der ÖGK wird von den Versicherten auch als gerechter empfunden werden“. Gerechter findet Gleitsmann zudem das angedachte Kräfteverhältnis im künftigen System der Selbstverwaltung. Die bisherige Mehrheit der VersichertenvertreterInnen sei „schwer zu verstehen“ gewesen, erfolge doch ein Gutteil der Finanzierung der Sozialversicherungen durch Dienstgeberbeiträge.

Um die Zahl der FunktionärInnen bei den Sozialversicherungen zu reduzieren, beabsichtigt die Regierung, als Geschäftsführungsorgan der ÖGK und der weiterhin bestehenden Pensionsversicherungsanstalt PVA jeweils einen 12-köpfigen Verwaltungsrat einzusetzen, der je zur Hälfte aus DienstnehmervertreterInnen und DienstgebervertreterInnen besteht. Der Vorsitz soll halbjährlich zwischen diesen beiden Gruppen rotieren. Dieses Rotationsprinzip werde auf „Teamarbeit ausgerichtet sein“, ist Gleitsmann überzeugt.

Hoffmann: Regierungsplan kann Gesundheitswesen agiler machen

Betriebswirtschafter Hoffmann, der an der Wirtschaftsuniversität Wien strategisches Management lehrt, begrüßte an der Regierungsvorlage neben der beabsichtigten Effizienzsteigerung durch die Bündelung von Sozialversicherungsträgern auch Ansätze für mehr Effektivität im Gesundheitssystem. „Durch weniger Entscheidungsträger wird das System agiler“. Handlungs- und Innovationsfähigkeit würden ausgeweitet, so Hoffmann, was wiederum den Versicherten zugutekomme.

Die Zuschreibung einer koordinierenden Rolle an den Dachverband der Sozialversicherungen macht für ihn ebenfalls Sinn, solange unter Einbeziehung der wesentlichen Stakeholder die Parität gewahrt bleibt. Damit die neuen Strukturen aber tatsächlich eine verbesserte Gesundheitsversorgung gewährleisten können, brauche es einen „professionellen Fusionsplan“. Der Erfolg der Sozialversicherungsreform hänge nicht zuletzt davon ab, wie das Integrationsmanagement durchgeführt wird, appellierte er an die Politik, sofort damit zu beginnen.

Hofmarcher-Holzhacker: Alle Interessensgruppen miteinbeziehen

Als Expertin für Gesundheitssysteme legte Hofmarcher-Holzhacker Wert darauf, dass im Rahmen der Reform die Interessen von Arbeitgebern, Versicherten und LeistungserbringerInnen gleichermaßen zu beachten sind. „Strukturreformen im Sozialversicherungsbereich sind immer Teil der wirtschaftspolitischen Schwerpunktsetzungen“, erinnerte sie an den österreichischen Grundkonsens, keinen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zuzulassen. Vor diesem Hintergrund sei Sorge dafür zu tragen, dass die Versicherungen Anreize zur Weiterentwicklung ihrer Leistungen erhalten.

Überdies erwartet Hofmarcher-Holzhacker eine Optimierung der Verwaltung, um sicherzustellen, dass bestehende Regulierungsinstrumente wie beispielsweise regionale Strukturpläne, der Stellenplan, Bedarfs- und Entwicklungspläne besser aufeinander abgestimmt werden. Die Stärkung der demokratischen und partizipativen Rechte in den Trägergremien ist ihr im Zusammenhang mit der Entsendungen von RepräsentantInnen aus den gesetzlichen Vertretungen wichtig, da sie bedeutende StellvertreterInnen für Versicherte und PatientInnen seien. Die Politik habe bei Änderungen der Versorgungsstruktur immer auf den sozialen Zusammenhalt zu achten, appellierte die Expertin. Eine Änderung der Machtverhältnisse müsse „langsam und durchdacht“ erfolgen.

Leisch: Privatisierung der Krankenversorgung beabsichtigt

Vor einer Privatisierung des Gesundheitssystems warnte Gewerkschaftsvertreter Leisch, Mitbegründer des Blogs „Pro Sozialversicherung“. Der Gesetzesentwurf deute auf eine „Zurückdrängung der solidarischen Sozialversicherung“ hin, werde doch privaten Gesundheitsanbietern der Eingang in das öffentliche Versicherungssystem zugesagt. Vom Einsparungsziel der Reform hält Leisch ebenfalls nichts, hier erfolge ein „Sparen ohne Not“, denn im Verhältnis zum österreichischen Bruttoinlandsprodukt verursachten die Sozialversicherungsausgaben kein Problem. Vielmehr kämen aufgrund der Sparmaßnahmen – Stichwort Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA – auf die ÖGK hohe Mehrbelastungen zu, kritisierte er.

Kein gutes Wort fand Leisch auch für die Strukturänderung selbst, in der er eine „massive Machtverschiebung“ samt „Umfärbung der Gremien“ erkennt. Die Begründung der Regierung zur paritätischen Gremienbesetzung ließ er nicht gelten, immerhin erwirtschafteten die Arbeitnehmer ihre Sozialversicherungsbeiträge. Aus der Kassenfusion ergebe sich keine Leistungsharmonisierung zwischen Selbständigen, Arbeitern und Angestellten und in Hinblick auf die geplante Bündelung der Abgabenprüfung bei der Finanz sei mehr Bürokratie zu erwarten.

Pichlbauer: Reform wird erneut scheitern

Gesundheitsexperte Pichlbauer holte zu einem Rundumschlag gegen die heimische Gesundheitspolitik aus. Seit 50 Jahren zeigten Studien Problemfelder wie die starke Trennung des intra- und extramuralen Bereichs, Doppelgleisigkeiten und ein Übergewicht der Spitäler auf, doch trotz steigender Gesamtkosten ändere sich kaum etwas. Nach wie vor gebe es ungerechtfertigte Preisunterschiede bei den ÄrztInnen und keine österreichweite Finanzierungsplanung. Pichlbauer konzedierte Österreich zwar am Beispiel der Zielsteuerungsverträge „eine lange Geschichte der Versuche, das Gesundheitssystem zu reformieren“, doch passiert sei bislang nichts.

Auch dem aktuellen Reformvorschlag sprach er ab, eine Verbesserung im Gesundheitswesen zu erreichen. Die Spitalshäufigkeit werde weiterhin „absurd hoch“ bleiben, wodurch sich vor allem in ländlichen Regionen die kassenärztliche Versorgung ausdünne. Notwendig ist aus seiner Sicht jedenfalls eine bessere Koordinierung im Gesundheitssystem, wobei die Finanzierung in einer Hand liegen sollte.

Probst: Schwächung der sozialen Sicherheit droht

Namens des Hauptverbands sprach sich Generaldirektor Probst dafür aus, von den Plänen zur Strukturreform abzugehen. „Österreich hat eines der besten Sozialversicherungssysteme der Welt“, dessen Weiterentwicklung brauche klare Ziele zur Leistungsverbesserung für die Menschen. Genau diese Zielsetzung macht Probst im Reformvorhaben aber nicht aus, im Gegenteil: der Dachverband werde auf Kosten der sozialen Sicherheit geschwächt, zumal es aufgrund des angedachten Rotationsprinzips keinen unabhängigen Vorsitz mehr gebe. Mit der Unterteilung des Leistungsrechts in BeamtInnen, Selbstständige und ArbeitnehmerInnen schaffe man überhaupt eine „3-Klassen-Medizin“.

Weiters gingen dem System mit den kolportierten Einsparungen von 1 Mrd. € wichtige Einnahmen verloren, rügte Probst den Sparplan wie auch die Beitragsprüfung durch die Finanz; diese werde ebenfalls in weniger Mittel für die Sozialversicherung münden. Abzulehnen sei außerdem, dass die Geld- und Rücklagenverwaltung der Gebietskrankenkassen künftig zentral bei der ÖGK erfolgen soll. Auf Landesebene könne dadurch nicht mehr auf regionale Bedürfnisse eingegangen werden. Insgesamt wird laut Probst im Gesetzesentwurf das Verfassungsprinzip der Selbstverwaltung nicht beachtet, wobei er vor allem die Parität der Arbeitnehmer- und ArbeitgebervertreterInnen in den Verwaltungsgremien im Visier hat.

Müller und Raschauer verfassungsrechtlich uneins zum Reformentwurf

Verfassungsrechtler Müller brachte bei seiner rechtlichen Wertung der Regierungsvorlage ebenfalls mehrere Kritikpunkte vor. „Klar verfassungswidrig“ ist in seinen Augen die angestrebte Parität in den Verwaltungsgremien, da tatsächlich die Arbeitgeberseite dadurch überrepräsentiert sei. Immerhin erhielten die Sozialversicherungen 72% ihrer Mittel aus Arbeitnehmerbeiträgen, nur 28% komme von Arbeitgeberseite.

Generell vermisst er eine demokratische Legitimierung bei den künftigen VersicherungsvertreterInnen, ihre Aufgabeneignung könne nicht wie vorgeschlagen von einer Staatsprüfung abhängig gemacht werden. Dies könne ebenso ein verfassungsrechtliches Problem darstellen wie die Zusammenlegung der Kassen für Selbständige mit jener für LandwirtInnen, weil die Berufsstände sowie ihre jeweiligen Beitrags- und Leistungsrechte unterschiedlich seien. Einen Verstoß gegen das Effizienzgebot drohe, wenn die Fusion der neun Gebietskrankenkassen mit über 10.000 MitarbeiterInnen wirklich wie im Entwurf vorgesehen innerhalb von neun Monaten erfolgen müsse. Diese Zeitspanne sei zu kurz, prophezeite Müller „die reale Gefahr, dass am Ende nichts funktioniert“.

Verfassungsjurist Raschauer konnte hingegen die rechtlichen Kritikpunkte nicht nachvollziehen, gerade hinsichtlich der Parität in den Selbstverwaltungsgremien. Da der Bundesgesetzgeber die Entscheidungen zur Selbstverwaltung, die als Organisationsform ohnedies erhalten bleibe, treffe, seien diese legitim. Letztendlich betreffe die Strukturreform „nur vom Bund gestellte Einrichtungen“, gab Raschauer zu bedenken, die Länder würden nicht berührt, wobei dies als Frage der politischen Zweckmäßigkeit verfassungsrechtlich nicht relevant sei. Als weiteres Beispiel für eine nicht vom Verfassungsrecht umfassten Angelegenheit in der Regierungsvorlage führte er die Genehmigung der Dienstpostenvergabe im Rahmen der Selbstverwaltung der Sozialversicherungen an.

SPÖ, Liste Pilz und NEOS hinterfragen kritisch das Reformpaket

Über die vorgeschlagene Reform wurden in der Debatte von den Abgeordneten zahlreiche Streitpunkte thematisiert.

Ausschussvorsitzender Josef Muchitsch (SPÖ) sieht durch den Entwurf zur Kassenreform den ArbeitnehmerInnen die Macht entzogen und diese an die Arbeitgeber wandern. Zudem finde etwa keine Leistungsharmonisierung statt, so Muchitsch, der hinterfragte, wem die angebliche Patientenmilliarde tatsächlich nütze. Kritische Fragen warf auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber seitens der Liste Pilz auf, unter anderem hinsichtlich Selbstverwaltung der Kassen, paritätischer Besetzung, im Hinblick auf Fusionskosten, nicht nachvollziehbaren Einsparungen und verfassungsrechtlichen Bedenken. Was mit der Reform nicht stattfinde, sei „Unebenheiten“, nämlich unterschiedliche Situationen für Versicherte im System zu glätten, merkte etwa Gerald Loacker (NEOS) kritisch an.

ÖVP und FPÖ: Reform schon lange ausständig

Michael Hammer unterstrich seitens der ÖVP, dass seit Jahren versucht werde, das Kassensystem zu verbessern. Das Ziel sei, klarere Strukturen und ein gerechteres System für Versicherte zu finden. Aus Sicht von Hammer sind verfassungsrechtliche Bedenken eindeutig ausgeräumt, eine gute und effiziente Umsetzung liege nun am Integrationsmanagement und dürfe nicht durch etwaige Strukturerhaltungsversuche blockiert werden. Peter Wurm (FPÖ) schloss sich dem an. Es handle sich um eine lange überfällige Reform, er warne davor, dagegen Stimmung zu machen. Die Bevölkerung erwarte sich eine Gesundheitsversorgung, die für alle funktioniert und nicht eine Zwei- oder Dreiklassenmedizin.

Expertenrunde geteilt in Lob und Kritik

Keinesfalls eine Tendenz nach unten in der Leistungsharmonisierung ortet der WKO-Experte Gleitsmann auf Nachfrage von Daniela Holzinger-Vogtenhuber, das sei auch politisch schwer vorstellbar. In Richtung Gerald Loacker bekräftigte er, dass das nur an der Spitze vorgesehene Rotationsprinzip sich auch sonst nicht als problematisch herausgestellt habe. Auf die Frage von Gerhard Kaniak (FPÖ), ob Einwände der Bundesländer berechtigt seien, hob Gleitsmann hervor, dass von einem Zusammenwirken auch mit den Ländern auszugehen sei. Etwa der von Maria Smodics-Neumann (ÖVP) angesprochene „richtige Zeitpunkt“ für eine solche Reform sei jetzt gegeben, würden Studien bestätigen. Außerdem würden damit Verwaltungskosten gesenkt, Synergien und Effizienzpotentiale genutzt, so der Experte der WKO.

Die Fusionskosten würden jedenfalls deutlich unter dem Jahreseinsparungspotential liegen, unterstrich der Wirtschaftsrechtsprofessor Hoffmann. Hinsichtlich Spannungsfeld zwischen Parität und Ausgleich positioniere sich der Entwurf in der Mitte, so Hoffmann Richtung Loacker, das sei ein Schritt in die richtige Richtung. Der Zielsteuerungsmechanismus sei zwar eine wichtige Maßnahme, alleine aber nicht ausreichend, wiederholte der Experte seine deutliche Empfehlung für ein professionelles Fusionsmanagement etwa auch gegenüber entsprechenden Bedenken von Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Wenn auch nicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen halte er aus Gründen der Symmetrie das Rotationsprinzip an der Spitze für durchaus legitim, sagte der Experte unter anderem in Richtung Alois Stöger (SPÖ). Warum ein Rest von Betriebskrankenkassen übrig bleibe, erschließe sich ihm mangels Kenntnisse der Details nicht. Aus seiner Sicht brauche aber niemand eine Schlechterstellung zu befürchten. Vor einer konkreten Integrationsplanung die Fusionskosten zu kolportieren, halte er allerdings für gefährlich, so Hoffmann auf die Frage von Gerhard Kaniak, wie er diese einschätze. Ob man zwischen solidarisch und privatwirtschaftlich organisierten Strukturen eine Konkurrenz oder aber eine Symbiose sehe, sei eine Grundsatzfrage, wobei er sich letzterem anschließe, wenn faire Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Verfassungs- und Verwaltungsjurist Bernhard Raschauer wiederholte auf Rückfragen der Abgeordneten zu den Mehrheitsverhältnissen im Dachverband, dass er die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teile. Für eine spannende Frage von Loacker hält der Experte etwa das Thema einheitliche Kasse für alle, würde aber nicht bei den Pensionen beginnen. Außerdem sei die Zeit reif für eine Harmonisierung, nämlich auch der Grundbegriffe und gesetzlichen Definitionen. Erst wenn diese erreicht sei, könne man sich aber mit einer gänzlichen Vereinheitlichung – aus seiner Sicht etwa in Form eines Bundesamts – auseinandersetzen.

Hauptverband-Generaldirektor Probst schätzt die in der Debatte von den Abgeordneten angesprochenen Fusionskosten auf ein Mehrfaches des bisher veranschlagten Betrages und warf die Frage auf, ob von den – ihm zufolge schon „morgen“ – geplanten Einsparungen dann noch etwas übrigbleibe. Außerdem sei hier auch die Zeitachse zu berücksichtigen. Er befürchtet Einschränkungen im Leistungsbereich und darüber hinaus Selbstbehalte. Insgesamt habe er kein positives Signal für Versicherte. Außerdem bleiben nicht fünf, sondern 15 Kassen am Schluss übrig, kritisierte Probst weiter und bezweifelte etwa im IT-Bereich die Einsparungsmöglichkeit der kolportierten 30% an Personal.

Gesundheitsökonomin Hofmarcher-Holzhacker sprach sich grundsätzlich für einen Ausbau der ambulanten Versorgung aus. Auch durch die wachsende Zahl von chronisch kranken Menschen steige der Bedarf an Gesundheitspersonal, sieht Hofmarcher-Holzhacker die Herausforderung, alle Bemühungen in Versorgung, Gesundheit und Pflege im österreichischen Gesundheitssystem gut abzustimmen. Aus ihrer Sicht stellt sich die Frage, wie die Reform geeignet ist, die Strukturen am besten zu verschränken – im Sinne der Verbesserungsmöglichkeiten und Potentiale für die Versorgung. Die Abkopplung der Betriebskrankenkassen mutet aus ihrer Sicht eigenartig an, zumal hier noch unklar sei, wie sehr das in Richtung Privatmedizin gehe. Grundsätzlich sprach sich die Expertin für eine starke Sozialversicherung aus, die sicherstellt, dass die Menschen mitgestalten können, die die Beiträge verwalten. Einsparung sei sinnvoll, im Gesundheitswesen sei es aber jedenfalls besser, klug zu investieren als sinnlos einzusparen.

Politikwissenschafter Leisch hält das Rotationsprinzip, wie es in der Reform angedacht ist, für einen „großen Systemfehler“, es brauche hier Kontinuität in der Führung. Er befürchtet außerdem eine Leistungsharmonisierung nach unten. Der „Umbau“ nütze der Wirtschaftsseite, kritisiert Leisch weiters, außerdem soll aus der AUVA 2020 eine – für ihn daher eindeutig gewinnorientierte – GmbH entstehen. Der Wissenschafter teilt auch die Bedenken der Bundesländer und richtete insgesamt seinen Appell an die Abgeordneten, die „Privatisierungsroute“ zu „schließen“.

Aus einem Aufsichtsrecht werde mit dieser Reform – samt letztlich einer Vertagungsmöglichkeit seitens der Ministerien – ein Durchgriffsrecht, verstärkte auch der ehemalige Verfassungsrichter Müller in der weiteren Debatte seine Kritik hinsichtlich Verfassungsmäßigkeit der Reform. Auch Gesundheitsökonom Pichlbauer untermauerte seine Befürchtungen, das System werde „so schlecht bleiben, wie es ist“. Er trete für ein steuerfinanziertes Gesundheitssystem ein, insgesamt wären aus Sicht von Pichlbauer umfassendere Reformschritte für das österreichische Gesundheitssystem nötig. (Fortsetzung Sozialausschuss) rei/mbu  

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