Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 17. Jänner 2019. Von CHRISTIAN JENTSCH. „Band der Briten mit Europa ist gerissen“.

Innsbruck (OTS) Nachdem das britische Parlament Premierministerin May und dem Brexit-Deal eine klare Absage erteilt hat, herrscht Ratlosigkeit im Brexit-Labyrinth. Nur eines ist auch klar: Ein Rückzieher vom Brexit ist keine Option.

Es war nicht nur einfach eine Niederlage. Das britische Unterhaus verpasste der britischen Regierungschefin Theresa May und ihrem mit der EU mühsahmst ausverhandelten Austrittsvertrag am Dienstagabend eine schallende Ohrfeige. Die Abgeordneten ließen den Brexit-Deal überraschend deutlich mit 432 zu 202 Stimmen durchfallen. Und damit nicht nur May und ihre Regierung, sondern auch Europa im Regen stehen.
Wie es weitergehen soll, weiß keiner. Nur eines ist klar: Die Uhr tickt, gemäß Artikel 50 des EU-Vertrages wird Großbritannien am 29. März aus der EU automatisch austreten – außer die Frist wird verlängert oder der Brexit-Antrag wird zurückgezogen, was freilich einem Weltwunder gleichkäme. Und klar ist auch, dass ein ungeregelter Brexit ohne Abkommen in vielen Wirtschafts- und Lebensbereichen auf beiden Seiten chaotische Zustände auslösen wird. Vor allem die britische Exportwirtschaft – aber natürlich auch jene der EU-Länder – würde schweren Schaden nehmen, EU-Bürger in Großbritannien und Briten in der EU müssten um ihre Zukunft bangen, an den Grenzen müsste wieder kontrolliert werden, es könnte zu Versorgungsengpässen kommen. Angesichts der alles andere als erfreulichen Zukunftsaussichten wird nun der Ruf nach einem zweiten Brexit-Referendum laut – oder gar nach einem Exit vom Brexit. Schließlich könnten sich die Briten in einem neuerlichen Referendum diesmal für den Verbleib in der EU aussprechen. Und alles bliebe wie es war.
Eine nette Vorstellung, die aber gänzlich an der Realität vorbeigeht. Denn eines ist klar: Die Befürworter eines Brexit – und davon gibt es in Großbritannien nach wie vor viele, ein Ja zu Europa wäre bei einer neuerlichen Abstimmung alles andere als sicher – würden eine Abkehr vom Ausstieg nicht einfach so hinnehmen. Das ohnehin schon tief gespaltene Großbritannien würde sich einer Zerreißprobe aussetzen. Schließlich stimmten am 23. Juni 2016 rund 52 Prozent der Briten für den Brexit – eine knappe Mehrheit, aber eben eine Mehrheit. Und das Argument, dass die Folgen des Brexit beim Referendum von 2016 noch nicht absehbar waren, greift auch nicht. Dass Demagogen wie der Brexit-Wortführer Nigel Farage es mit der Wahrheit nicht ganz so ernst meinen, war und ist kein Geheimnis.
Statt in Wunschvorstellungen zu schwelgen, sollte man der Realität ins Auge sehen. Das – übrigens nie besonders feste – Band der Briten mit Europa ist gerissen. Und eine Zwangs­ehe macht niemanden glücklich.

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