Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 25. Jänner 2019; Leitartikel von Karin Leitner: „Inakzeptable Grenzüberschreitung“

Innsbruck (OTS) Wofür Herbert Kickl steht, war bekannt. Dass sich der Freiheitliche in der hohen Polit-Funktion nicht wandelt, war abzusehen – auch von jenen, die ihn in das Ministeramt gebracht haben.

Herbert Kickl ist Wiederholungstäter. Bereits 2015 wollte er – als oppositionelle­r FPÖ-Generalsekretär –, dass die Europäische Menschenrechtskonvention „erneuert“ oder durch eine „Österreichische MRK“ ersetzt wird – weil sie ob der dort fixierten Rechte „Einfallstor für die illegale Masseneinwanderung“ sei. Der damalige ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter reagierte scharf. „Wer die Änderung der Menschenrechtskonvention oder gar deren Beseitigung fordert, der bewegt sich in Österreich außerhalb des Verfassungsbogens.“
Brandstetter ist mittlerweile Höchstrichter, Kickl Innenminister in einer Koalition von ÖVP und FPÖ. Als solcher dozierte er dieser Tage mit Blick auf rechtliche Hürden bei Abschiebungen, dass das Recht der Politik zu folgen habe, nicht die Politik dem Recht.
Die Empörung vom Bundespräsidenten abwärts ist zu Recht groß. Dass ein auf die Verfassung vereidigtes Regierungsmitglied an einer Säule der liberalen Demokratie rüttelt, ist inakzeptabel. Kickl hat eine Grenze überschritten.
Überrascht sollte freilich niemand sein, dass er so etwas tut. Er hat nie verhehlt, wes Geistes Kind er und die Seinen sind; und im Nationalratswahlpapier 2017 war das MRK-Begehren festgeschrieben. Eine Metamorphose in der staatstragenden Funktion war von Kickl nicht zu erwarten. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hat ihn als Minister auserkoren, Kanzler Sebastian Kurz hat ihn gutgeheißen, Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat ihn angelobt. Schon kurz danach sorgte Kickl mit dem „Flüchtlinge konzentrieren“-Sager für Aufsehen – auch international.
Dass Kurz dem Staatsoberhaupt nicht vorschlagen wird, Kickl des Amtes zu entheben, war abzusehen. Es wäre das Eingeständnis verfehlter Regierungspersonalpolitik. Dass er sich zu derlei Äußerungen des Freiheitlichen nicht verschweigen kann, war dem Kanzler bewusst. Mit ihm geredet habe er. Es sei klar, „dass die Verfassung, die Grundprinzipien der Europäischen Union sowie die Grund- und Menschenrechte Gültigkeit haben – und dass diese im Regierungsprogramm verankert sind“. Dass ein Regierungs­chef einem Minister sagen muss, was im Regierungsprogramm steht, ist schlimm. Dass ein Regierungschef einem Minister sagen muss, was jedem Schüler im Unterricht vermittelt wird und Konsens in der Zweiten Republik ist – dass es Grund- und Menschenrechte gibt, an die man sich zu halten hat –, ist erschütternd.

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