Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 4. Mai 2018; Leitartikel von Florian Madl: „Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“

Innsbruck (OTS) - Der Straßenradsport scheint wieder dort angekommen, wo er Ende des vergangenen Jahrtausends schon einmal war. Aus der Doping-Sackgasse gibt es offensichtlich kein Entkommen, das Regulativ der Verantwortlichen bleibt ein zahnloses.

Die Beweisführung im Sport ist eine Sache für sich. Selbst Videos, mit deren Hilfe im Fußball mittlerweile nachträglich Strafstöße oder Ausschlüsse argumentiert werden, gelten nicht mehr als eindeutig. Wie also soll ein Sportler des Dopingmissbrauchs überführt werden, wo doch die medizinische Notwendigkeit ein verbotenes Präparat legitimiert? Im Fall des Straßenradsportlers Chris Froome, der ab heute dem Giro d’Italia besondere Aufmerksamkeit beschert, ist es so:
Da lamentiert der vierfache Tour-de-France-Gewinner, dass eine Asthmaerkrankung die Überdosis eines zuerkannten Medikaments erklären würde. Und weder die Weltantidopingagentur noch der Radsportweltverband können die erwünschte Suspendierung durchsetzen. Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund.
Der einzige Nutznießer ist im besonderen Fall Israel, das für kolportierte 28 Millionen Euro die ersten drei Etappen der Italien-Rundfahrt 2018 austragen darf. In internationalen Medien nimmt die Nahost-Thematik eine vergleichsweis­e untergeordnete Rolle ein, die in 197 Ländern ausgestrahlte Tourismuswerbung muss also kaum Störfeuer durch Themen wie Siedlungspolitik und Gaza-Streifen befürchten. Dazu passt, dass Chris Froome Berichten zufolge von Israel 1,4 Millionen Euro Startgeld erhalten haben soll – unerwünscht sieht anders aus.
Der Straßenradsport erinnert einmal mehr an seine dunklen Zeiten, als täglich Polizeimeldungen von Doping-Razzien die Runde machten. Nachrichten von überführten Sportlern, die ihre Präparate in den Caravans der Familienangehörigen mit auf (die) Tour nahmen und sich eben dort getunt haben sollen. Jene, die damals am lautesten Sauberkeit forderten, traten später als Gutmenschen oder Radsport-Experten auf. Sie zeigten sich geläutert und erwähnten gerne, dass auch im so finanzstarken Fußball nicht alles mit rechten Dingen zugehe.
Chris Froome hat wie sein britischer Vorgänger Bradley Wiggins seinem Sport zu zweifelhafter Aufmerksamkeit verholfen. Dem Letztgenannten, ebenfalls Asthmatiker, wurde der Titel „Sir“ wohl nicht zu Recht zuerkannt. Aber selbst ein Untersuchungsausschuss des britischen Sportministeriums biss sich am Volkshelden die Zähne aus. So schön er ist, der Radsport, er hat seine Schattenseiten. Und es steht nicht zweifelsfrei fest, ob die Verbandsverantwortlichen mit ihren Regeln oder mittlerweile die Sportler selbst die Zügel in Händen halten.

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