Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 26. Jänner 2019; Leitartikel von Florian Madl: „Tradition allein füllt keine Betten“

Innsbruck (OTS) - Ein Ticket-Wirbel, den niemand verschuldet hat. Ein Rennen, dass trotz Rochaden zustande kam. Und eine Zuschauerkulisse, die dem Hahnenkamm gerecht wurde. Wenn, dann müssen die Kitzbüheler nur im Sommer umdenken.

Selbst kritische Streif-Beobachter suchten gestern vergebens nach dem Haar in der Suppe. Dass sich jene Ticketbesitzer mokierten, die heute gerne die Hahnenkammabfahrt gesehen hätten – Beschwerden bitte an den Wettergott richten, nicht an den Kitzbüheler Skiclub –, ist unangebracht. Denn dieser will alle drei Rennen ins Tal bringen und trotz Versicherungsdeckung tunlichst auf einen Ausfall verzichten. Wer künftig also keine Absagen erleben will, muss auf einen Weltcup in der Skihalle hoffen. Oder der Betroffene versucht selbst, bei Sturm, Warmwettereinbruch und Neuschnee mit 130 km/h vom Berg zu rasen. Zumeist handelt es sich bei den Dauernörglern der Online-Community ohnehin um jene Leute, die Veranstaltern nach Stürzen bei schlechten Witterungsverhältnissen eine Klagsflut an den Hals wünschen. Warum also der Wirbel? Das beantworteten Pizzera & Jaus gestern im Zielstadion über die Lautsprecherboxen: „Suach net an Sinn, es wird kan geben.“
Die Zuschauerkulisse ließ trotz des ungewohnten Renntags keine Wünsche offen. Und wer großzügig über jene Fans hinwegblickte, deren Alkoholpegel sich parallel zum Adrenalinspiegel der Abfahrer entwickelte, erlebte echte Ski-Begeisterung. Der Cocktail aus Mythos, Begeisterung, Partys (und wohl auch Cocktails) schmeckt. Tradition füllt keine Betten, aber Kontinuität und ein bewährtes Konzept. Das gilt für die Innenstadt, die den Fans eine Anlaufstelle bot, während VIP-Shuttles ihre Insassen zu Exklusiv-Partys kutschierten, deren Besuch ohne dreistellige Euro-Beträge oder eine persönliche Einladung keinen Sinn macht. Kitzbühel profitiert von dieser gelebten Zwei-Klassen-Gesellschaft, an der sich keiner stößt, von der Koexistenz der Promis und der Zugreisenden.
Der Hahnenkamm-Geist ist ein lebendiger, aber atmen hört man ihn vornehmlich im Winter. Noch fehlt ein wenig die Strategie der Verantwortlichen, diesen auch im Sommer erlebbar zu machen. Es muss ja keine Streif-Erlebniswelt sein, ein Hologramm mit Hahnenkammsiegern oder ein Museum. Aber ein wenig mehr als ein hölzernes Starthäuschen mit historischen Aufnahmen und ein paar Schildern auf dem Weg nach unten könnte es schon sein, um diese Rennen in die warme Jahreszeit zu transferieren.
Wenn sich also ein Haar in der Suppe finden lässt, dann am ehesten in der schneelosen Zeit. Dann, wenn die eifrigsten Kitz-Fans bereits Tickets für den Winter buchen und VIP-Plätze längst ausverkauft sind.

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