Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 24. August 2019. Von MARIO ZENHÄUSERN. „Blanke Nerven im Wahlkampf“.

Innsbruck (OTS) Die FPÖ versucht mit Attacken auf Regierung sowie Ex-Koalitionspartner ÖVP, vom Schlamassel rund um Ibiza-Video und Casino-Postenschacher abzulenken. Damit minimiert sie die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung.

Auch wenn viele das für nicht mehr möglich halten: Das Niveau im Nationalratswahlkampf sinkt beinahe täglich weiter. Tief, tiefer, am tiefsten. Mittlerweile ist auch die vom überwiegenden Teil der Bevölkerung ob ihrer sachlich-ruhigen Arbeitsweise geschätzte Expertenregierung nicht mehr sakrosankt. Am Donnerstag stellte FPÖ-Mastermind Herbert Kickl die Überparteilichkeit von Innenminister Wolfgang Peschorn in Frage – und zwar nicht in einem Nebensatz, sondern im Rahmen einer eigens zu diesem Zweck einberufenen Pressekonferenz. Dabei bezeichnete er seinen Nachfolger in der Herrengasse als „lahme Ente“ und bezichtigte ihn, Befehlsempfänger der ÖVP zu sein. Und auch Peter Pilz (Liste Jetzt) übte harsche Kritik, vor allem an Justizminister Clemens Jabloner.
Noch vor wenigen Wochen hatte der designierte FPÖ-Obmann Norbert Hofer erklärt, die Freiheitlichen würden im Parlament „ein verlässlicher Partner der Regierung“ sein. Jedem verantwortungsvollen Politiker müsse bewusst sein, dass „diese Übergangsregierung aus dem Wahlkampf herausgehalten werden soll“. Hofers Botschaft dürfte nicht überall angekommen und verstanden worden sein. Vor allem nicht bei Kickl, der Nummer zwei im blauen Lager. Offenbar liegen die Nerven ziemlich blank.
Die Angriffe gegen die Übergangsregierung sind zweifellos ein neuer Tiefpunkt in der laufenden Wahlauseinandersetzung. Dass die heftigsten Attacken ausgerechnet von der FPÖ kommen, ist bezeichnend. Die Parteispitze versucht krampfhaft, vom Schlamassel rund um Ibiza-Video und Casino-Postenschacher abzulenken.
Nach Meinung ausländischer Beobachter versinkt Österreich „im Sumpf“. Einen großen Teil der Verantwortung für dieses dramatische Bild tragen einige freiheitliche Spitzenfunktionäre und ihr ebenso ungenierter wie ungeschickter Griff nach Macht – genauso, als ob die Betroffenen gewusst hätten, dass ihnen nicht viel Zeit bleibt, um sich zu bedienen. Damit nehmen sie das ganze Land in Geiselhaft. Detail am Rande: Kickls Rundumschläge und seine immer heftigeren Attacken in Richtung ÖVP – zuletzt behauptete er, die Ibiza-Ermittler im Bundeskriminalamt seien allesamt türkis-schwarze Parteimitglieder – lassen sich mit den blauen Regierungsambitionen nur schwer oder gar nicht vereinbaren. Will sich Norbert Hofer die ohnedies nur minimale Chance auf eine Neuauflage von Türkis-Blau aufrechterhalten, wird er seinen Hardliner zähmen müssen.

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