Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 12. November 2018; Leitartikel von Carmen Baumgartner-Pötz: „An ihren Taten sollt ihr sie messen“

Innsbruck (OTS) Absichtserklärungen stehen am Anfang jedes Reformprozesses. Ohne Umsetzung durch mutige Entscheider bleiben aber auch die hehrsten Vorhaben nur Fälle für den kirchlichen oder weltlichen Ideenfriedhof.

Trau dich, bitte! So könnte man das aktuelle Anliegen von Christoph Leitl, Präsident der Europäischen Wirtschaftskammern (Eurochambres) und laut Eigendefinition „einfacher Katholik“, an seinen Diözesanbischof Manfred Scheuer übersetzen. In einem Brief fordert Leitl von Scheuer nichts weniger, als eine Frau zur Diakonin zu weihen und damit einen symbolischen Beginn für ein neues Zeitalter zu setzen. Denn immer noch ist das niedrigste Weiheamt der katholischen Kirche nur Männern zugänglich, obwohl schon lange über das Frauendiakonat diskutiert wird und Papst Franziskus selbst seit über zwei Jahren entsprechende Hoffnungen nährt, weil er eine zuständige Kommission eingesetzt hat. Bedarf es eines Tabubruchs, nämlich der Hinwegsetzung über geltendes Kirchenrecht, dass endlich umgesetzt wird, was sich viele reformorientierte Katholiken schon lange erhoffen? Muss man manchmal einfach Mut zeigen und schauen, (ob) was passiert?
Ankündigungspolitik, egal, ob im Vatikan oder anderswo, läuft nach einem immer gleichen Schema ab. „Wir nehmen dieses Thema sehr ernst“, heißt es da gerne, „und setzen auf Dialog/breite Diskussion/die Einbindung von Experten und Betroffenen“, damit irgendwann einmal „mögliche Wege und konkrete Maßnahmen“ beschlossen werden können. Da gibt es Gipfel, es tagen Kommissionen, Arbeitsgruppen – und in vielen Fällen passiert dann einfach nichts mehr. Das macht, in kirchlichen wie auch weltlichen Belangen, wütend oder ohnmächtig.
Zum Glück gibt es immer wieder Menschen, die Mut haben, sich etwas zu trauen, auch wenn damit persönliche Risiken verbunden sind. Am morgigen Dienstag etwa kommen im Bundeskanzleramt Regierungsspitze, Fachminister, Experten und Betroffene zusammen, um bei einem „Gipfel für Verantwortung im Netz und Gewaltprävention“ über mögliche Gesetzesänderungen zu diskutieren. Dazu hat auch der Fall Sigi Maurer beigetragen. Die ehemalige grüne Nationalratsabgeordnete hat sich getraut, via Messenger erhaltene Belästigungen öffentlich zu machen und damit auf eine unerträgliche Gesetzeslücke hinzuweisen – in Kauf nehmend, dass sie ein Gericht (wie in erster Instanz passiert) dafür verurteilt. Sie hat etwas ins Rollen gebracht.
Außer Zweifel steht: Gesetze lassen sich ändern, daran darf man auch anlässlich von erst 100 Jahren Frauenwahlrecht erinnern. Es braucht dazu aber den entsprechenden Willen der Verantwortlichen. Und natürlich Mut.

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