Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 17. Mai 2017; Leitartikel von Serdar Sahin: „Schlussakt eines absurden Theaters“

Innsbruck (OTS) - Die Regierungsarbeit ist beendet. Jetzt beginnt das freie Spiel der Kräfte. Ein Blick in die jüngere Vergangenheit sollte alle Parteien alarmieren. Nicht dass wieder sündteure Programme über Nacht beschlossen werden.

Weder Rot noch Schwarz wollten das Gesicht verlieren – genau das ist aber passiert. Sebastian Kurz will nicht Vizekanzler sein und schlägt ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter vor. Die SPÖ wehrt sich zunächst, nimmt das aber hin. Und kündigt damit gleichzeitig die Regierungsarbeit auf – um im Parlament künftig Mehrheiten zu suchen. Das absurde Theater, welches seit Wochen aufgeführt worden ist, erreicht nun seinen finalen Akt mit dem Titel: „Wahlkampf ist, wo Arbeitsprogramm draufsteht.“
Noch im Jänner haben SPÖ und ÖVP ihr beidseitig gelobtes und runderneuertes Regierungsprogramm beschlossen. Alle haben es unterschrieben. Nun sind die Zusagen das Papier nicht mehr wert. Es herrscht Chaos – obwohl Kanzler Christian Kern und Kurz keine Gelegenheit auslassen, davor zu warnen. Geordnet arbeiten bis zum Wahltag! So lautet die Losung. Mal sehen ...
Was heißt das „freie Spiel der Kräfte“ überhaupt? Die Regierung hat quasi abgedankt und das Parlament ins Zentrum ihres Handelns gesetzt. Die Liste der Begehrlichkeiten und Vorhaben ist lang, aber möglich ist, dass sich mit Stimmen der Opposition heikle Themen wie die Abschaffung der kalten Progression oder die Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose doch noch ausgehen. Das „Spiel“ birgt alle Gefahren.
Freiheitliche, Grüne, NEOS oder Team Stronach werden sich ihre Zusagen teuer abkaufen lassen. Kern oder auch Brandstetter und Kurz müssen für ihre Vorhaben über alle Parteigrenzen hinweg Überzeugungsarbeit leisten. Das ist aufwändig, das kann teuer werden. Das weckt Erinnerungen an den parlamentarischen Basar des Jahres 2008. Nach Wilhelm Molterers „Es reicht!“ wurden beim letztmaligen „freien Spiel der Kräfte“ sündteure Programme beschlossen. In der Nacht auf den 25. September winkte die rot-schwarze Regierung Projekte im Umfang von drei Milliarden Euro durch. Zwar wurden nach der anschließenden Wahl wieder 500 Millionen Euro revidiert – der massive Schaden war aber angerichtet. „Es war die teure Nacht des Populismus“, sagte Molterer bereits am Tag danach. Die Erkenntnis kam zu spät. Vor einer Wiederholung müssen sich alle Parteien hüten. Abgesehen davon stellt sich die Frage, wie dieses Theater in der Bevölkerung ankommt. „Man spielt nicht mit Österreich“, heißt es. Daran sollen sich die Wähler auch in fünf Monaten noch erinnern.

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