Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 20. März 2017. Von REINHARD FELLNER. „Nebeneinander in den Bergen wackelt“.

Innsbruck (OTS) - Nach der tödlichen Kuhattacke im Stubaital rüttelt die Hinterbliebenen-Klage am Gemeinsamen in der Bergwelt. Obsiegen die Kläger, wird eine Koexistenz von Landwirtschaft und Tourismus in der Höh’ künftig schwierig. Für Tirol ein Problem.

Das Bergwandern ist eines der meistbeworbenen Konzepte des österreichischen Sommertourismus. Schließlich versinnbildlicht genau diese Art von Urlaub mit Natur, Bergwelt, Gesundheit und Urigkeit vieles von dem, was Österreich im Ausland ausmacht. Dass wir werbeseitig auch allzu gerne vermitteln, dass der Aufenthalt im alpinen Bereich sicher und unbeschwert ist, treffen uns nicht nur die vielen Todesopfer in den Wintersaisonen in Mark und Bein. Spätestens seit den Kuhattacken der letzten Jahre ist auch die scheinbare Idylle auf unseren Almen und dorthin führenden Wegen ins Gespräch gekommen. Nach dem Todesfall im Pinnistal könnte nun eine Klage der Hinterbliebenen das Nebeneinander in den Bergen öffentlichkeitswirksam in Frage stellen. So sprach das deutsche Massenblatt Bild schon zur Unfallzeit von „Killer-Kühen“. 359.905 Euro fordern Witwer und Sohn vom Landwirt, da er die Weide nicht zum Wanderweg abgezäunt hatte.
Bislang in den österreichischen Alpen absolut nicht ortsüblich – grasen doch auch Mutterkühe mit Kälbern seit jeher frei auf den Weiden und waren die Weidewege einst eigentlich nicht zum Anschauen der Kühe, sondern als Verbindungswege zu den Hütten errichtet worden. Der betroffene Bauer hat zudem 155 Hektar an Weideflächen zu betreuen. Allein für die Einzäunung des Stubaier Pinnisweges müsste zudem ein Weidezaun über 4,8 Kilometer Länge errichtet werden – absolut unzumutbar für die Landwirtschaft.
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung steht derzeit aber wohl auf Seiten des Bauern. So wurde bislang im Jahr 2007 erst einmal ein Bauer vom OGH zu 30.000 Euro Schmerzensgeld nach einer Kuhattacke verdonnert. Er hatte seine Kühe nicht abgezäunt, obwohl er wusste, dass sie auf Wanderer aggressiv reagieren und diese bereits Menschen verletzt hatten. Ansonsten genügt das Anbringen von Warntafeln – insbesondere zur Konstellation von Mutterkühen und Hunden. Ein Gebot zum Einzäunen von Almtieren hatte das Höchstgericht genauso wenig ausgemacht, wie es die Haltung von Tieren durch „eine rechtliche Überspannung für die Landwirtschaft unbillig belasten“ wollte. Dringen die Kläger mit der Klage nun doch nicht durch, muss künftig ein sensiblerer Zugang das Nebeneinander von Landwirtschaft und Tourismus garantieren: mehr Aufklärung durch die Tourismusverbände und dazu Hausverstand sowie Gespür im Umgang mit der Natur und deren vierbeinigen Almbewohnern.

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