Tiroler Tageszeitung: Leitartikel, Ausgabe vom 10. Dezember 2020 von Marco Witting: „Ein Kartenhaus“.

Innsbruck (OTS) Innsbrucks Stadtregierung gibt einmal mehr ein unwürdiges Bild ab. Statt zusammenzuarbeiten, geht das politische Hickhack munter weiter. Eine Neuwahl kann in dieser Krise niemand wollen. Und doch nimmt man sie in Kauf.

Die Netflix-Serie „House of Cards“, eine fiktive Geschichte von Intrigen, Ränkespielen und Postenschacher in der Politik, könnte in Innsbruck glatt eine neue Staffel produzieren. Einmal mehr wackelt die Viererkoalition wie ein Kartenhaus. Einmal mehr befetzt man sich auf offener Bühne. Einmal mehr soll heute mit Uschi Schwarzl (Grüne) eine Vizebürgermeisterin mit Stimmen aus der Koalition aus dem Amt gekickt werden – zum Gaudium der Opposition.
Mitten in der Corona-Krise stechen sich Grüne, FI, ÖVP und SPÖ wieder gegenseitig aus. Neuester Trumpf ist die Verordnung einer Testphase für die (inzwischen längst fixierte) Begegnungszone. Eine Kleinigkeit angesichts der enormen, durch Corona noch verschärften Probleme in der Stadt. Doch der (Rechts-)Streit über die Verordnung steht nur stellvertretend für die Dauerprobleme der Stadtregierung. Hier herrscht ein Konglomerat aus Altlas­ten, neuen Fehlern, dauerhaft schlechter Kommunikation und der Unfähigkeit von BM Georg Willi, alle vier Parteien halbwegs auf eine Linie zu bringen.
Willi trägt seinen Teil zur Krise bei. Den drei anderen Partnern gestern die Tür vor der Nase zuzumachen, ist schlechter Stil und brachte das Fass wohl endgültig zum Überlaufen. Der Bürgermeister muss sich auch an seinen eigenen Maßstäben messen lassen: Vor einem Jahr warf er (und die Grünen) die damalige Vizebürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (FI) aus dem Amt. Wenn das damals kein Koalitionsbruch war, warum sollte es dieses Mal einer sein? Und Uschi Schwarzl ist in vielen Verkehrsthemen oft vorgeprescht und hat erst dann den Kontakt zu den Partnern gesucht. Das kam nie gut an.
Dass sich die anderen Parteien heute wohl einem Antrag von Gerald Depaoli anschließen, der mit einer untergriffigen, haltlosen und abscheulichen Kampagne seit Monaten gegen Schwarzl schießt, hat einen üblen Nachgeschmack. Es wirkt zudem so, als hätte man nur nach einem Grund gesucht, endlich gegen Schwarzl mobilmachen zu können. Da ist auch das eine oder andere Revanchefoul dabei.
Niemand kann in dieser Phase eine Neuwahl wollen. Gerade deshalb ist es ein Spiel mit dem Feuer, das alle vier Parteien in dieser Koalition hier betreiben. Innsbruck hat große Probleme zu lösen. Sollte es letztlich aber doch so weit kommen, dass der Wähler die Karten neu mischen muss, sollte jedem klar sein, dass am Ende wieder dieselben Spieler am Tisch sitzen könnten.

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