Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 12. März 2018; Leitartikel von Florian Madl: „Der Fußball hinkt der Zeit hinterher“

Innsbruck (OTS) - Viererkette und Pressing auf dem Rasen, PR-Profis im VIP-Klub, aber archaische Verhältnisse in der Fan-Arbeit. Weder Verbände noch Vereinsführungen finden in einer zunehmend erhitzten Atmosphäre die richtige Strategie.

Politisch war Fußball schon immer. Das „Wunder von Bern“ (1954) impfte traumatisierten Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg neues Selbstvertrauen ein, der Konflikt zwischen Honduras und El Salvador (1969) ging nach Ausschreitungen im Vorfeld als „Fußballkrieg“ in die Geschichte ein, die WM in Argentinien (1978) wurde von der Militär-Junta instrumentalisiert. Doch Fußball spiegelte stets auch soziale Spannungsfelder wider – selten so gehäuft wie dieser Tage. Denn Vereine stellen in einem im Umbruch befindlichen Europa ein Stück weit Identität und Heimat dar, eine Orientierung in Form von Historie und Klubfarben. Ein reales Rückzugsgebiet in Zeiten sozialer Netzwerke und virtueller Realität. Es verwundert also nicht, dass ein Infragestellen der Tradition durch zunehmend kommerziellen Fußball das Zuhause in einem neuen Licht erscheinen lässt.
Fans fällt es bei aller Freude über millionenschwere Neuzgänge zunehmend schwer, Treue zu ihrem Verein erkennen zu können. Den jüngsten Abschied von Paris SG aus der Champions League deuten selbst Experten wie Oliver Kahn als Niederlage fußballfremder Investoren. Im Gegenzug missfällt ein Red-Bull-Erfolg im traditionsgeladenen Dortmund jenen, die hinter dem Mateschitz-Imperium eine Mogelpackung vermuten. Und scheinbar verstehen es auf Zahlen und PR-Strategien geeichte Klubführungen nicht, sich mit dem Demokratieverständnis ihrer Mitglieder zu arrangieren. Die Kultur dieses Dialogs schwankt, bisweilen entgleist sie. Hannover-Fans laufen gegen eine Entscheidungshoheit ihres Präsidenten Sturm, in Lille, Hamburg und London attackierten am Wochenende Anhänger die eigene Mannschaft verbal oder tätlich. Wie kaum anderswo tritt beim Gebrauch von Pyrotechnik im Stadion das Unvermögen der zuständigen Verbände zutage, das Geschehen auf der Tribüne in regulierte Bahnen zu lenken. Fan-Kultur trifft auf behördliche Einschränkung, das funktioniert nicht überall. Gesetzliche Vorkehrungen sind europaweit ohnedies unterschiedlich, Russland muss sich wenige Monate vor der WM mit der Hooligan-Thematik auseinandersetzen. Und Strategien sind bisweilen nicht einmal dann in Sicht, wenn Anhänger offen drohen, homophobe oder rassistische Äußerungen von sich geben. Für ihn sei der Dialog gescheitert, merkte Georg Pangl, Generalsekretär der Vereinigung der europäischen Profi-Ligen, zum Dauerthema Rapid an. Doch Kommunikation bleibt alternativlos. Und für harte gesetzliche Regelungen gilt das genauso.

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