Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 23. August 2019. Von Floo Weißmann. „Trumps Inseltraum“.

Innsbruck (OTS) Der Immobilienkönig im Weißen Haus kennt keine strategische oder ideelle Verbundenheit mit Europa. Im Ringen um die Arktis müssen sich die skandinavischen Länder nach neuen Partnern umsehen.

Der amerikanische Präsident hat sich selbst übertroffen. Dass Donald Trump unberechenbar und dünnhäutig auftritt, dass er außenpolitische Gepflogenheiten und Allianzen missachtet, dass er Grobheiten über Twitter austeilt – all das kennt man inzwischen zur Genüge. Aber dass er einen Besuch in Kopenhagen absagt, weil die Dänen ihm Grönland nicht überlassen wollen, das muss selbst für Trump’sche Verhältnisse als bizarr gelten. Jene, die die Politik des 45. US-Präsidenten gern mit Begriffen aus der Psychopathologie deuten, werden sich bestärkt fühlen.
Die Episode, die vielleicht einmal als Trumps verrückteste außenpolitische Idee in die Geschichte eingeht, hat gleich mehrere höchst problematische Aspekte.
Erstens belegt sie, dass Trump auch als Präsident der Supermacht ein Immobilienkönig geblieben ist. Er denkt in Deals, die ihm Gewinn und Prestige bringen. Dass davon Menschen betroffen sind – die sich im Fall der Grönländer sogar selbst verwalten – scheint bei ihm nicht vorzukommen.
Zweitens reiht sich der Vorstoß in eine Reihe von Anmaßungen gegenüber den alten Alliierten in Europa. Man erinnere sich an Drohungen gegenüber Deutschland, an die Begeisterung für den Brexit oder an die Iran-Sanktionen, die europäische Firmen treffen. Spätestens jetzt sollte klar sein, dass Trump keine strategische oder ideelle Verbundenheit mit Europa kennt. Er sieht sein Land in Konkurrenz mit dem Rest der Welt. Ausgenommen sind jene, von denen er glaubt, dass er sie braucht; und jene, die ihn mit Geld und Spektakel verführen – wie das etwa die Saudis vorgeführt haben.
Drittens unterstreicht der Eklat Trumps Fähigkeit, mit immer neuen Aufregungen die Debatte zu dominieren und von anderen Themen abzulenken. Auf der Weltbühne etwa soll die Vorbereitung für den G7-Gipfel straucheln, weil sich Trump einer gemeinsamen Agenda verweigert. Und zuhause in den USA wissen die Kommentatoren nicht, worüber sie sich zuerst aufregen sollen. Über Trumps Absage an mehr Waffenkontrolle, über die Brüskierung eines Verbündeten oder über Trumps nicht minder bizarre Warnung an amerikanische Juden, sie seien illoyal gegenüber Israel, wenn sie die Demokraten wählen?
Im Schatten der Empörung bleibt ein durchaus ernster Hintergrund der Grönland-Affäre: Durch die Eisschmelze gewinnt die Arktis an strategischer Bedeutung. Russ­land und selbst China, das kein Anrainer ist, ringen um Einfluss. Die kleinen skandinavischen Länder werden Verbündete brauchen, um ihre Interessen zu wahren. Weil Trump sich als Partner gerade selbst disqualifiziert hat, schauen sie nun erst recht nach Europa.

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