Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 12. Juni 2017. Von MANFRED MITTERWACHAUER. „Eine demokratisch legitimierte Farce“.

Innsbruck (OTS) - Die Abstimmung über die Verlegung der Bergstation der neuen Patscherkofelbahn fiel gestern erwartungsgemäß beim Volk durch. Noch nie wurde in der Innsbrucker Stadtgeschichte die direkte Demokratie dermaßen ad absurdum geführt.

Das Ergebnis der gestrigen Volksabstimmung in Innsbruck überrascht nicht. Die vom Alpenverein (AV) bekämpfte Bergstation der neuen Patscherkofelbahn muss nicht vom AV-Schutzhaus abgerückt werden. Dass nur 5,3 Prozent der Wähler in die Wahllokale fanden, ist aber nicht nur auf die in Politikerkreisen gerne kursierende Ansicht zurückzuführen, dass die Innsbrucker bei Prachtwetter ihre Gesinnung lieber mit dem Rucksack in die Berge als in die Wahlzelle tragen. Nein. Vielmehr stand bereits mit dem Tag, als der Alpenverein die 2000 Stimmen zur Einleitung der Abstimmung über sein Bürgerinitiativenbegehren zusammengetragen hatte, das (negative) Ergebnis fest. Weil man nie auch nur den Funken einer Chance hatte, die im Stadtrecht verankerte Hürde (in diesem Fall: 52.289. Stimmen) zu überspringen.
Doch es gibt noch weitere Gründe, wieso diese Abstimmung zwar demokratisch legitimiert, dennoch aber als Farce in die Geschichte der Landeshauptstadt eingehen wird. Man muss sich nur einmal den Sachverhalt näher vor Augen führen. Der Anwalt der betroffenen Sektion, zugleich auch Alpenvereinspräsident, unterstützt und fördert im vollen Wissen der Aussichtslosigkeit eine Abstimmung über die Stationsverlegung, verhandelt aber mit der Stadt zeitgleich um eine finanzielle Lösung. Im „letzten Angebot“ des Alpenvereins kam das Wort Verlegung nicht einmal mehr vor. Dass die Innsbrucker dabei über einen Bau abstimmten, der nicht einmal auf Innsbrucker Gemeindegebiet (sondern auf Patscher) liegt, passt ins Bild.
Auch die Stadtführung hat das Ihre zu dieser Farce beigetragen. Nicht nur, dass die Station bereits voll in Bau ist. Aus politischem Kalkül und Angst vor Bürgerzorn ließ man eine Bürgerinitiative zu, die, streng genommen, nicht zuzulassen gewesen wäre. Weil sie nicht umsetzbar ist. Der Stadt fehlen für eine Verlegung – aus heutiger Sicht – einfach alternative Grundstücke am Kofel. Und auch die dürftige Infopolitik zur Abstimmung mag zwar per Stadtrecht legitimiert sein – faire Startbedingungen im Vergleich zu regulären Wahlen sehen freilich anders aus.
Unterm Strich wurde gestern ein direktdemokratisches Instrument ad absurdum geführt. Die Bevölkerung blieb vielleicht auch deshalb zu 95 Prozent der Wahlurne fern, weil sie roch, in diesem Machtkampf zwischen AV und Stadt missbraucht zu werden. Denn das Ergebnis der Abstimmung ist nicht mehr als eine Randnotiz, weil wertlos. Der Streit ist nach wie vor weder beigelegt noch gelöst.

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