Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 29. Juni 2018; Leitartikel von Michael Sprenger: „Der Machtkampf“

Innsbruck (OTS) Die Gewerkschaft kann von ihrem Selbstverständnis gar nicht anders, als beim geplanten Arbeitszeitgesetz auf die Barrikaden zu gehen. Die Regierung wählte den Konflikt, um den ÖGB-Einfluss zu brechen. Ein Plan mit Folgen.

Die Bundesregierung hätte sich den Pallawatsch ersparen können. Dann nämlich, wenn sie die Arbeitnehmerverbände zu einem Dialog eingeladen, das Gesetz zur Änderung der Arbeitszeit dem normalen parlamentarischen Prozess unterzogen hätte.
Doch Schwarz und Blau entschieden sich für einen Initiativantrag – ohne Begutachtung. Zudem wurde das geplante Gesetz handwerklich schlecht aufgesetzt. Sodass gestern die Klubschefs von ÖVP und FPÖ ihr eigenes Gesetz noch rasch abändern mussten. Die neue Freiwilligkeit zum 12-Stunden-Tag und zur 60-Stunden-Woche, die für eine Glückseligkeit in der neuen Arbeitswelt sorgen soll, wird nun in eine „Freiwilligkeitsgarantie“ verwandelt. Was die Situation für die Arbeitnehmer um keinen Deut verbessern wird.
Dies alles hätte sich die Regierung also ersparen können. Doch sie wählte bewusst den Weg der Konfrontation – und forderte so die Gewerkschaft heraus. Dahinter steht ein Plan. ÖVP und FPÖ präsentierten ihr neues Arbeitszeitgesetz just an dem Tag, als der ÖGB seinen neuen Präsidenten wählte. Wolfgang Katzian wurde gerade dazu gezwungen, sofort Muskeln zu zeigen. Morgen kommt es zu Großdemonstration. Doch davon wird sich die Regierung kaum beeindrucken lassen. Schon am Donnerstag will sie das Gesetz im Nationalrat beschließen.
Also muss die Gewerkschaft fürderhin zu schärferen Kampfmitteln greifen. Und das heißt Arbeitskampf. Doch Österreich ist aufgrund seiner sozialpartnerschaftlichen Prägung kein Streikland. Dass es auch jetzt keines werden wird, damit rechnet die Regierung. Wenn ÖVP und FPÖ mit ihrer Einschätzung Recht behalten, dann hätten sie die Gewerkschaft in eine Ecke getrieben, aus der sie nur mehr beschädigt herausfinden kann. Das schwarz-blaue Kalkül könnte zusammengefasst so lauten: Wir stellen der Gewerkschaft eine Falle. Sie kann gar nicht anders, als den Machtkampf zu suchen, den sie letzten Endes verlieren wird. Damit wäre der Einfluss des ÖGB gebrochen, die schwarz-blaue Hegemonie abgesichert.
Aus der Sicht der Regierung ein genialer Schachzug. Doch die Gefahr für Schwarz-Blau lauert anderswo. Einerseits gärt es längst im Arbeitnehmerflügel der ÖVP. Zudem kommt Kritik von der Kirche, in der Zivilgesellschaft formiert sich Widerstand. Wenn es nun der Gewerkschaft gelingt, ein Teil dieser Bewegung zu werden, hätte sie plötzlich gute Chancen, den Machtkampf zu gewinnen.

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