Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 18. Mai 2019. Von MARIO ZENHÄUSERN. „Rechtsstaatlicher Grenzgang“.

Innsbruck (OTS) ÖVP und FPÖ verschärfen die Asylpolitik:
Asylwerber, die sich in Abschiebehaft befinden, erhalten künftig nur noch „nach Maßgabe vorhandener Kapazitäten“ unentgeltliche Rechtsberatung. Das bietet breiten Raum für Interpretationen.

Der Nationalrat hat mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ beschlossen, die Asylwerber-Betreuung wieder in staatliche Hände zu geben. Damit sollen die Kosteneffizienz erhöht, die Abhängigkeit von externen Leistungserbringern reduziert und die Qualität der Betreuung gesichert werden.
Durch die Verstaatlichung des Asylwesens werden unbequeme, in der Flüchtlingsarbeit tätige Organisationen mit einem Schlag abgelöst. Vor allem aber steht hinter der Qualitätssicherung ein großes Fragezeichen. Was die für die Asylpolitik verantwortlichen Politiker und hier insbesondere die Vertreter der FPÖ unter „qualitativer Asylwerber-Betreuung“ verstehen, ist nicht erst seit den Aktionen des niederösterreichischen Landesrats Gottfried Waldhäusl bekannt. Dessen „Zehn Gebote für Zuwanderer“ sorgten Anfang der Woche für Aufregung. Wenn es nach dem Willen von Herbert Kickl (FPÖ) geht, wird Waldhäusl seinen Katalog ohnedies bald einstampfen können. Der Innenminister will die Zahl jener Menschen, die künftig in Österreich um Asyl ansuchen, nämlich weiter reduzieren: „Mein Ziel ist die Nulllinie!“ Die weitere Verschärfung der Asylpolitik ist für Kickl „das Maß der Dinge und politischer Auftrag“. Das ist umso unverständlicher, als sich die Zahlen ohnedies im Sinkflug befinden. Im ersten Quartal 2019 wurden in Österreich 2881 Asylanträge gestellt. Das sind um fast 30 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2018. Hochgerechnet auf das ganze Jahr ist mit rund 11.500 Anträgen zu rechnen – das ist der niedrigste Wert seit 2010. Rund die Hälfte aller Asylanträge wird übrigens negativ beschieden. Es besteht also kein Grund dafür, dass sich die Regierung durch derartige Maßnahmen angreifbar macht. Es sei denn, sie zielt in erster Linie darauf ab, beim (rechts-)konservativen Teil der Bevölkerung Punkte zu sammeln.
Die nun vom Nationalrat beschlossene Gesetzesnovelle ist ein rechtsstaatlicher Grenzgang. Die Einschränkung des Anspruchs auf juristische Beratung zum Beispiel stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Hilfesuchenden dar. Asylwerber in Abschiebehaft erhalten künftig nur noch „nach Maßgabe vorhandener Kapazitäten“ unentgeltliche Rechtsauskunft. Eine Formulierung, die viel Interpretationsspielraum lässt. Damit könnten lästige, weil öffentlichkeitswirksame Proteste und Einsprüche gegen Abschiebungen im Keim erstickt oder zumindest reduziert werden. Mit Humanität im Umgang mit Notleidenden hat das aber nichts mehr zu tun.

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