Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 10. Jänner 2018. Von Floo Weißmann. „Kims neue Freundlichkeit“.

Innsbruck (OTS) - Die Gespräche zwischen Nord- und Südkorea sorgen vielleicht für eine Verschnaufpause im gefährlichsten Konflikt der Gegenwart. Aber sie können das Grundproblem nicht lösen.

Nach zwei Jahren Funkstille reden Nord- und Südkorea also wieder direkt miteinander. Und man hat sich auch schon auf erste Gesten guten Willens geeinigt: Nordkorea nimmt an den Olympischen Spielen in Südkorea teil, und man will demnächst über den Abbau der militärischen Spannungen sprechen.
Der Rest der Welt darf vorerst aufatmen. Zumindest für den Zeitraum der Winterspiele soll offenbar so etwas wie olympischer Friede einkehren. Die neue Freundlichkeit nährt zugleich die Hoffnung, dass der derzeit gefährlichste Konflikt vielleicht durch Dialog entschärft werden kann.
Aber diejenigen, die jetzt wieder miteinander reden, sind nicht die Hauptkontrahenten. Es waren Nordkoreas Diktator Kim Jong-un und der neue US-Präsident Donald Trump, die einander im Vorjahr mit Schmähungen provoziert und mit Atomraketen gedroht haben. Wenn Kim jetzt auf der koreanischen Halbinsel ein Tauwetter inszeniert, dann erhofft er sich davon wohl Vorteile im Konflikt mit den USA. Experten wie der Innsbrucker Politologe Martin Senn meinen, dass der Diktator einen Keil zwischen Südkorea und die Vereinigten Staaten treiben und das internationale Sanktionsregime schwächen will. Zugleich gewinnt er mehr Zeit für die Weiterentwicklung seiner Atomwaffen.
Welche Strategie die amerikanische Regierung verfolgt, bleibt unklar. Bisher stellt sie Kims überraschende Dialogbereitschaft als Erfolg ihrer Bemühungen dar, Nordkorea politisch und wirtschaftlich zu isolieren. Doch auch in Washington dürfte klar sein, dass Nord- und Südkorea alleine das Grundproblem nicht lösen können.
Nordkoreas Regime betrachtet Atomwaffen als seine Überlebensversicherung. Es wird das Nuklearprogramm keinesfalls aufgeben, zumal dieses schon kurz vor dem Ziel zu stehen scheint. Die US-Regierung hingegen beharrt darauf, dass sie eine nukleare Bedrohung aus Nordkorea keinesfalls hinnehmen werde. Dieser Gegensatz kann nach dem olympischen Frieden rasch wieder die Schlagzeilen bestimmen.
Die US-Regierung steht vor zwei Optionen, die sie beide nicht will:
Riskiert sie eine militärische Intervention mit kaum kalkulierbaren Folgen? Oder akzeptiert sie zumindest stillschweigend, dass Nordkorea zur Atommacht aufsteigt – im besten Fall begleitet vielleicht durch Vereinbarungen, die die Gefahr eines atomaren Zwischenfalls eindämmen sollen? Sollte Trump offen sein für die zweite Variante, dann kann der neue Dialog zwischen Nord- und Südkorea möglicherweise einen indirekten Gesprächskanal für die USA eröffnen

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