Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 12. November 2020. Von PETER NINDLER. „Politik stolperte in die zweite Welle“.

Innsbruck (OTS) Beim Schutz kritischer Infrastruktur wie Altenheime und Spitäler haben Bund und Länder versagt. Fernunterricht in Pflicht-schulen ist deshalb umstritten, weil er Schwächen in der Kinderbetreuung, im Schulsystem und der Digitalisierung aufdeckt.

Bundesregierung und Länder haben die Menschen im Land mürbegemacht. Häppchenweise inszeniert sich die Politik mit (möglichen) weiteren Corona-Verschärfungen, statt Bevölkerung und Wirtschaft endlich bei ihren Maßnahmen auf Augenhöhe mitzunehmen. Die Wahrheit ist zumutbar, doch sie entlarvt zugleich die jahrelangen Versäumnisse. Deshalb drucksen die Verantwortlichen meist bedeutungsschwanger von Tag zu Tag herum.
So scheitert der wahrscheinlich notwendige Fernunterricht für Pflichtschüler an der politisch und ideologisch seit jeher blockierten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und am starren Schulsystem, Stichwort Ferienordnung. Verschlafene Jahre in der Digitalisierung – von der technischen Ausstattung bis hin zum Online-Unterricht auf Höhe der Zeit – lassen sich ebenfalls nicht binnen acht Monaten Corona-Krise beheben. Pädagogisch und gesellschaftspolitisch stellt sich die Frage gar nicht, ob Universitäten oder (Berufs-)Schulen offen bleiben sollen. Weil die Antwort eindeutig ist: Selbstverständlich. Allerdings bestimmen derzeit Infektionskurven und kritische Auslastung von Spitals- bzw. Intensivkapazitäten zwangsläufig das politische Handeln. Denn das Virus zirkuliert nicht nur mehr in zuordenbaren Clustern, sondern überall.
Gastronomie und Hotellerie wurden bereits geschlossen, Ausgangssperren verhängt und Veranstaltungen untersagt. Ob nachvollziehbar oder unverhältnismäßig: Wer davon ausgeht, zusätzlich zum eigenverantwortlichen Social Distancing mit eingeschränkter Mobilität die Corona-Infektionen nachhaltig einzudämmen, darf nicht auf halber Strecke bremsen. Das wird die zentrale Frage in den nächsten Tagen sein. Ansonsten benötigt es eine andere Strategie. Doch da haben Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sowie die schwarz-rot-blau-grün-pinken Landesregierungen versagt. Nämlich beim Schutz der kritischen Infrastruktur in Alten- und Pflegeheimen sowie in Spitälern. Im Tourismus hieß es testen, tes­ten, testen, für die Wohnheime und Spitäler gab es offenbar kein Konzept. Wissend, dass die Risikogruppen in der Corona-Pandemie die Achillesferse für das Gesundheitssystem sind, stolperte die Politik vor allem in den Altenheimen ohne Teststrategie und Besucherlenkung in ein Infektionsdebakel.
Apropos Risiko: Wie lange die Kirche noch an den vorwiegend von älteren Menschen besuchten Gottesdiensten festhält, ist keine Frage des Glaubens, sondern der Verantwortung. Deshalb drängt sich bereits die kritische Anmerkung „verantwortungslos“ auf.

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