Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 25. Juli 2018. Von KARIN LEITNER. „Mit Rechtsabbiegen aus der Spur“.

Innsbruck (OTS) Mit seinem Sager zu „Illegalen“ im Land bringt Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl die Sozialdemokraten einmal mehr in die Bredouille – und spielt der Regierung politisch in die Hände.

Dieser Tage hatten SPÖ-Funktionäre Hoffnung geschöpft – jene, dass es à la longue wieder bergauf gehen könnte mit ihrer Partei. Für Sebastian Kurz’ Regierung läuft es erstmals nicht rund. ÖVP-Gewerkschafter und ÖVP-Landeshauptleute kritisieren die Koalitionäre ob ihres Tuns. Die FPÖ macht Kurz mit ihrem EU-feindlichen Gehabe, etwa der geplanten Wahlplattform mit anderen Rechtspopulisten, Probleme – und erzürnt Anhänger mit der Beschönigung des 12-Stunden-Arbeitstags.
Als „Verräter des kleinen Mannes“ konnten die Roten die Blauen darstellen. Und darauf verweisen, dass diese mit weiterem „Durchgriff“ gegen Ausländer (Schluss mit der Führerscheinprüfung auf Türkisch) ablenken wollten von ihrer unsozialen Politik. Und dann sprach Hans Niessl. Der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann behauptet, dass „rund 250.000“ Migranten illegal in Österreich sind – und die Regierenden nichts dagegen unternähmen.
Einen besseren Dienst kann Niessl Kurz & Co. nicht erweisen. Das Lieblingsthema von Schwarz und Blau bleibt auf der Agenda. Einen schlechteren Dienst kann Niessl Bundesparteichef Christian Kern nicht erweisen. Einmal mehr bringt er ihn in die Bredouille. Wie kann die SPÖ beklagen, dass ÖVP und FPÖ populistisch seien, mit Agitation gegen Schutzsuchende politisches Kleingeld zu schlagen versuchten, wenn das einer ihrer führenden Proponenten auch immer wieder das macht?
Einmal mehr offenbart sich mit Niessls Sager auch, dass die Sozialdemokraten beim Thema Flüchtlinge und Asyl keine Linie haben. Viel mehr als die Schlagworte „Integration vor Zuwanderung“, die Doktrin von Innenminister Caspar Einem aus den 1990er-Jahren, gibt es nicht. In eine interne Arbeitsgruppe, in der auch Niessls Nachfolger Hans Peter Doskozil sitzt, ist die Angelegenheit abgeschoben worden. Der Eiertanz rührt daher, dass Rote wie Niessl nach wie vor glauben, dass SPÖ-Wähler einen rigorosen Kurs gegen Ausländer wollen. Hardline-Befürworter unter den Genossen sind freilich längst abgewandert – zur FPÖ. Strategisch gesehen hat die Ex-Kanzlerpartei mit Scharfmacherei nichts zu gewinnen. Sie verliert. Sie verprellt jene, die auf sie als Korrektiv setzen, mangels Grüner, die ein solches gewesen sind.
Eine Oppositionspartei, die erste Schwächen der Machthaber nicht nützt, um sich mit den ihr zugeschriebenen Kernkompetenzen – Bildung, Arbeit, Soziales – zu profilieren, sondern danach trachtet, die Rechten rechts zu überholen, darf sich nicht wundern, wenn es mit ihr nicht aufwärts geht.

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